Rebecca
Kajüte eingeschlossen war und Mrs. de Winter Wochen später viele Meilen von dem Unglücksort aufgefunden wurde?»
Captain Searle schüttelte den Kopf. «Ich weiß darüber auch nicht mehr als Sie», sagte er.
«Fest steht nur, daß dort unten ein Leichnam gefunden wurde und daß ich dies melden muß.
Ich fürchte, wir werden es nicht aus den Zeitungen heraushalten können, Mrs. de Winter. Es tut mir leid für Sie beide. Sie haben eben erst geheiratet und wollen hier in Ruhe leben, und dann muß so etwas geschehen.»
Jetzt wußte ich auf einmal, was meine Vorahnung zu bedeuten hatte. Nicht das gestrandete Schiff war mir unheil-voll erschienen, noch die kreischenden Möwen und auch nicht der schwarze Schornstein, der wie ein drohender Finger gen Land wies. Das stille schwarze Wasser, das tausend Geheimnisse in seinen Tiefen bergen mochte, hatte dieses Gefühl in mir geweckt, und der Taucher, der hinabstieg und auf Rebeccas Boot stieß. Er hatte das Boot angefaßt und in die Kajüte gesehen, während ich noch unwissend auf den Felsen saß.
«Wenn wir ihm doch nur nichts sagen müßten», sagte ich. «Wenn wir es doch verschweigen könnten.»
«Sie wissen, ich würde es tun, wenn es mir möglich wäre, Mrs. de Winter», sagte Captain Searle. «Aber in einer solchen Angelegenheit müssen persönliche Rücksichten zurücktreten.
Ich muß meine Pflicht tun und die Entdeckung melden.» Er brach plötzlich ab, denn Maxim war ins Zimmer getreten.
«Hallo», sagte er, «was geht denn hier vor? Ich wußte gar nicht, daß Sie hier sind, Captain.
Ist irgend etwas los?»
Ich hielt es nicht länger aus und verließ das Zimmer, feige, wie ich nun einmal war. Ich hatte nicht einmal gewagt, Maxim anzusehen. Ich hatte nur den undeutlichen Eindruck bekommen, daß er müde und erhitzt aussah.
Ich ging in die Halle und stellte mich in die Haustür.
Jasper trank geräuschvoll aus seinem Napf. Er wedelte mit dem Schwanz, als er mich sah, ohne im Trinken innezu-halten. Dann kam er in großen Sätzen auf mich zugesprungen und richtete sich an mir auf; ich küßte ihn auf den Kopf, und dann ging ich hinaus und setzte mich auf die Terrasse. Der Augenblick, der über meine Zukunft entscheiden mußte, war gekommen. Ich konnte ihm nicht länger ausweichen. Meine alten Ängste, meine Scheu, mein unverbesserlicher Minderwertigkeitskomplex mußten jetzt unterdrückt und besiegt werden.
Versagte ich jetzt, dann versagte ich für alle Zeiten. Es war meine letzte Gelegenheit. Ich betete verzweifelt um Mut, und meine Nägel gruben sich in meine Handflächen. Ich saß wohl fünf Minuten dort und starrte auf den grünen Rasen und die Blumenkübel auf der Steintreppe.
Ich hörte, wie ein Auto auf der Anfahrt gestartet wurde und abfuhr. Das mußte Captain Searle sein. Er hatte Maxim pflichtgemäß seine Mitteilung gemacht und sich dann verabschiedet.
Ich erhob mich und ging langsam durch die Halle in die Bibliothek zurück. Meine Hände spielten mit den Muscheln in meinen Taschen.
Maxim stand am Fenster, den Rücken dem Zimmer zu-gekehrt. Ich wartete an der Tür. Er rührte sich nicht. Ich nahm meine Hände aus den Taschen und trat neben ihn.
Ich ergriff seine Hand und legte sie an meine Wange. Er sagte noch immer kein Wort.
«Es tut mir so leid», flüsterte ich. «Von ganzem Herzen leid.» Er schwieg. Seine Hand war eiskalt. Ich küßte sie, jeden Finger einzeln. «Ich will nicht, daß du dies Schwere allein trägst», fuhr ich fort. «Ich will es dir tragen helfen. Ich bin in diesen letzten vierundzwanzig Stunden ein anderer Mensch geworden. Du wirst mich nie wieder wie ein Kind behandeln müssen.»
Er legte seinen Arm um mich und zog mich dicht an sich. Meine Scheu und meine Unsicherheit waren verflogen. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Schulter. «Du hast mir vergeben, nicht wahr?» fragte ich.
Endlich sprach er. «Dir vergeben? Was hätte ich dir zu verzeihen?»
«Wegen gestern abend», sagte ich. «Du dachtest, ich hätte es absichtlich getan.»
«Ach das», antwortete er. «Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. War ich sehr unfreundlich zu dir?»
«Ja», sagte ich. Er schwieg wieder, aber er hielt mich noch fest an sich gepreßt. «Maxim», sagte ich, «können wir nicht wieder von vorn beginnen? Einen neuen Anfang machen und Hand in Hand allen Schwierigkeiten begegnen? Ich erwarte nicht, daß du mich liebst. Ich verlange nichts Unmögliches von dir. Ich will dein Freund und dein Kamerad sein. Ich will nur das sein.»
Er
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