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Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Titel: Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asa Larsson
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hatte sie keine Fluchtmöglichkeit. Sie versuchte, in Richtung Treppenhaus und auf die Straße hinauszuhorchen. Die Schlüssel lärmten wie Kirchenglocken.
    Als sie beim dritten Safe angekommen war, ließ der Schlüssel sich problemlos im Schloss drehen. Das musste Mildred Nilssons Safe sein. Rebecka machte ihn auf und schaute hinein.
    Es war ein kleiner Safe. Er enthielt nicht viel, trotzdem war er fast voll. Eine Anzahl von Pappschachteln und kleinen Stoffbeuteln mit Schmuck. Perlenkette, einige schwere Goldringe mit Steinen, Ohrgehänge. Zwei schlichte Trauringe, die alt aussahen, sicher Erbstücke. Ein blauer Pappordner, der allerlei Papiere enthielt. Auch einige Briefe lagen im Safe. Die Adressen auf den Umschlägen waren in unterschiedlichen Handschriften geschrieben.
    Was mache ich jetzt, fragte sich Rebecka.
    Sie überlegte, was der Probst über den Inhalt des Safes wissen könnte. Ob er etwas vermissen würde?
    Sie holte Luft und ging dann alles durch. Saß auf dem Boden und hatte alles um sich herum ausgebreitet. Jetzt funktionierte ihr Kopf so wie früher, sie arbeitete rasch, nahm Informationen in sich auf, bearbeitete und sonderte aus. Eine halbe Stunde später schaltete Rebecka den Kopierer des Pfarrbüros ein.
    Die Briefe nahm sie so, wie sie waren. Vielleicht gab es darauf Fingerabdrücke oder Spuren. Sie steckte sie in eine Plastiktüte, die sie in einer Schublade gefunden hatte.
    Sie kopierte den Inhalt des blauen Ordners. Die Kopien legte sie dann zu den Briefen in die Plastiktüte. Sie stellte den Ordner zurück in den Safe, schloss ihn ab, löschte die Lampe und ging. Es war halb vier Uhr morgens.
    Anna-Maria Mella wurde davon geweckt, dass ihre Tochter Jenny sie am Arm zog.
    »Mama, da ist jemand an der Tür.«
    Das Kind wusste, dass es verboten war, zu ungewöhnlichen Zeiten die Haustür zu öffnen. Eine Polizistin in einem kleinen Ort konnte zu seltsamen Zeiten seltsamen Besuch bekommen. Zu Tränen gerührte Verbrecher, die die einzige Beichtmutter aufsuchen, die sie hatten, oder Kollegen mit ernsten Gesichtern, deren Autos schon mit laufendem Motor vor der Tür warteten. Und ab und zu, wenn auch nur sehr selten, war jemand wütend oder betrunken, meistens beides.
    Anna-Maria stand auf, sagte Jenny, sie solle sich zu Robert legen, und ging nach unten zur Tür. Ihr Mobiltelefon steckte in der Tasche ihres Bademantels, die Nummer der Wache hatte sie bereits eingegeben. Sie schaute zuerst durch das Guckloch und öffnete dann die Tür.
    Draußen stand Rebecka Martinsson.
    Anna-Maria bat sie herein. Rebecka blieb unmittelbar hinter der Tür stehen. Legte nicht ab. Wollte keinen Tee oder so.
    »Du ermittelst doch im Mord an Mildred Nilsson«, sagte sie. »Das sind Briefe und Kopien ihrer persönlichen Papiere.«
    Sie reichte Anna-Maria die Plastiktüte und erzählte, woher sie dieses Material hatte.
    »Du kannst sicher verstehen, dass es nicht so günstig für mich wäre, wenn herauskäme, dass ich es euch gegeben habe. Wenn du dir eine andere Erklärung ausdenken kannst, dann bin ich dankbar. Wenn nicht, dann…«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Dann muss ich eben die Konsequenzen tragen«, endete sie mit einem schiefen Lächeln.
    Anna-Maria schaute in die Tüte.
    »Ein Safe im Pfarrbüro?«, fragte sie.
    Rebecka nickte.
    »Warum hat niemand der Polizei gesagt, dass…«
    Sie unterbrach sich und sah Rebecka an.
    »Danke«, sagte sie. »Ich werde nicht verraten, woher wir das haben.«
    Rebecka wollte gehen.
    »Das war richtig von dir«, sagte Anna-Maria. »Und das weißt du auch, oder?«
    Es war schwer zu sagen, ob sie das meinte, was fast zwei Jahre zuvor in Jiekajärvi passiert war, oder ob sie von den Kopien in der Plastiktüte sprach.
    Rebecka machte eine Kopfbewegung. Es konnte ein Nicken sein. Aber auch ein Kopfschütteln.
    Als sie gegangen war, blieb Anna-Maria in der Diele stehen. Sie hätte laut schreien mögen. Zum Teufel, wollte sie brüllen. Wie um alles in der Welt konnten sie uns das hier vorenthalten?

REBECKA MARTINSSON sitzt auf dem Bett in ihrer Hütte. Sie kann die Umrisse der Stuhllehne vor dem grauen Rechteck des Fensters im Mondlicht genau erkennen.
    Jetzt, denkt sie. Jetzt müsste die Panik einsetzen. Wenn jemand das hier erfährt, dann bin ich geliefert. Ich werde wegen Hausfriedensbruchs und eigenmächtigen Vorgehens verurteilt werden und nie wieder Arbeit finden.
    Aber die Panik wollte nicht kommen. Es stellte sich auch keine Reue ein. Vielmehr war ihr jetzt leichter ums

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