Rebecca
Rebecca blieb mitten im Zimmer stehen, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie hörte Roelofs Stimme im Flur und die von Robbi aus dem Anbau. Suzan stand an Rebeccas Seite, als Roelof Dennis hereinbrachte.
Rebecca versuchte, ihn nicht anzustarren. Er trug eine Leinenhose und ein rotes Nadelstreifenhemd und er hatte sich gründlich rasiert. In einem Ohr glitzerte ein kleiner Diamant. Rebecca fragte sich, ob er im Wohnmobil eine Dusche hatte oder ob er sich im Fluss waschen musste. Er hatte einen Strauß rote Nelken mitgebracht und sie dachte, sie wären für sie bestimmt, aber er begrüßte zuerst Suzan und überreichte ihr den Strauß.
Suzan hasste Nelken und fand, dass sie stanken, reagierte aber, als seien es Orchideen. »Oh, wunderbar, vielen Dank.« Rebecca fand ebenfalls, dass Nelken stanken, aber über diese hätte sie sich auch gefreut. »Ich weiß nicht mal, wie du heißt«, sagte Suzan.
»Dennis Galman, Mevrouw«, sagte Dennis höflich.
»Sag ruhig Suzan zu mir.«
Dennis lächelte Rebecca an. »Ich freue mich, dass du mit heiler Haut davongekommen bist.«
Sie errötete, weil er heimlich ihre Hand drückte und sie einen Anflug von Spott in seinen Augen sah, was sie für einen kurzen Moment befürchten ließ, er spiele auf ihr Jungfernhäutchen an.
»Konntest du schlafen? Wenn nicht, leg dir das hier auf die Nase und atme da durch.« Er zauberte ein kleines Leinenkissen hervor. »Das ist Lavendel.«
Rebecca drückte das Kissen an die Nase, um ihr Erröten zu verbergen. Der Lavendel roch erdig und würzig, es konnte einem schwindelig davon werden.
»Stimmt das?«, fragte Suzan. »Hilft das wirklich beim Einschlafen?«
»Lavandula officinalis«, sagte Rob, der die Namen aller Pflanzen und Bäume kannte. »Schon die Römer gaben ihn ins Badewasser. Er wirkt beruhigend.«
Rebecca hatte noch keinen Ton gesagt, weil ihr nichts Interessanteres einfiel als »Wie geht’s dir?« oder »Vielen Dank«.
Wieder sah Dennis sie ein wenig spöttisch an und sagte, als stünden ihr ihre Gedanken auf der Stirn geschrieben: »Dein Vater und ich haben abgemacht, dass wir die Bedankerei weglassen und das Ganze so schnell wie möglich vergessen.« Er klang selbstsicher, absolut unerschütterlich. Er wandte sich an Roelof. »Stimmt’s?«
»Stimmt«, sagte Roelof. »Wenn man uns lässt, jedenfalls.«
Einen Augenblick lang sagte niemand etwas. Dann fragte Rob: »Haben Sie die Polizei angerufen?«
»Du brauchst mich nicht zu siezen«, sagte Dennis. »Lass uns Dennis und Rob sagen. Oder lieber Robbi?«
Rob wandte sich mit einem verärgerten Stirnrunzeln an Rebecca. »Du hast doch versprochen, damit aufzuhören!«
»Becky hat ihren Bruder von klein auf Robbi genannt«, erklärte Roelof beschwichtigend. »Und so was bleibt dann eben hängen.«
Rebecca machte zum ersten Mal den Mund auf. »Entschuldigung.«
Rob nickte und wiederholte hartnäckig seine Frage. »Hast du bei der Polizei angerufen?«
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte Dennis mit einem gekränkten Blick auf Roelof. »Das hatten wir doch so abgesprochen?«
»Aber wer war es dann? Der Arzt?«
»Auf keinen Fall«, sagte Roelof. »Ich habe ihn eindringlich gebeten, es nicht zu tun.«
Rob ließ nicht locker. »Aber irgendjemand muss es doch gewesen sein.«
»Ich ganz bestimmt nicht«, sagte Dennis. »Ich habe nichts als Ärger davon.«
Rebecca erschrak. »Ärger?«, stotterte sie. »Wieso?«
Dennis winkte ab. »Schon gut, halb so wild.«
Wieder errötete Rebecca. Sie standen immer noch verlegen im Wohnzimmer herum, Suzan mit den Nelken in der Hand und Rebecca mit dem Lavendel an der Brust. Bevor die Stille ein Eigenleben führen konnte, räusperte sich Suzan und sagte fröhlich: »Die Blumen haben bestimmt Durst, ihr nicht auch? Oder möchtest du dich erst mal ein bisschen umsehen, Dennis?«
Jetzt kam Bewegung in die Gruppe. Roelof und Rob führten Dennis zur Tür des Wirtschaftsraumes. Suzan folgte ihnen bis in die Küche, wo sie die Nelken in einer Glasvase arrangierte und auf die Trennmauer neben das Telefon stellte. Nur Rebecca blieb stehen, wo sie war.
»Du kannst schon mal den Tisch decken«, sagte Suzan, zog den Rost ein Stück aus dem Ofen heraus und begoss das Perlhuhn. »Nimm die blaue Tischdecke und die neuen Servietten.«
Rebecca hörte Lukas bellen und schaute verwundert auf. Als das Bellen aufhörte, ging sie zum Schrank neben der Treppe, um die Tischdecke herauszuholen. Sie aßen immer in der Küche an dem großen Tisch. An der Wand
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