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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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Manderley und Manderley zu mir gehörte. Die Bäume und das Gras, die Blumenkübel auf der Terrasse spiegelten sich in den hohen Fenstern wider. Aus einem der Schornsteine stieg eine dünne Rauchfahne auf. Das frisch gemähte Gras duftete süß. Eine Amsel sang in dem
    Kastanienbaum. Ein Zitronenfalter flatterte wie trunken vor mir her.
    Ich ging in die Halle und von da ins Eßzimmer. Für mich war noch gedeckt, aber Maxims Platz war schon abgeräumt. Der kalte Braten und die Salatschüssel standen auf dem Büfett.
    Ich zögerte einen Augenblick, bevor ich läutete. Robert kam aus der Anrichte.
    «War Mr. de Winter hier?» fragte ich ihn.
    «Ja, Madam», sagte Robert. «Er kam kurz nach zwei, aß eine Kleinigkeit und ging dann wieder hinaus. Er fragte nach Ihnen, und Frith sagte, er glaubte, Sie seien zum Strand hinuntergegangen, um das Schiff zu sehen.»
    «Hat er hinterlassen, wann er zurückkommen wird?»
    «Nein, Madam.»
    «Er muß den anderen Weg gegangen sein», sagte ich. «Deshalb haben wir uns wohl verfehlt.»
    «Ja, Madam», sagte Robert.
    Ich sah auf die Platte mit dem Fleisch. Ich war zwar hungrig, aber ich hatte keinen Appetit auf kalten Braten.
    «Wollen Sie nicht etwas essen, Madam?» fragte Robert.
    «Nein, danke», sagte ich. «Aber bringen Sie mir etwas Tee in die Bibliothek. Keinen Kuchen, nur Tee und etwas Toast.»
    «Sehr wohl, Madam.»
    Ich ging in die Bibliothek und setzte mich auf die Bank am Fenster. Jasper fehlte mir. Maxim mußte ihn mitgenommen haben. Ich wartete darauf, daß sich irgend etwas ereignen sollte, irgend etwas Unvorhergesehenes. Mein grauenhaftes Erlebnis am Morgen, das gestrandete Schiff und mein Hunger hatten mich in einen Zustand erregter Spannung versetzt, die ich mir selbst nicht deuten konnte.
    Mir war, als hätte ich einen neuen Abschnitt meines Lebens begonnen, in dem nichts wie früher sein würde. Das Mädchen, das sich gestern abend zum Kostümball angezogen hatte, hatte ich hinter mir gelassen. Das alles war vor langer Zeit geschehen. Jetzt saß ein neues, ganz anderes Ich hier am Fenster.
    Robert brachte mir den Tee, und ich verschlang heißhungrig den gebutterten Toast. Er hatte außerdem doch noch Sandwiches, Kuchen und kleines Gebäck mitgebracht; er hielt es wohl nicht für schicklich, den Tee allein mit Toast zu servieren, und ich war froh, daß er nicht auf mich gehört hatte. Ich hatte ja nicht einmal richtig gefrühstückt, nur etwas kalten Tee getrunken. Als ich bei meiner dritten Tasse war, trat Robert wieder ein.
    «Ist Mr. de Winter schon zurückgekommen, Madam?» erkundigte er sich.
    «Nein», sagte ich, «warum? Möchte ihn jemand sprechen?»
    «Jawohl, Madam. Captain Searle, der Hafenmeister von Kerrith, ist am Telephon. Er fragt, wann er Mr. de Winter hier antreffen kann.»
    «Ich weiß nicht, was wir ihm sagen sollen», erwiderte ich. «Es ist ja schließlich möglich, daß er noch Stunden fortbleibt.»
    «Jawohl, Madam.»
    «Bestellen Sie ihm, er möchte doch um fünf Uhr noch einmal anrufen», sagte ich. Robert ging aus dem Zimmer, kam aber gleich darauf wieder zurück.
    «Captain Searle würde Sie auch gern sprechen, wenn es Ihnen recht ist, Madam», sagte er.
    «Er sagt, es handle sich um eine sehr dringliche Angelegenheit. Er hat schon im Büro angerufen, aber Mr. Crawley war auch nicht da.»
    «Wenn es so dringend ist, dann soll er nur gleich herauf-kommen. Hat er einen Wagen?»
    «Ja, ich glaube wohl, Madam.»
    Robert ging aus dem Zimmer. Ich wunderte mich, daß Captain Searle mich sprechen wollte.
    Wahrscheinlich hatte es irgend etwas mit dem gestrandeten Schiff zu tun, aber ich begriff nicht, was das Maxim anging. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn das Schiff unmittelbar in der Bucht aufgelaufen wäre. Denn die Bucht war Manderleyscher Besitz. In diesem Fall hätten sie Maxims Erlaubnis einholen müssen, um Felsensprengungen vorzunehmen oder was man sonst tat, um ein Schiff wieder flott zu bekommen. Aber das Riff lag doch schon im offenen Meer; Captain Searle würde nur seine Zeit verschwenden.
    Er mußte gleich losgefahren sein, denn eine Viertelstunde nachdem Robert seinen Anruf gemeldet hatte, trat er schon ins Zimmer.
    Er trug noch die Uniform, in der ich ihn mittags durch den Feldstecher gesehen hatte. Ich ging ihm entgegen und gab ihm die Hand. «Es tut mir leid, daß mein Mann noch nicht zurück ist, Captain Searle», sagte ich; «er muß wieder zu den Felsen hinuntergegangen sein, und vorher war er in Kerrith. Ich habe ihn

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