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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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gelb und schwarz durch meinen Kopf.
    Es war Nacht, niemand würde mich hören. Blut lief mir aus dem Mund. Ich versuchte mich aufzurichten und kriegte einen Tritt unter die Achsel. Es fühlte sich an, als hätte der Stiefel Metallkappen. Ich fing an zu schreien und brachte ein paar heisere Krächzer hervor, bis mich der Stiefel mit voller Wucht in die Rippen traf. Wie ein Mehlsack rutschte ich über die Klinker. Mein Gesicht war blutüberströmt, ich fühlte gebrochene Rippen und gequetschte Nieren. Ich schlang die Arme um den Kopf in dem Versuch, mich zu schützen, und blieb liegen. Vielleicht würde alles hier enden, im Dunkeln auf den Steinen. Ich hätte sie beschützen müssen und hatte sie losgelassen, alle beide. Jetzt war ich an der Reihe, das war die Strafe.
    Der Mann ging um mich herum wie ein Lagerarzt, der ein Experiment durchführt. Er trat mir gegen die Schulter, dann wieder in die Rippen. Er sagte kein Wort, die ganze Zeit über nicht. Es war, als denke er nach, als müsse er eine Entscheidung treffen. Ich hörte seinen Atem, seine Stiefel auf den Steinen, und ich sah seine dunkle Gestalt durch einen Schleier von Blut. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, er trug eine Maske oder eine Sturmhaube und Handschuhe. Schließlich holte er irgendetwas aus der Tasche. Er hockte sich neben mich, packte mich an den Haaren und drehte mein Gesicht zu sich. Er ließ meine Haare los, um einen Korken oder einen Schraubverschluss von einem kleinen Fläschchen zu winden. Ich fragte mich, was darin sein konnte, und geriet in Panik. Dann bellte ein Hund.
    Der Mann erstarrte.
    Ich versuchte zu schreien, kriegte aber keinen Ton heraus. Ich drehte mich mit Schwung um die eigene Achse und traf ihn mit den Knien gegen die Waden. Es war keine besonders beeindruckende Aktion, aber er saß in der Hocke und der Angriff kam überraschend. Er verlor das Gleichgewicht und das Fläschchen fiel zu Boden. Das Bellen wurde lauter und ich hörte die Stimme eines Mannes, irgendwo in Höhe von Nels Heuschober, oben auf dem Deich. Der Mann kam näher.
    Mein Angreifer rappelte sich mit einem unterdrückten Fluch auf und versetzte mir einen letzten, frustrierten Tritt gegen die Kniescheibe, bevor er sich davonmachte. Ein stechender Schmerz durchzuckte mich.
     
    Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war. Ich musste bewusstlos gewesen sein. Niemand war gekommen, um nachzusehen, was los war. Ich hatte jemanden rufen hören, nach dem Hund oder nach dem flüchtenden Kerl. Die Schmerzen tobten wie ein Herbststurm durch meinen Körper. Blätter glänzten in den Pappeln wie Glühwürmchen im Lichtschein, der aus dem Haus fiel. Es war so still wie der Tod.
    Atmen.
    Alles klebte von geronnenem Blut. Ich drehte mich auf den Bauch und stützte mich auf den Ellenbogen ab. Ich schaffte es hochzukommen und kroch über die Klinker. Mein linkes Knie brannte wie Feuer, sodass ich mich nur auf den Händen und auf dem rechten Knie fortbewegen konnte. Alles drehte sich um mich, als ich die Terrasse erreichte, und ich blieb zwei Minuten lang mit dem Kopf auf der untersten Treppenstufe liegen, bis der Schwindel nachließ. Dann schleppte ich mich die Stufen hinauf.
    Meine Finger berührten etwas, was vor der Tür lag. Ich nahm es, rollte mich zur Seite und betrachtete es im Licht. Es war eine Streichholzschachtel, eine große zum Anzünden von Gasherden. Sie enthielt ein einziges Streichholz.
    Ich stemmte mich auf einem Ellenbogen hoch und stützte mich auf dem linken Arm ab, bis ich den Türknauf erreichte. Ich kroch über die Schwelle und an der Glasscheibe entlang bis zu meinem Schreibtisch. Ich erwischte die Telefonschnur; der Apparat krachte neben mir auf den Steinboden. Ich wählte die Notrufnummer und flüsterte, dass ich Hilfe bräuchte, einen Krankenwagen.
     

    14
    CyberNel beugte sich über mich und ich versuchte zu lächeln. Sie legte eine kühle Hand auf meine Stirn. Sie trug einen weißen Mantel. Sie zog mein linkes Augenlid hoch und leuchtete mit einem Lämpchen hinein. Als ich wieder sehen konnte, war ihr Gesicht runder und obendrein war sie sehr blond. Die Frau hatte nur die Sommersprossen mit ihr gemeinsam. Ich lag in einem Bett und trug ein kräftig gestärktes Krankenhaushemd. Eine Flüssigkeit tropfte durch einen Schlauch in meinen Arm. Irgendwie tat mir alles weh.
    »Ich bin Frau Doktor Smeding«, stellte die Frau sich vor. »Wie geht es Ihnen?«
    »Sehr gut«, behauptete ich.
    Das Zimmer war ausgestattet mit einem Fernseher und

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