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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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für eine Weile allein lassen.
    Vielleicht wäre ich besser mit dem Zug gefahren, obwohl das auch eine unbequeme Art zu reisen ist, aber wenigstens hätte ich dann die Zeit mit dem Buch von Sebastian Faulks totschlagen können, das ich in der Tasche hatte, und ohne tödliche Folgen die nordische Landschaft betrachten, die zwar nicht spektakulär, aber beruhigend ist. Von meinem betagten BMW aus sah ich kaum mehr als aufgerissene Straßen, behelmte Bauarbeiter und gelbe Mastodonten, Lkws und Mercedes, die über verengte Fahrstreifen krochen. Die Straßenschilder bestätigten, dass ich Bremen umfahren und ab dem Bremer Kreuz die Autobahn in Richtung Hamburg nehmen konnte. Von der Abfahrt Nummer fünfzig aus waren es dann nur noch vierzehn Kilometer bis nach Rotenburg, einem freundlichen Städtchen an der Weidau.
    All das stand in der E-Mail von Meulendijk, die CyberNel für mich ausgedruckt und auf den Beifahrersitz gelegt hatte. Durch das Zentrum und dann wieder aus der Stadt hinaus in Richtung Visselhövede. Am Rande des Städtchens fand ich das Hotel Hausmann, in dem die Firma Kramer ein Zimmer für mich reserviert hatte. Ich befolgte die weiteren Anweisungen. Zwei Kilometer stadtauswärts lag zur Linken ein Landgut, das von Bäumen und Mauern umgeben war. Am Ende der Mauer führte ein schmaler Weg zum Fluss. Dort rechts ab, dann das erste Haus links.
    Es war auch das einzige Haus, so weit ich sehen konnte, als ich auf dem Deich anhielt. Weiden, Waldstücke, der Fluss, und auf der anderen Seite die Lüneburger Heide, an die sich so mancher Infanterist von den kurzweiligen Übungen her erinnert. Was dröhnt da auf der Heide. Keine Ahnung, ob die Artillerie das noch sang, aber ich sah weder von Panzern aufgewirbelte Staubwolken noch hörte ich Geschützdonner. Das Einzige, was sich bewegte, waren ein paar Segelboote auf der Weidau.
    Der Zugangsweg aus verdichteter Erde, Kies und Backsteinschotter führte den Deich hinunter und nach fünfzig Metern wieder aufwärts zu einer Tarp, die ebenso hoch war wie der Deich. Das Haus, mit dunkelroten Ziegeln gedeckt, die die flachen Sonnenstrahlen reflektierten, stand genau in der Mitte. Dazu gehörten eine Garage, eine schwarz geteerte Scheune und ein gepflegter Ziergarten. Wenn der Fluss über die Ufer trat, wurde die Tarp zur Insel, wie der Mont Saint Michel.
    Eine verlebte Frau um die fünfzig in Holzlatschen öffnete mir die Tür. Die muskulösen Arme, die aus dem schwarzen, ärmellosen Kleid hervorragten, waren genauso käsig wie ihre Beine. Ihr Blick war ungeduldig und nicht gerade freundlich. Mit herablassendem Gesichtsausdruck wartete sie zunächst, bis ich ihr in meinem besten Deutsch erklärt hatte, dass ihr Mann mich erwartete, um mir anschließend zu verkünden, sie stamme aus Drenthe und auch ihr Mann spreche sehr gut Niederländisch. »Kommen Sie mit.«
    In der Diele sah ich einen Fliesenboden, Backsteinwände, eine schwarze Treppe und dunkle Holztüren, von denen eine zu einem Flur hin offen stand. Auch dort dunkelrote Backsteinwände, an denen alte botanische Drucke hingen. Es war ein düsteres Haus und roch nach Krankheit. Die Frau führte mich in einen großen Raum mit schweren Möbeln, Samtgardinen und Gemälden in vergoldeten Rahmen. Hier roch es nach Bohnerwachs.
    Sie deutete schweigend auf einen zum Fluss hin gelegenen Wintergarten und ließ mich allein. Ich ging auf das Geräusch deutscher Stimmen zu und betrat eine halbdunkle Glaswelt mit vielen hohen Ficus-Bäumen und wenig Aussicht auf den Fluss. Ein Mann um die sechzig saß auf einer Rattanchaiselongue, ein kariertes Plaid über den Beinen. Er reichte nach der Fernbedienung auf dem Glastischchen neben ihm und brachte die deutschen Stimmen zum Schweigen.
    »Ich hatte Meneer Marsman erwartet, und zwar schon früher.«
    »Unterwegs war viel Verkehr. Bitte bleiben Sie sitzen.« Ich gab ihm die Hand. »Max Winter. Ich habe die Ermittlungen vorübergehend übernommen. Lex Marsman musste dringend nach Australien, weil sein Vater gestorben ist.«
    »Oh. Das tut mir leid. Frederik de Bruin. Möchten Sie etwas essen oder trinken?«
    »Nein, vielen Dank. Ich habe unterwegs bei einem Rasthof angehalten.«
    Ich zog einen Rattanstuhl neben ihn und legte die Tasche, die Lex Marsmans Berichte enthielt, auf meinen Schoß. De Bruin musterte mich mit ausdruckslosen braunen Augen. »Können Sie sich ausweisen?«, fragte er.
    Ich reichte ihm meinen Meulendijk-Ausweis und er drehte ihn sekundenlang in den Fingern hin und

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