Rebecca
vergessen sie einfach ihr Lamm. Es gibt gute Mütter und schlechte.«
Sie sah, wie sich sein Rücken straffte. »Wem sagst du das.« Er richtete sich auf und lächelte. »Du wirst eine gute Mutter werden.«
»Sie müssen es lernen, das ist alles«, erwiderte Rebecca verlegen. Sie stellte einen Eimer unter den Hahn und ließ ihn voll laufen. »Es kann sein, dass das Lamm durch den Regen seinen Geruch verloren hat. Deshalb habe ich es mit der Nachgeburt eingerieben. Wir stellen die Mütter mit ihren Lämmern auch immer erst in eine getrennte kleine Box, da können sie sich erst gar nicht verlieren.«
Dennis nahm ihr mit einer übertrieben galanten Geste den Eimer aus der Hand und sie schippte ein Schälchen Schaftrockenfutter aus einem Sack, bevor sie zu der Box zurückkehrten. Rebecca dachte an Atie, die jetzt schon längst weg war, genau wie der Zug.
Bizet schnüffelte an dem Lamm und fing zögernd an, es abzulecken. Das Lamm zitterte und versuchte, das Köpfchen zu heben. Rebecca bat Dennis, etwas Heu zu holen. Er schüttelte es in die Raufe, stellte sich neben sie und sah mit ihr den Schafen zu, die Arme auf die Mauer gelegt.
»Lämmer sind relativ robust, aber sie müssen innerhalb von vierundzwanzig Stunden die Biestmilch trinken«, erklärte Rebecca. »Weißt du, was das ist?«
»Vielleicht musst du ihm ja beim Trinken helfen. Das habe ich schon bei Kälbern gesehen.«
»Nur wenn es gar nicht anders geht. Je weniger das Lamm von Menschenhänden berührt wird, desto besser, bei Schafen ist das so. Ich sage Suzan Bescheid, die schaut gleich noch mal nach dem Kleinen.«
»Musst du denn nicht zur Schule?«
»Ich habe meinen Zug schon verpasst.« Es ärgerte sie, dass sie noch Schülerin war und er sie daran erinnerte. »Warum hast du eigentlich hier im Stall gesessen?«
»Weil mein Dach undicht ist.«
Vielleicht war er über die Einfahrt gegangen, um nicht durch das nasse Gras zu müssen, und hatte deshalb das Lamm nicht gesehen. Er konnte nichts dafür. »Tropft es auf dein Bett?«, fragte sie und errötete.
»Nein, auf den Gaskocher. In den Topf. Ping, ping. Ich bin davon wach geworden.«
Wieder sprach er mit diesem spöttischen Tonfall und sie fragte brüsk: »Hattest du heute Nacht eigentlich Besuch?«
»Besuch, wieso?«
»Ich habe Lukas bellen hören.«
»Nicht meinetwegen.«
Rebecca fragte sich, warum er log. Es enttäuschte sie auf merkwürdige Weise und sie starrte verwirrt Bizet an. »Ich bin rausgegangen und habe nachgesehen«, sagte sie. »Der Hund bellt nämlich sonst nie. Ich habe ein Auto gesehen und dich mit noch jemandem.«
Es entstand eine unangenehme Stille und dann fing er an zu lachen. »Ach so.« Das hatte er ja völlig vergessen! »Das war nur Klaas. Er wollte wissen, wie es mir geht.«
Sie war erleichtert. Er hatte sie offenbar nicht richtig verstanden. »Ein Freund von dir?«
»Ein Bekannter. Ich habe ihn in Leerdam kennen gelernt. Von ihm kam der Tipp mit der Glasfabrik, woraus ja letztendlich nichts wurde.«
Sie hatte wohl so einiges falsch verstanden. »Woher wusste er, dass du umgezogen bist?«
»Von Veldhuis, glaube ich.«
»Arbeitet er in der Glasfabrik?«
Wieder grinste Dennis. »Dachtest du vielleicht, wir würden Drogen schmuggeln?«
Sie fand es nicht nett, dass er ihren Fragen auswich und sie neckte. »Es war ja schon ziemlich spät«, bemerkte sie.
Er legte ihr die Hand auf die Schulter und drückte sie. »Ja, Mama«, sagte er. »Komm mal her.« Er zog sie an sich. »Vielleicht brauchte ich einen Schutzengel und musste dich deshalb retten.«
Rebecca entspannte sich und lehnte sich ein paar kostbare Sekunden lang an seinen warmen Körper. Dann hörte sie die Stalltür und löste sich rasch von ihm. Suzan kam erstaunt auf sie zu. »Becky? Musst du denn nicht in die Schule?«
»Auf der Weide hat ein Lamm im Regen gelegen«, stotterte Rebecca. »Es ist von Bizet. Dennis hat mir geholfen.«
Rebecca lehnte sich über die Stallmauer, griff in die Raufe und schüttelte das Heu aus, das nicht ausgeschüttelt zu werden brauchte.
»Besonders viel Hilfe hatte sie nicht nötig«, sagte Dennis. »Guten Morgen, Suzan.« Seine Stimme klang entspannt, als sei nichts geschehen.
»Tag, Dennis.« Suzan schaute nach Bizet, die ihr Lamm jetzt eifrig ableckte. Es versuchte aufzustehen.
Rebecca richtete sich auf und wischte über ihr schmutziges T-Shirt. »Ich glaube, das Kleine schafft es, aber würdest du trotzdem in einer Stunde nochmal nach ihm sehen?«
Sie wich Suzans
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