Rebecca
und einem Gesicht, das im schwachen Licht eierschalenweiß aussah. Rebecca bemerkte, dass ihr automatisches »Hallo« gequetscht klang, als habe sie unwillkürlich den Atem angehalten und schnaufe nun erleichtert aus, weil der Mann weiterfuhr. Komisch, dass der Mann ihr nicht geantwortet hatte. In dieser Gegend war es üblich, dass sich die Leute grüßten, wenn sie sich begegneten, vor allem nachts auf dunklen Wegen.
Der Mann war ihr zwei, drei Fahrradlängen voraus, als sein rotes Rücklicht plötzlich erlosch, aber sie bemerkte erst, dass er angehalten hatte, als ihr Licht auf sein Rad fiel, ein altmodisches Herrenfahrrad mit gerader Stange. Der Mann stand links neben dem Rad, eine Hand auf dem Sattel, die andere auf dem Lenker.
Hatte er eine Panne? Sollte sie bremsen oder weiterfahren? Alles Mögliche schoss ihr durch den Kopf. Er hatte ihren Gruß nicht erwidert. Irgendetwas stimmte hier nicht, aber sie hatte sich ihm schon zu weit genähert, um noch umkehren zu können. Also weiterfahren. Sie trat in die Pedalen, so weit rechts in ihrer Spur, dass sie in den Sand geriet und beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Als sie genau neben ihm war, hob der Mann sein Fahrrad hoch und warf es gegen ihres.
Rebecca stieß vor Schreck einen Schrei aus und stürzte in einem Durcheinander von Rädern und Pedalen vom Deich. Sie ließ reflexartig den Lenker los, um den Sturz abzufangen, stieß aber dennoch mit dem Kopf gegen etwas Hartes im Deichabhang. Es war dunkel, alles tat ihr weh, ihr rechter Knöchel fühlte sich an, als sei er gebrochen, und ihr brummte der Schädel. Rebecca war nicht ängstlich, sie konnte einiges vertragen. Sie war an Blut gewöhnt, sie half beim Schlachten und bei der Pflege kranker Tiere, aber in diesem Moment setzte ihr Verstand aus und sie konnte nur noch schreien.
Eine Taschenlampe blitzte auf. Das Herrenfahrrad wurde von ihr weggerissen und auf den Deich geworfen. Metall schabte über ihre Oberschenkel und schlug gegen ihre Knie, als ihr eigenes Fahrrad ihr zwischen den Beinen weggezogen wurde. Wieder schrie sie. Der Mann schlug ihr brutal ins Gesicht. »Halt’s Maul!« Sie schmeckte Blut. Sie schlug mit Armen und Beinen um sich. Der Mann griff nach einem ihrer Füße, versetzte ihr einen gemeinen Tritt in die Seite und löschte die Lampe. Ihr Rock rollte sich in der Taille zu einer Wurst zusammen und Brombeeren zerkratzten ihr den Hintern, als er sie noch weiter hinunterzog.
Am Fuße des Deiches ließ der Mann sie los. Rebecca versuchte, sich wegzurollen, aber er packte sie und setzte sich rittlings auf sie, sodass sie mit den Beinen in die Luft trat und mit den Fersen nur noch Löcher in den Deich schlug.
»Lass mich los!«, schrie sie.
Sich wehren? Sich nicht wehren? Sie hatte alles Mögliche über solche Situationen gelesen, aber jetzt folgte sie einfach ihrem Instinkt und fuhr dem Mann mit allen zehn Fingern ins Gesicht. Sie erwischte eines seiner Augen und zerkratzte ihm die Wange und er stieß vor Wut und Schmerz einen Schrei aus. Er packte sie am Handgelenk und presste ihren Arm ins Gras, versetzte ihr mit der freien Hand einen Faustschlag an die Schläfe und fuhr dann fort, sie ins Gesicht zu schlagen, links, rechts, links, und sie begriff, dass niemand sie hören würde. Es war zu früh für Touristen und sie war hundert Meter von dem einzigen Bauernhof in der Gegend entfernt. Der Mann legte ihr die flache Hand auf den Mund und drückte so fest zu, dass sie ihren Hinterkopf in der nassen Deicherde einsinken fühlte. Ihre Lippen wurden gegen die Zähne gequetscht und wieder schmeckte sie Blut. Jungfrau, dachte sie.
Mit dem Handballen drückte er ihr die Nasenlöcher zu. Sie kämpfte darum, bei Bewusstsein zu bleiben. Das Blut pochte in ihrem Kopf. Sie erstickte.
Er hielt ihre Oberschenkel zwischen die Beine geklemmt wie in einem Schraubstock, als er ihren Arm losließ und ihre Jacke aufriss. Einige Knöpfe sprangen ab. Vergeblich versuchte Rebecca, den Arm zu heben. Der Schmerz ebbte ab, sie sah Funken und eine rote Glut. Sie wollte nicht sterben. Sie jammerte unter seiner Hand und kämpfte, um den Kopf ein wenig drehen zu können. Ein Nasenloch bekam sie frei und rau atmete sie den frischen Sauerstoff ein. Ihre Lunge brannte. Sie roch den Schlamm an seiner Hand.
Er nahm die Hand von ihrem Mund, doch sie hatte keine Kraft mehr zum Schreien. Er zerrte ihre Jacke vorn auseinander, packte ihre Bluse und riss sie in Fetzen. Rebecca fühlte, wie ihr BH-Verschluss entzweiging.
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