Rebecca
kämpfen. Ich würde Lügen und Meineide schwören. Ich würde fluchen und beten. Rebecca hatte nicht gewonnen, Rebecca hatte verloren.
Robert hatte inzwischen den Tisch abgeräumt, und Maxim kam wieder herein.
«Das war Oberst Julyan», sagte er. «Er hat gerade mit Searle gesprochen. Er wird uns morgen begleiten. Searle hat ihm Bericht erstattet.»
«Warum Oberst Julyan, warum der?» fragte ich.
«Er ist der Polizeirichter von Kerrith. Er muß dabei sein.»
«Was sagt er denn?»
«Er fragte mich, ob ich eine Vermutung hätte, wessen Leiche das sein könne.»
«Und was sagtest du?»
«Ich sagte, daß ich es nicht wisse und daß ich immer angenommen hätte, Rebecca sei allein gewesen. Und dann sagte ich, ich wüßte von keinem Menschen, der an dem Abend mit ihr hätte segeln können.»
«Und erwiderte er etwas darauf?»
«Ja.»
«Was denn?»
«Er fragte mich, ob ich es für möglich hielte, daß mir bei der Identifizierung in Edgecoombe ein Irrtum unterlaufen sei.»
«Das sagte er? Das hat er dich jetzt schon gefragt?»
«Ja.»
«Und du?»
«Ich sagte, es sei nicht ausgeschlossen, ich wüßte nicht genau.»
«Er wird also morgen dabei sein, wenn ihr das Boot zu heben versucht? Er und Captain Searle und der Gerichtsarzt?»
«Und Inspektor Welch.»
«Inspektor Welch?»
«Ja.»
«Aber warum Inspektor Welch?»
«Das ist eine polizeiliche Maßnahme, die in solchen Fällen üblich ist.»
Ich sagte nichts dazu. Wir starrten einander an. In meinem Innern krampfte sich etwas zusammen.
«Vielleicht gelingt es ihnen nicht, das Boot zu heben», sagte ich dann.
«Vielleicht.»
«Dann würden sie doch auch die Leiche nicht untersuchen können, nicht wahr?»
«Ich weiß nicht», sagte Maxim.
Er blickte aus dem Fenster. Der Himmel war noch immer von einer weißen Wolkenschicht verhangen. Kein Lüftchen regte sich.
«Ich dachte, ein Südwest würde aufkommen, aber es ist völlig windstill», bemerkte er.
«Ja», sagte ich.
«Der Taucher wird morgen ein spiegelglattes Meer für seine Arbeit vorfinden.»
Das Telephon klingelte wieder. Der grelle Ton hatte etwas Furchteinflößendes. Maxim und ich sahen einander an. Dann ging er in den Nebenraum und schloß wieder die Tür hinter sich.
Der krampfartige Schmerz wollte mich nicht verlassen, er verstärkte sich sogar, als das Klingeln eingesetzt hatte.
Maxim kam wieder zurück. «Es fängt schon an», sagte er leise.
Mich fröstelte beim Klang seiner Stimme. «Was meinst du?»
«Es war ein Reporter», sagte er, «vom County Chronicle. Er fragte, ob es stimme, daß Mrs.
de Winters Boot gefunden worden sei.»
«Und was hast du geantwortet?»
«Ich sagte, ja, ein Boot sei gefunden worden, aber Näheres wisse man darüber noch nicht. Es sei nicht sicher, ob es sich um Rebeccas Boot handle.»
«Sonst hat er nichts gefragt?»
«Doch. Er wollte wissen, ob in dem Boot tatsächlich ei-ne Leiche gefunden worden sei.»
«Nein!»
«Doch. Jemand muß nicht dichtgehalten haben. Searle ist zuverlässig, das weiß ich. Es wird wohl der Taucher gewesen sein oder einer von seinen Freunden. Solche Leute können ihren Mund nicht halten. Bis morgen früh wird ganz Kerrith Bescheid wissen.»
«Was sagtest du, als er wegen der Leiche fragte?»
«Ich sagte, ich wüßte nichts. Ich könnte ihm keine Auskunft geben, und er solle mich gefälligst mit seinen Anrufen verschonen.»
«Du wirst die Leute dadurch nur verärgern und sie gegen dich aufbringen.»
«Das kann ich nicht ändern. Ich lasse mich nicht interviewen. Ich will mich nicht von diesen Burschen mit neugierigen Fragen belästigen lassen.»
«Wir werden sie aber vielleicht brauchen können.»
«Wenn es hart auf hart kommt, werde ich meine Sache schon allein ausfechten», sagte er.
«Ich verzichte auf solchen Beistand.»
«Der Reporter wird jetzt bestimmt jemand anders anrufen – Oberst Julyan oder Captain Searle.»
«Bei denen wird er auch nicht mehr Erfolg haben.»
«Wenn wir nur etwas tun könnten», sagte ich. «Wir haben noch so viele Stunden vor uns, und wir sitzen hier und vertrödeln die Zeit und warten auf morgen früh.»
«Wir können nichts tun», sagte Maxim.
Wir blieben in der Bibliothek sitzen. Maxim nahm ein Buch vom Tisch, aber ich wußte, daß er nicht darin las. Hin und wieder sah ich ihn seinen Kopf lauschend heben, als horche er auf das Läuten des Telephons. Aber kein weiterer Anruf erfolgte. Niemand störte uns. Zum Abendessen zogen wir uns wie gewöhnlich um. Es kam mir so
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