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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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lose umgehängt getragen.
    Es war auch ein roter Fleck auf dem Taschentuch, der offenbar von einem Lippenstift herrührte. Sie hatte mit dem Tuch die Lippen abgerieben und es dann zusammengeknüllt und in der Tasche vergessen. Ich wischte mir meine Finger an diesem Stückchen Batist ab, und als ich das tat, bemerkte ich, daß ihm noch immer ein süßlich fader Duft anhaftete.
    Ein Duft, den ich wiedererkannte, ein Duft, den ich schon einmal gerochen haben mußte. Ich schloß die Augen und versuchte mich zu erinnern. Es war irgendein besonders zarter, feiner Wohlgeruch, auf dessen Ursprung ich mich nicht besinnen konnte. Sicherlich hatte ich ihn schon einmal eingeatmet, ja, mir war, als sei ich am selben Nachmittag schon mit ihm in Berührung gekommen.
    Und dann wußte ich plötzlich, daß dieser schwache Duft, der dem Taschentuch noch immer anhaftete, derselbe war, den die welkenden Blütenblätter der Azaleen im Glücklichen Tal ausgeströmt hatten.

11
    Die ganze nächste Woche war das Wetter kalt und regnerisch, wie es das im Frühsommer in den westlichen Landstrichen häufig zu sein pflegt, und wir gingen nicht mehr zum Strand hinunter. Ich konnte das Meer über den Rasen hinweg von der Terrasse aus sehen. Es sah grau, rauh und unfreundlich aus; riesige, hohe Wellen stürzten sich in die Bucht hinter dem Leuchtturm auf der Landzunge. Ich begann jetzt zu verstehen, warum manche Menschen das Lärmen des Meeres nicht ertragen können. Zuweilen klingt es wie der düstere Klageton einer Harfe, und vor allem diese Beharrlichkeit, dieses fortwährende Rollen, Donnern und Zischen zerrt an den Nerven und peitscht sie auf. Ich war froh, daß unsere Zimmer im Ostflügel lagen und daß ich, wenn ich mich aus dem Fenster lehnte, auf den Rosengarten sah. Denn manchmal fand ich keinen Schlaf und stahl mich dann leise aus dem Bett, ging in der nächtlichen Stille zum Fenster und beugte mich mit aufgestützten Armen hinaus und genoß die beruhigend sanfte Luft.
    Dort war das rastlose Geräusch des Meeres nicht zu hören, und weil ich es nicht hören konnte, waren auch meine Gedanken friedlich und ruhig. Sie führten mich nicht mehr den steilen Pfad durch den Wald hinunter zu der grauen Bucht und dem verlassenen Bootshaus.
    Ich wollte nicht mehr an das Bootshaus denken. Tagsüber dachte ich nur allzu oft daran.
    Wann immer ich von der Terrasse aus das Meer erblickte, begann die Erinnerung an mir zu nagen. Denn ich sah dann wieder die bläulichen Stockflecke auf dem Porzellan, die Spinnweben an den kleinen Masten der Schiffsmodelle und die Löcher von den Ratten in dem Schlafsofa vor mir. Ich hörte wieder das Regengetrommel auf dem Dach, und auch an Ben dachte ich, an Ben mit seinen schmalen, wäßrigen blauen Augen und seinem scheuen, idiotischen Lächeln. Alle diese Dinge quälten mich, ich war verstört darüber. Ich wollte sie vergessen, aber gleichzeitig wollte ich auch wissen, warum sie mich quälten, warum sie mich so unruhig und unglücklich machten.
    Ich konnte den verlorenen Blick in Maxims Augen und sein bleiches Gesicht, als wir durch den Wald zurückgegangen waren, nicht vergessen und auch nicht seine Worte: «O Gott, was für ein Narr war ich doch, wieder hierher zu kommen!» Es war alles meine Schuld, weil ich über die Felsen in die Bucht geklettert war. Ich hatte die Vergangenheit wieder in ihm aufleben lassen. Und obwohl Maxim sich davon erholt hatte und wieder ganz er selbst war und wir unser Leben zusammen lebten und mit Essen, Schlafen, Spazierengehen,
    Briefeschreiben und Fahrten ins Dorf Stunde um Stunde unseres Tages ausfüllten, wußte ich doch, daß dadurch eine Schranke zwischen uns auf-gerichtet worden war.
    Er ging allein auf der anderen Seite, und ich durfte nicht zu ihm. Und ich wurde ängstlich und nervös bei dem Gedanken, daß irgendein achtloses Wort, irgendeine unvorhergesehene Wendung in einem gleichgültigen Gespräch wieder diesen Ausdruck in seinen Augen heraufbeschwören konnte. Ich begann jede bloße Erwähnung des Meeres zu fürchten, denn vom Meer konnte man ja so leicht auf Boote, Unglücksfälle und Ertrinken zu sprechen kommen … Selbst Frank Crawley, der eines Tages wieder zum Mittagessen kam, jagte mir einen Angstschauer über den Rücken, als er plötzlich etwas über die Segelregatta in der nur drei Meilen entfernten Bucht von Kerrith sagte. Es gab mir sofort einen schmerzhaften Stich, und ich sah krampfhaft auf meinen Teller nieder; aber Maxim sprach ganz ruhig weiter, während

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