Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht
wenn nichts dabei herauskommt.
Rebecka schaute zu ihren hochhackigen Stiefeln von Lagersons hinunter.
Tut mir leid, sagte sie zum Wald. Heutzutage bin ich einfach falsch angezogen.
Micke Kiviniemi fuhr mit dem Lappen über den Tresen. Es war kurz nach vier Uhr am Dienstagnachmittag. Sein Übernachtungsgast, Rebecka Martinsson, saß einsam an einem Fenstertisch und schaute zum Fluss hinüber. Sie war zunächst der einzige Gast gewesen, hatte Elchgeschnetzeltes mit Kartoffelbrei und Mimmis Pilzsoße gegessen. Jetzt nippte sie ab und zu an ihrem Rotweinglas und schien die Blicke der Junggesellen nicht zu bemerken.
Die Junggesellen kamen immer als Erste. Samstags schon gegen drei Uhr, um zu essen, einige Biere zu trinken und die einsamen Stunden, bis es etwas Gescheites im Fernsehen gab, totzuschlagen. Malte Alajärvi saß da und kabbelte sich wie üblich mit Mimmi. Das tat er gern. Später würden die üblichen Abendgäste auftauchen, Bier trinken und sich Sportsendungen ansehen. Zu Micke kamen vor allem unverheiratete Männer. Aber es ließen sich auch einige Paare sehen. Und auch Mitglieder des Frauennetzwerkes. Es kam außerdem vor, dass die Angestellten aus der Touristeninformation von Jukkasjärvi mit dem Boot über den Fluss setzten und hier aßen.
»Was, zum Teufel, gibt’s denn heute zu fressen?«, klagte Malte und zeigte auf die Speisekarte. »Gno…«
»Gnocchi«, sagte Mimmi. »Das sind kleine Kartoffelnudeln. Gnocchi mit Tomaten und Mozzarella. Und dazu gibt es entweder ein Stück Grillfleisch oder Hähnchen.«
Sie trat neben Malte und zog demonstrativ ihren Block aus der Schürzentasche.
Als ob sie den nötig hätte, dachte Malte. Sie konnte auch von Gruppen mit zwölf Personen Bestellungen annehmen und sich alles merken. Einfach unglaublich.
Er sah Mimmi an. Wenn er die Wahl zwischen ihr und Rebecka Martinsson hätte, dann würde Mimmi das Rennen um mehrere Pferdelängen gewinnen. Mimmis Mutter Lisa war in ihren jungen Jahren ja auch eine Augenweide gewesen, das konnten die Jungs aus dem Ort bezeugen. Und Lisa war ja noch immer schön. Das ließ sich nur schwer verbergen, auch wenn sie immer hoffnungslose Klamotten trug und sich die Haare selbst schnitt. Mitten in der Nacht mit der Schafschere, wie Mimmi behauptete. Aber während Lisa ihre Schönheit nach besten Kräften verbarg, zeigte Mimmi ihre gern vor. Die Schürze eng um die Hüften gebunden. Die gesträhnten Haare, die sich unter ihrem winzigen Kopftuch hervorringelten. Enge schwarze Pullover mit großzügigem Ausschnitt. Und wenn sie sich vorbeugte, um den Tisch abzuwischen, konnte wer immer das wollte einen netten Blick in die Kluft zwischen ihren leicht wogenden Brüsten werfen, die von einem Spitzen- BH gehalten wurden. Der war immer rot, schwarz oder lila. Von hinten konnte man, wenn ihre Jeans nach unten rutschten, ein Stück der Echse sehen, die sie sich auf ihre rechte Hinterbacke hatte tätowieren lassen.
Ihm fiel ihre erste Begegnung ein. Sie hatte ihre Mutter besucht und angeboten, einen Abend lang auszuhelfen. Es gab jede Menge Essensgäste, und sein Bruder hatte sich wie üblich nicht blicken lassen, obwohl diese ganze Restaurantgeschichte eigentlich seine Idee gewesen war. Micke stand also einsam hinter der Bar. Mimmi bot an, ein bisschen Kneipenkost zu brutzeln und zu servieren. Das Gerücht verbreitete sich noch am selben Abend. Die Jungs liefen aufs Klo und riefen ihre Kumpels an. Alle kamen und wollten Mimmi sehen.
Und dann blieb sie. »Erst mal«, sagte sie immer vage, wenn er eine klare Auskunft wünschte. Wenn er es mit dem Argument versuchte, es wäre schön für die Firma, Bescheid zu wissen, damit sie für die Zukunft planen könnten, wurde ihr Tonfall patzig.
»Dann plan doch einfach ohne mich.«
Später, als sie miteinander im Bett gelandet waren, wagte er, diese Frage zu wiederholen. Wie lange sie bleiben würde.
»Bis sich etwas Besseres bietet«, sagte sie und grinste.
Und sie waren kein Paar, das hatte sie immerhin ganz deutlich gesagt. Er hatte selbst etliche Freundinnen gehabt. Mit einer hatte er sogar eine Zeit lang zusammengewohnt. Er wusste also, was diese Sätze bedeuteten. Du bist ein wunderbarer Mensch, aber… ich bin noch nicht so weit…wenn ich mich überhaupt in irgendwen verlieben könnte, dann in dich…kann mich noch nicht binden. Das alles bedeutete nur: Ich liebe dich nicht. Aber für den Moment bist du gut genug.
Sie hatte das ganze Lokal verändert. Hatte ihm zuerst geholfen, den
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