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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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«Hatte sie etwa nicht das Recht, sich zu amüsieren? Die Liebe war für sie nur ein Sport, weiter nichts; das hat sie selbst gesagt. Sie hat es nur getan, weil sie darüber lachen konnte. Jawohl, gelacht hat sie darüber, und über Sie nicht weniger als über alle anderen. Ich habe es oft erlebt, daß sie nach Hause kam und sich aufs Bett warf und sich vor Lachen schüttelte über euch Männer.»
    Es war etwas Grauenhaftes, dieser plötzlich entfesselte Wortstrom, scheußlich und völlig unerwartet. Obgleich ich es gewußt hatte, widerte es mich an, es aus Mrs. Danvers’ Mund zu hören. Maxim war leichenblaß geworden. Favell starrte sie mit offenem Mund an, als könnte er seinen Ohren nicht trauen. Oberst Julyan zupfte nervös an seinem kleinen Schnurrbart.
    Minutenlang sprach niemand ein Wort. Nur das ewige Rauschen des Regens war zu hören.
    Und dann fing Mrs. Danvers an zu weinen. Sie weinte genau wie damals oben in Rebeccas Schlafzimmer. Ich konnte es nicht mit ansehen, ich mußte mich abwenden. Niemand rührte sich. Zu dem Rauschen des Regens gesellte sich jetzt noch der Laut ihres trockenen Schluchzens. Ich hätte schreien mögen, aus dem Zimmer laufen und schreien und schreien.
    Keiner von uns machte Anstalten, auf sie zuzugehen und ihr gut zuzusprechen. Endlich – die Zeit war mir wie eine Ewigkeit erschienen – gewann sie ihre Beherrschung wieder, und das Weinen ebbte allmählich ab. Sie stand ganz still; ihre Lippen zuckten, und ihre Hände verkrampften sich in ihrem schwarzen Kleid. Endlich hatte sie sich wieder beruhigt. Da sagte Oberst Julyan ganz leise: «Mrs. Danvers, können Sie irgendeinen Grund angeben, irgendeinen noch so entfernten Grund, warum Ihre Herrin sich das Leben genommen haben könnte?»
    Mrs. Danvers schluckte und schüttelte den Kopf.
    «Nein», sagte sie, «nein».
    «Sehen Sie?» sagte Favell triumphierend, «es ist völlig ausgeschlossen. Danny weiß das so gut wie ich.»
    «Seien Sie gefälligst ruhig, ja?» sagte Oberst Julyan.
    «Lassen Sie Mrs. Danvers Zeit zum Überlegen. Wir wissen alle, daß kein uns bekannter Anlaß vorgelegen hat und daß ihr Selbstmord völlig unverständlich erscheint. Ich bezweifle auch die Echtheit dieses Zettels, den Sie mir zeigten, durchaus nicht. Das ist ja ganz offensichtlich: sie hat Ihnen geschrieben, als sie in London war, weil sie Ihnen etwas mitzuteilen hatte. Es ist durchaus möglich, daß eben dieses Etwas den Schlüssel zu der Tragödie darstellt. Geben Sie Mrs. Danvers einmal den Zettel; vielleicht kann sie Licht auf dieses Problem werfen.» Favell zuckte die Achseln; er kramte in seiner Tasche nach dem Papier und warf es dann Mrs. Danvers vor die Füße. Sie bückte sich und hob es auf. Ihre Lippen bewegten sich beim Lesen; sie las es zweimal durch. Dann schüttelte sie den Kopf.
    «Nein», sagte sie, «das macht mich auch nicht klüger.
    Wenn sie Mr. Favell wirklich etwas Wichtiges mitzuteilen gehabt hätte, dann wäre sie bestimmt zuerst damit zu mir gekommen.»
    «Sie haben sie an jenem Abend nicht mehr gesehen?»
    «Nein, ich war nachmittags und abends in Kerrith. Ich werde mir das nie verzeihen, mein Lebtag nicht.»
    «Dann können Sie aber auch nicht wissen, in welchem Zustand sie sich an dem Tag befunden hat. Haben Sie denn gar keine Vermutung? Dies ‹Ich hab Dir etwas Wichtiges mitzuteilen›
    sagt Ihnen gar nichts?»
    «Nein, Sir, gar nichts.»
    «Weiß irgend jemand, wie sie den Tag in London verbracht hat?»
    Niemand antwortete. Maxim schüttelte den Kopf, Favell fluchte leise vor sich hin.
    «Sie hat den Zettel um drei Uhr nachmittags in meiner Wohnung abgegeben», sagte er dann.
    «Der Portier hat sie gesehen; sie muß unmittelbar danach wie der Teufel nach Manderley zurückgejagt sein.»
    «Mrs. de Winter war von zwölf bis halb zwei beim Friseur», sagte Mrs. Danvers. «Ich erinnere mich noch daran, weil ich Anfang der Woche diese Verabredung für sie getroffen hatte. Von zwölf bis halb zwei. Und nach dem Friseur pflegte sie stets in ihrem Damenklub zu essen. Ich bin überzeugt, daß sie auch an dem Tag dort gegessen hat.»
    «Sagen wir also eine halbe Stunde fürs Essen – was hat sie dann aber zwischen zwei und drei getan? Das müssen wir unbedingt herausbekommen», sagte Oberst Julyan.
    «Ach, um Christi willen, was kann uns denn interessieren, wo sie von zwei bis drei Uhr gewesen ist!» schrie Favell. «Daß sie sich nicht selbst getötet hat, das ist doch das einzige, was uns hier interessiert!»
    «Ich habe

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