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Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Titel: Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asa Larsson
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hundert Jahren rein gar nichts gebracht hatte.
    »Mildred fand, die Kirche sollte ein Treffpunkt sein. Es kam ihr nicht so darauf an, ob die Menschen gläubig waren oder nicht, das mussten sie mit Gott ausmachen. Aber wenn sie sie zu Taufe, Konfirmation, Hochzeit und den hohen Festen in die Kirche locken konnte, damit die Menschen sich trafen und sich dort so sehr zu Hause fühlten, dass sie in schwereren Zeiten zurückkehren würden, dann…und wenn über jemanden gesagt wurde, ›aber der glaubt doch gar nicht, es wäre doch falsch, wenn er das nur wegen der Geschenke macht‹, dann sagte sie, Geschenke wären doch wunderbar, und Jugendliche lernten niemals gern, weder in der Schule noch in der Kirche, aber es gehöre nun mal zur Allgemeinbildung zu wissen, warum wir Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Christi Himmelfahrt feiern und wie die Evangelisten heißen.«
    »Und Sie hatten also einen Sohn oder eine Tochter, die…«
    »Nein, nein. Oder doch, ich habe eine Tochter, aber die war schon Jahre vorher konfirmiert worden. Sie arbeitet unten im Ort im Restaurant. Nein, es ging um den Sohn meines Vetters, Teddy. Er ist entwicklungsgestört, und Lars-Gunnar wollte ihn nicht konfirmieren lassen. Also wollte sie über ihn sprechen. Möchten Sie Kaffee?«
    Anna-Maria nahm dankend an.
    »Sie schien die Leute ganz schön zu provozieren«, sagte sie.
    Lisa Stöckel zuckte mit den Schultern.
    »Sie war nur so…immer geradeheraus. Bei ihr gab es irgendwie keinen Rückwärtsgang.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Anna-Maria.
    »Ich meine, dass sie niemals um die Dinge herumredete. Es gab keinen Raum für Diplomatie oder Schmeicheleien. Wenn ihr etwas nicht richtig erschien, dann legte sie einfach los und brachte es in Ordnung.«
    Wie damals, als sie die gesamten Friedhofsangestellten gegen sich aufbrachte, dachte Lisa.
    Sie kniff die Augen zusammen. Aber die Bilder aus ihrem Kopf wollten nicht so einfach verschwinden. Zuerst sah sie zwei Zitronenfalter, die über duftender Sandschaumkresse umeinander herumflogen. Dann die Zweige der Trauerbirke, die sanft im Wind des warmen Sommerflusses hin und her pendelten. Und dann Mildreds Rücken. Ihren Marsch zwischen den Grabsteinen. Tramp, tramp, tramp über den Kies.
    Lisa läuft hinter Mildred her über den Friedhof von Poikkijärvi.
    Ganz hinten sitzen die Friedhofsangestellten und machen Kaffeepause. Sie machen sehr oft Pause, fast ununterbrochen. Sie arbeiten nur, wenn der Probst sie sehen kann. Aber niemand wagt, mehr von ihnen zu verlangen. Wenn man diese Bande gegen sich aufbringt, dann muss man auf einem Lehmhügel stehen, wenn eine Beerdigung stattfinden soll. Oder einen zwei Meter entfernten Motormäher übertönen. Im Winter in eiskalten Kirchen predigen. Der Probst, dieser blöde Trottel, rührt keinen Finger. Er hat keinen Grund dazu, sie sind nicht dumm genug, sich mit ihm anzulegen.
    »Mach jetzt keinen Ärger«, bittet Lisa.
    »Ich mach keinen Ärger«, sagt Mildred.
    Und das meint sie wirklich ernst.
    Mankan Kyrö sieht sie als Erster. Er ist der inoffizielle Leiter der Gruppe. Der eigentliche Leiter hat kein Interesse. Mankan schon. Und mit ihm soll Mildred keinen Streit anfangen.
    Sie kommt sofort zur Sache. Die anderen hören voller Interesse zu.
    »Das Kindergrab«, sagt sie, »habt ihr das schon ausgehoben?«
    »Wie meinst du das?«, fragt Mankan gelassen.
    »Ich habe eben mit den Eltern gesprochen. Sie haben erzählt, dass sie sich eine Stelle mit Blick auf den Fluss da oben im nördlichen Teil ausgesucht haben, dass du ihnen aber abgeraten hast.«
    Mankan Kyrö gibt keine Antwort. Er spuckt Tabaksaft ins Gras und sucht in seiner Hosentasche nach der Tabaksdose.
    »Du hast ihnen gesagt, dass die Wurzeln der Trauerweide durch den Sarg und durch den Leichnam des Babys wachsen würden«, sagt Mildred jetzt.
    »Und würden sie das nicht?«
    »Das passiert überall, wo man einen Sarg eingräbt, und das weißt du genau. Du wolltest bloß nicht da hinten unter den Birken graben, weil es steinig ist und es so viele Wurzeln gibt. Es ist dir ganz einfach zu anstrengend. Ich finde es unfassbar, dass dir deine eigene Bequemlichkeit so wichtig ist, dass du es vertretbar findest, ihnen solche Bilder in den Kopf zu setzen.«
    Sie ist noch kein einziges Mal lauter geworden. Die anderen Männer starren zu Boden. Sie schämen sich. Und sie hassen die Pastorin, die sie dazu bringt, sich zu schämen.
    »Ach, und was soll ich jetzt machen?«, fragt Mankan Kyrö. »Jetzt haben

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