Rebecka Martinsson 01 - Sonnensturm
noch bis Samstag. Dann werde ich trainieren. Und schlafen. Den Telefonstecker rausziehen und früh ins Bett gehen.
Der Regen trommelte schläfrig gegen die Fensterscheibe. Doch als ihr Körper gerade beschlossen hatte, sich eine Ruhepause zu erschleichen, und als ihre Muskeln sich entspannten, klingelte das Telefon. Sie fuhr im Sessel hoch und griff nach dem Hörer. Die Anruferin war Rebecka Martinsson.
»Hallo, Schnuffel«, rief Maria mit ihrer hellen Stimme. »Moment noch!«
Sie schob sich vom Schreibtisch weg und schloss mit einem Tritt die Zimmertür.
»Endlich meldest du dich!«, sagte sie, als sie den Hörer wieder aufnahm. »Ich habe wie verrückt versucht, dich anzurufen.«
»Ich weiß«, antwortete Rebecka. »Ich habe hundert Mitteilungen auf meinem Anrufbeantworter, aber ich habe noch nicht eine davon gehört. Das Telefon war im Auto eingeschlossen, und … aber ich will jetzt nicht die ganze traurige Geschichte erzählen. Ich nehme an, einige stammen von einem stocksauren Måns Wenngren?«
»Mmm, ich will dich ja nicht belügen. Die Partner haben wegen der Szene, die in den Nachrichten gezeigt wurde, eine Frühstücksbesprechung abgehalten. Sie finden es ja nicht so toll, dass TV4 Bilder von der Kanzlei gezeigt und über wütende Juristinnen berichtet hat. Und heute ist hier so ziemlich der Teufel los.«
Rebecka beugte sich über das Lenkrad und holte Luft. In ihrem Hals steckte ein schmerzender Kloß, der es ihr fast unmöglich machte, etwas zu sagen. Unten auf dem Hof spielten Tjapp, Sara und Lova mit einem Teppich, den sie über die Teppichstange vor dem Haus gehängt hatten. Rebecka hoffte nur, dass dieser Teppich Sanna gehörte und nicht irgendwelchen Nachbarn.
»Na gut«, sagte sie endlich. »Meinst du, ich sollte mit Måns sprechen, oder wartet er nur auf mein Kündigungsschreiben?«
»Nein, zum Henker. Natürlich musst du mit ihm reden. Wenn ich das richtig verstanden habe, wollten die meisten anderen Partner wohl darüber sprechen, wie sie dich am besten loswerden können, aber für Måns stand diese Möglichkeit gar nicht erst zur Debatte. Du hast also weiterhin einen Job.«
»Toiletten schrubben und Kaffee servieren?«
»Ja, im Tanga. Nein, im Ernst, Måns scheint absolut Partei für dich ergriffen zu haben. Aber es war doch sicher ein Missverständnis, dass du für die Schwester des Paradiesjüngers als Anwältin fungierst? Du hast ihr ja wohl nur als Freundin zur Seite gestanden?«
»Ja, aber jetzt ist noch etwas passiert, und …«
Rebecka fuhr mit der Hand über das Autofenster, das von innen schon wieder beschlagen war. Sara und Lova standen oben auf einer Schneewehe und redeten miteinander. Tjapp war nicht zu sehen. Wohin mochte die Hündin sich verkrochen haben?
»Ich muss das mit Måns besprechen«, sagte sie, »aber jetzt kann ich nicht mehr lange reden. Kannst du mich zu ihm durchstellen?«
»Ja, klar, aber verrat nicht, dass ich dir von dieser Besprechung erzählt habe.«
»Natürlich nicht. Woher weißt du das alles eigentlich?«
»Sonja hat es mir erzählt. Sie war dabei.«
Sonja Berg war eine der Sekretärinnen, die schon sehr lange für Meijer & Ditzinger arbeiteten. Sie wurde vor allem geschätzt, weil sie über die Angelegenheiten der Kanzlei schwieg wie ein Grab. Viele versuchten, Auskünfte aus ihr herauszuholen, und stießen dann auf Sonjas ganz besondere Mischung aus Unwillen, Verärgerung und gut gespielter Unfähigkeit zu begreifen, was dieser Mensch eigentlich von ihr wollte. Bei geheimen Besprechungen, zum Beispiel vor Firmenfusionen, führte immer Sonja Protokoll.
»Du bist einfach ein Phänomen«, sagte Rebecka beeindruckt.
»Kannst du auch aus Steinen Wasser rauspressen?«
»Wasser aus Steinen hatten wir im Einführungskurs. Sonja zum Reden zu bringen, kommt in Fortgeschrittene 2 dran. Aber erzähl du mir nichts von unmöglichen Tricks – was hast du denn eigentlich mit Måns angestellt? Einer Voodoopuppe das Gehirn entnommen oder so? Wenn ich im Fernsehen gezeigt worden wäre, wie ich Pressefrauen zu Boden schlage, dann läge ich in diesem Moment festgeschnallt auf seiner Folterbank und durchlebte die letzten entsetzlichen vierundzwanzig Stunden in meinem Leben.«
Rebecka lachte freudlos.
»Meine Arbeit für ihn wird mir in der nächsten Zeit sicher so ähnlich vorkommen. Stellst du mich jetzt durch?«
»Sicher, aber ich habe dich gewarnt. Er hat sich zwar für dich eingesetzt, aber begeistert von der ganzen Sache ist er nicht.«
Rebecka
Weitere Kostenlose Bücher