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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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mindestens drei von zehn Frauen so etwas früher oder später mitmachten und dass sie versuchen solle, das Ganze so schnell wie möglich zu vergessen. Sie habe Glück gehabt, sie sei ein gesundes junges Mädchen, morgen müsse sie einfach weitermachen wie bisher.
    Sie lag im Bett und fragte sich, wie das gehen sollte, einfach weitermachen, und ob sie schlafen könnte, ohne von Albträumen heimgesucht zu werden. Sie war von Natur aus robust, aber sie brauchte nur die Augen zu schließen und schon lag sie wieder auf dem dunklen Deich und fühlte diese Hände auf ihrem Körper. Ob sie es je wieder wagen würde, dort entlangzufahren?
    Das Begrapschtwerden war das Schlimmste gewesen, schlimmer als die Tritte und Schläge, die eher einer rüden Prügelei geglichen hatten. Sie hatte einmal beobachtet, wie der geschniegelte Gerrit Blauw aus der Abschlussklasse draußen vor der Disco von einer Horde Bauarbeiter verprügelt wurde, bis er mit blutendem Gesicht liegen blieb. Seine Freunde hatten es nicht gewagt einzugreifen, und sie hatte nur geschrieen und war losgerannt, um Hilfe zu holen, die natürlich zu spät kam. Am nächsten Tag war Gerrit angeberisch über den Schulhof stolziert, mit Pflastern und einem breiten Grinsen im Gesicht.
    Sich zu prügeln war nicht schlimm, eine blutige Lippe war nicht schlimm. Nur dieses Begrapschtwerden, das war einfach ekelhaft gewesen. Sie hatte sich wie ein Gegenstand gefühlt, ihr Körper war nicht länger ihr warm pulsierendes, intimes Eigentum gewesen. Eine graue Textpassage war vorüber, aber auf die neue Szene hatte sie wiederum keinen Einfluss gehabt. Sie hatte sich lediglich von der Zuschauerin in ein Opfer verwandelt. Sie hätte sich wehren müssen.
    Rebecca dachte an Dennis’ Hand auf ihrer Stirn.
    Suzan hatte versprochen, Atie anzurufen und ihr Bescheid zu sagen, dass sie morgen früh nicht kommen würde. Natürlich würde Suzan sagen, Atie brauche sich keine Sorgen zu machen, aber Rebecca wusste so sicher wie das Amen in der Kirche, dass Atie morgen gleich nach der Schule hier vorbeikommen würde. Sie würde alles wissen wollen und sich sofort daranmachen, die blauen Flecken mit Make-up zu überdecken.
    Die Schmerzen ließen allmählich nach, sie wurde müde und ihre Gedanken verschwammen zu einem einzigen Durcheinander. Sie hatte an ihre Mutter gedacht. Das kam nicht mehr häufig vor, tote Mütter verschwanden in der Vergangenheit und neue traten an ihre Stelle, das Leben ging weiter. Eigentlich war das merkwürdig und manchmal hatte sie Gewissensbisse deswegen. Rebecca konnte sich jede Minute der Beerdigung ins Gedächtnis zurückrufen, aber die Erinnerung an das Gesicht ihrer Mutter verblasste in letzter Zeit immer mehr und manchmal musste sie das Foto an der Wand hinter ihrem Schreibtisch anschauen, weil sie anfing, sie mit Suzan zu verwechseln. Meist blieb das Foto hinter Bücherstapeln und aufgehängten Stundenplänen verborgen, und wenn sie an ihre Mutter dachte, war sie sich nicht sicher, ob sie sich an die lebende Emma erinnerte oder nur noch das Foto vor sich sah. Emma hatte dunkle Haare gehabt, genau wie sie, und auch dieselben braunen Augen, und sie hatte Suzan überhaupt nicht ähnlich gesehen. Rebecca glich ihrer Mutter, Robbi hatte die blauen Augen, das schmale Gesicht und die blonden Haare seines Vaters geerbt.
    In ihrem Traum ging die Tür auf, jemand kam an ihr Bett und beugte sich über sie. Sie fühlte Dennis’ Hand auf ihrer Stirn. »Tut’s weh?«
    »Jetzt nicht mehr«, flüsterte Rebecca.
    »Schlaf jetzt«, sagte Robbi.
     

    4
    Sie erwachte, als sich Suzan auf ihr Bett setzte. Es war schon heller Tag, die Sonne fiel durch das niedrige Fenster. »Wie geht’s dir?«, fragte Suzan.
    »Die Zähne tun mir weh und mein Bein pocht. Und ich fühle mich benommen.«
    »Das kommt von den Tabletten. Möchtest du gleich Tee und Toast ans Bett, wie im Hotel?«
    »Sind die anderen schon weg?«
    »Natürlich, es ist ja schon halb elf. Du hast übrigens Besuch.«
    Rebecca kniff die Augen zusammen. »Atie?«
    »Die kommt erst heute Nachmittag. Nein, die Polizei ist da.«
    Rebecca erschrak. »Die Polizei? Aber ich wollte doch nicht, dass …«
    »Ich habe ihnen schon gesagt, dass du ihnen nicht helfen kannst und dass du noch im Bett liegst, aber es ist eine nette Polizistin dabei, und wenn du bereit bist, dich einen Augenblick mit ihr zu unterhalten, bist du sie schnell wieder los.«
    Rebecca rührte sich nicht. Es war geschehen, sie hatte es hinter sich, die Scherben

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