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Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Titel: Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asa Larsson
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kann schließlich ihr Schuppen brennen.
    Anna-Maria: Hat irgendwer Ihren Schuppen angesteckt?
    Erik Nilsson: Ja, da war ein Mann hier aus dem Ort…Wir glauben jedenfalls, dass er es war. Seine Frau hat ihn verlassen und eine Weile hier im Pfarrhaus gewohnt.
    Das war ja reizend, dachte Anna-Maria. Erik Nilsson hätte in dem Moment die Chance gehabt, sie in Verlegenheit zu bringen, hatte aber darauf verzichtet. Er hätte seine Stimme in Bitterkeit umschlagen lassen können, er hätte über die Passivität der Polizei sprechen und ihnen am Ende die Verantwortung für den Tod seiner Frau zuschieben können.
    Sie streichelte eins von Roberts Hemden, o Gott, die Manschetten waren ja total verschlissen. Das Hemd dampfte unter dem Eisen. Frisch gebügelte Baumwolle roch wirklich gut.
    Und dann war er daran gewöhnt, mit Frauen zu sprechen, das war klar. Ab und zu vergaß sie sich und beantwortete seine Fragen; statt bei ihm Vertrauen zu erwecken, erweckte er Vertrauen bei ihr. Etwa als er nach ihren Kindern gefragt hatte. Er wusste genau, was in deren Alter typisch war. Er erkundigte sich, ob Gustav schon das Wort »nein« gelernt habe.
    Anna-Maria: Das kommt darauf an. Wenn ich nein sage, versteht er nichts. Aber wenn er es sagt…
    Erik Nilsson lacht, wird dann plötzlich aber ernst.
    Anna-Maria: Großes Zuhause.
    Erik Nilsson (seufzt): Ein Zuhause war das eigentlich nie. Es ist zur Hälfte Pfarrhaus und zur Hälfte Hotel.
    Anna-Maria: Aber jetzt ist es leer.
    Erik Nilsson: Ja, die Frauengruppe Magdalena dachte wohl, es könnte zu viel Gerede geben. Sie wissen schon, Pastorinnenwitwer tröstet sich mit allerlei durchgebrannten Ehefrauen. Und ich nehme an, sie haben Recht.
    Anna-Maria: Ich muss Sie fragen, wie Sie sich mit Ihrer Frau verstanden haben.
    Erik Nilsson: Müssen Sie das?
    Anna-Maria: …
    Erik Nilsson: Gut. Ich habe Mildred ungeheuer respektiert.
    Anna-Maria: …
    Erik Nilsson: Sie war als Frau etwas Besonderes. Und auch als Geistliche. Sie war so unglaublich…leidenschaftlich in allem, was sie angefasst hat. Sie glaubte wirklich, hier in Kiruna und im Ort eine Berufung zu haben.
    Anna-Maria: Woher stammte sie ursprünglich?
    Erik Nilsson: Sie kam aus Uppsala. Ihr Vater war Probst. Wir haben uns kennen gelernt, als ich Physik studierte. Sie hat immer gesagt, dass sie gegen die Normalität kämpft. ›Sowie die Gefühle zu stark werden, setzt die Kirche eine Krisenkommission ein.‹ Sie redete zu viel und zu schnell und zu eifrig. Und sie wurde fast manisch, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Das konnte mich zum Wahnsinn treiben. Ich hab mir tausendmal gewünscht, sie wäre normaler. Aber… (resignierte Handbewegung) …wenn so ein Mensch weggerissen wird…dann ist das nicht nur mein Verlust.
    Sie hatte sich im Haus umgesehen. Auf Mildreds Seite im Doppelbett des Paares war alles leer. Keine Bücher. Kein Wecker. Keine Bibel.
    Plötzlich hatte Erik Nilsson hinter ihr gestanden.
    »Sie hatte ihr eigenes Zimmer«, sagte er.
    Es war ein kleines Mansardenzimmer. Vor dem Fenster gab es keine Blumen, sondern eine Lampe und einige Keramikvögel. Das schmale Bett war noch immer ungemacht, so, wie sie es sicher verlassen hatte. Ein roter Fleecebademantel war achtlos darübergeworfen worden. Auf dem Boden ein Stapel Bücher. Anna-Maria hatte sich die Titel angesehen. Oben lag die Bibel, dann gab es Sprache für einen erwachsenen Glauben, Biblisches Nachschlagewerk, einige Kinder- und Jugendbücher, Anna-Maria erkannte Pu der Bär , Anne auf Green Gables , unter allem lagen dann noch unendliche Mengen von herausgerissenen Zeitungsartikeln.
    »Hier gibt es nichts zu sehen«, sagte Erik Nilsson müde. »Hier gibt es nichts mehr zu sehen.«
    Das war seltsam, dachte Anna-Maria und faltete die Kinderkleider zusammen. Er schien seine tote Frau festzuhalten. Ihre Post lag ungeöffnet als großer Haufen auf dem Tisch. Auf ihrem Nachttisch stand ein Glas Wasser, daneben lag ihre Lesebrille. Alles andere war so aufgeräumt und sauber, aber er schaffte es nicht, auch sie wegzuräumen. Und es war ein schönes Zuhause. Wie aus einer Einrichtungszeitschrift. Aber dennoch hatte er gesagt, es sei kein Zuhause, sondern »zur Hälfte Pfarrhaus, zur Hälfte Hotel«. Und dann hatte er behauptet, sie »respektiert« zu haben. Seltsam.

REBECKA FUHR LANGSAM in die Stadt. Das grauweiße Mondlicht wurde vom Asphalt und der verfaulenden Laubdecke aufgesogen. Der Wind warf die Bäume hin und her, sie schienen sich fast hungrig nach

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