Rebecca
Gesellschaften gegeben, und wir hatten viel Hausbesuch, und wenn ich ihr auch einen großen Teil der Arbeit abnahm, so kümmerte sie sich doch um alles.»
Wieder hatte ich den Eindruck, daß sie ihre Worte mit Vorbedacht wählte, daß sie sozusagen meine Gedanken abtasten wollte, indem sie meinen Gesichtsausdruck beobachtete, während sie sprach.
«Mir ist es viel lieber, wenn Sie alles selbständig tun», wiederholte ich. «Sehr viel lieber.»
Und ich sah, daß ihr Mund sich wieder zu demselben spöttischen, geradezu verächtlichen Lächeln verzog, das ich schon bei der Begrüßung in der Halle bemerkt hatte. Sie wußte, daß ich ihr nicht gewachsen war und daß ich sie fürchtete.
«Kann ich noch irgend etwas für Sie tun?» fragte sie, und ich tat, als ob ich mich prüfend im Zimmer umsähe.
«Nein, danke», sagte ich, «nein, ich glaube, ich habe alles.
Ich werde mich hier sehr wohl fühlen. Sie haben das Zimmer reizend und gemütlich herrichten lassen» – eine kriecherische Schmeichelei, um ihre Gunst zu gewinnen.
Sie zuckte die Achseln, völlig unbewegt. «Ich habe nur Mr. de Winters Anweisungen befolgt», sagte sie. Sie zögerte noch in der offenen Tür, als hätte sie mir noch etwas zu sagen und wüßte nicht recht, wie sie anfangen sollte.
Sie wartete offenbar darauf, daß ich ihr eine Gelegenheit dazu geben würde.
Ich wünschte, sie würde endlich gehen; sie stand da wie ein Schatten mit ihren lauernden Totenkopfaugen.
«Falls irgend etwas noch nicht Ihren Wünschen entsprechen sollte, werden Sie es mich bitte gleich wissen lassen?» sagte sie.
«Gewiß», sagte ich, «selbstverständlich werde ich das tun, Mrs. Danvers», aber ich wußte, daß es nicht dies war, was sie mir hatte sagen wollen; und wieder fiel ein Schweigen zwischen uns.
«Sollte Mr. de Winter nach seinem großen Kleiderschrank fragen», sagte sie plötzlich, «dann sagen Sie ihm bitte, daß wir ihn unmöglich hierher transportieren konnten. Wir versuchten es, aber er ging nicht durch diese schmalen Türen. Die Zimmer hier sind kleiner als drüben im Westflügel. Wenn er etwas auszusetzen hat, möchte er es mir bitte gleich sagen. Es war nicht leicht, diese Räume passend einzurichten.»
«Machen Sie sich darüber kein Kopfzerbrechen, Mrs. Danvers», entgegnete ich, «ich bin überzeugt, daß er alles wunderschön finden wird. Es tut mir nur leid, daß Sie soviel Arbeit damit gehabt haben. Ich hatte keine Ahnung, daß er diesen Flügel neu herrichten und tapezieren lassen wollte, es wäre wirklich nicht nötig gewesen. Ich wäre im Westflügel bestimmt ebenso glücklich und zufrieden gewesen.»
Sie sah mich sonderbar an und begann den Türgriff hin-und herzudrehen. «Mr. de Winter meinte, Sie würden diesen Flügel vorziehen», sagte sie. «Die Räume drüben sind sehr alt.
Das Schlafzimmer ist fast doppelt so groß wie dieses – ein sehr schönes Zimmer, mit einer geschnitzten Decke. Die Gobelinstühle und der Kamin sind sehr wertvolle Stücke. Es ist das schönste Zimmer im ganzen Haus, und von den Fenstern hat man einen herrlichen Blick auf das Meer.»
Ich fühlte mich hilflos und ungemütlich. Ich wußte nicht, warum sie mit diesem Unterton von Trotz sprechen mußte und durchblicken ließ, daß dieses Zimmer, in dem ich wohnen sollte, irgendwie unansehnlich und Manderley nicht ganz würdig sei – ein zweitklassiges Zimmer, gut genug für einen zweitklassigen Menschen wie ich.
«Wahrscheinlich will Mr. de Winter das beste Zimmer nicht benutzen, um es bei den öffentlichen Führungen zeigen zu können», sagte ich. Sie spielte immer noch mit dem Türgriff, sah mir dann plötzlich in die Augen, zögerte jedoch mit ihrer Antwort; und als sie schließlich sprach, klang ihre Stimme noch leiser, noch tonloser als zuvor.
«Die Schlafzimmer werden bei den Führungen nie gezeigt, nur die Halle und die Galerie und die unteren Räume.» Sie hielt einen Augenblick inne und betrachtete mich abwägend. «Als Mrs. de Winter noch lebte, wohnten sie im Westflügel. Das große Zimmer, von dem ich gerade sprach, war Mrs. de Winters Schlafzimmer.»
Dann sah ich, wie ein Schatten über ihr Gesicht flog und wie sie sich an die Wand drückte, als wolle sie sich unsichtbar machen, und gleich darauf hörte ich Maxims Schritte, und er trat ins Zimmer.
«Nun, wie ist’s?» sagte er zu mir, «gut? Glaubst du, daß es dir gefallen wird?»
Er sah sich voller Begeisterung um, so strahlend wie ein Schuljunge. «Ich war immer der Ansicht, daß
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