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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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passiert?«
    »Gegen zehn Uhr gestern Abend.«
    »Kommst du immer erst so spät nach Hause?«
    »Wir hatten Volleyballtraining. Um halb zehn sind wir mit dem Zug aus Gorkum angekommen.«
    »Wer war noch bei dir?«
    »Mein Freundin Atie. Sie wohnt bei Fort Asperen, wir fahren vom Bahnhof aus immer zuerst zu ihr und dann fahre ich allein weiter.«
    »Fährst du immer über den Langendeich?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    Rebecca reagierte gereizt. »Warum nicht? Das ist eben mein üblicher Weg.« Sie legte die Finger auf die Lippen, die vom Sprechen wehtaten.
    Die Polizistin runzelte über ihrer Brille die Stirn. »Findet euer Volleyballtraining jeden Montag um dieselbe Zeit statt?«
    »Ja, wieso?«
    »Und ihr kommt immer um dieselbe Zeit an, mit demselben Zug?«
    »Ja.«
    »Wenn dieser Mann das wusste, handelt es sich vielleicht um jemanden, den ihr kennt oder der dich kennt, dich und deine Gewohnheiten.«
    Schlechte Gewohnheiten, so klang es. »Ich wüsste nicht, wer das sein sollte.«
    »Es könnte doch sein, dass der Mann nicht zufällig um diese Zeit dort entlanggefahren ist. Er könnte dir vom Bahnhof aus gefolgt sein oder dir irgendwo aufgelauert haben.«
    »Ich war schon am Veldhuis-Bauernhof vorbei, als er hinter mir herkam. Er fuhr an mir vorbei, hielt dann plötzlich an und warf sein Fahrrad auf mich.«
    »Wie hat er ausgesehen?«
    Rebecca schüttelte den Kopf. »Weiß ich nicht. Es war stockdunkel.«
    »Hast du kein Licht an deinem Fahrrad?«
    Als wolle die Frau ihr einen Strafzettel schreiben. »Doch. Ich habe Licht an meinem Rad.«
    Die Polizistin beugte sich näher zu ihr. »Du willst das alles vergessen und das ist ganz normal«, sagte sie. »Aber wenn man sich bemüht und sich konzentriert, erinnert man sich meist an mehr, als man glaubt.«
    »Ich gebe mir Mühe«, murmelte Rebecca.
    »War er alt oder jung?«
    »Nicht alt.«
    »Zwanzig, dreißig?«
    »Ja, so in etwa.« Rebecca schaute die Holzwand an.
    »Groß?«
    »Mittel. Wie gesagt, es war dunkel.«
    »Aber du hattest Licht an deinem Fahrrad, als du an ihm vorbeigefahren bist. Trug er einen Hut? Hatte er dunkles oder blondes Haar?«
    »Nein, er trug keinen Hut«, sagte Rebecca. Kein Mensch trug noch einen Hut, außer ein paar alten Bauern. »Ich glaube, er hatte dunkles Haar.«
    »War er Ausländer?«
    Rebecca schüttelte den Kopf und wandte den Blick nicht von der Maserung im Holz ab. »Er hatte ein sehr blasses Gesicht«, sagte sie.
    »Siehst du, an was du dich noch alles erinnerst?«
    Rebecca erinnerte sich nur an die Hände. Sie wandte sich wieder der Polizistin zu. »Er war stark«, sagte sie. »Mehr weiß ich nicht.«
    Die Polizistin nickte und stand auf. »Jede kleine Einzelheit hilft uns weiter«, sagte sie. »Jetzt haben wir immerhin schon ein paar Anhaltspunkte. Danke dir.«
    »Er hatte ein altmodisches Herrenfahrrad mit einer geraden Stange«, sagte Rebecca.
    Die Polizistin notierte es sich. »Prima.« Sie lächelte. »Es war nicht zufällig knallrot?«
    Rebecca erwiderte ansatzweise ihr Lächeln. »Nein, es hatte eine dunkle Farbe. Schwarz vermutlich.«
     
    Sie war nervös und aufgeregt wie ein kleines Mädchen und suchte ihren schönsten altrosa Pulli heraus, den mit der flauschigen dicken Borte um Halsausschnitt und Ärmel. Sogar Atie hatte sie nervös gemacht. Sie hatte jedes Detail wissen wollen, vor allem über ihren Retter. Rebecca hatte sie nach einer halben Stunde mit Müh und Not mit der Ausrede hinausbugsiert, sie müsse noch einen Kuchen backen. Gott sei Dank war es noch lange hin, bis Dennis kam. Sie wusste nicht genau warum, aber sie wollte nicht, dass ihre Freundin bei dem Treffen dabei war.
    An den blauen Flecken in ihrem Gesicht und den geschwollenen Lippen konnte sie wenig ändern, aber ihr Hals war unversehrt und ihre aufgeschürften Beine blieben unter ihrem langen, schwarzen Rock mit den rosa Blümchen und den silbergrünen Blättern verborgen, den sie sonst nur zu besonderen Anlässen trug und in dem sie weiblicher und erwachsener aussah, als sie sich fühlte. Sie war aufgeregt wie vor einer wichtigen Prüfung.
    Roelof hatte gegrinst, als sie herunterkam. »Soll ich lieber meinen guten Anzug anziehen?« Aber auch er trug ein frisches Hemd und seine Haare waren noch nass vom Duschen.
    Suzan hatte das gefüllte Perlhuhn in den Ofen geschoben und stellte gerade die Garzeit und die Temperatur ein, als sie Dennis um Punkt sechs Uhr an den Fenstern vorbeifahren sahen. Roelof ging zur Tür, noch bevor sie den Klopfer hörten.

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