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Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht

Titel: Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asa Larsson
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leichter, wo ihr Kinder nicht mehr zu Hause seid«, hatte sie gesagt. »Und wie sollte er denn zurechtkommen?«
    Magnus Lindmark sah die beiden Männer unten auf der Straße verschwinden. Er öffnete den Kühlschrank und wühlte darin herum. Holte eine Plastiktüte mit gefrorenem Hackfleisch heraus, legte sich mit einem neuen Bier auf das Wohnzimmersofa und schaltete den Fernseher ein. Es gab eine Reportage über kleinwüchsige Menschen, die armen Schweine.

REBECKA MARTINSSON KAUFT sich bei Mimmi eine Mahlzeit in einer Alupackung. Sie ist auf dem Weg nach Kurravaara. Wird dort vielleicht übernachten. Mit Teddy zusammen war es einfach nur schön, dort zu sein. Jetzt will sie es auf eigene Faust probieren. Sie will in die Sauna gehen und in den Fluss springen. Sie weiß, was das für ein Gefühl sein wird. Kaltes Wasser, spitze Steine unter den Füßen. Das heftige Einatmen, wenn man sich hineinfallen lässt und mit raschen Zügen losschwimmt. Und dieses unerklärliche Gefühl, alle Alter zugleich zu erleben. Sie ist dort mit sechs Jahren, mit zwölf Jahren, mit dreizehn Jahren geschwommen, bis sie aus der Stadt weggezogen ist. Es sind dieselben Felsen, dieselbe Uferlinie. Die gleiche kühle herbstliche Abendluft, die sich selbst wie ein Fluss über das Wasser zieht. Es ist wie eine russische Puppe, die endlich alle Teile in sich hat und Oberteil und Unterteil zusammendrehen kann und weiß, dass noch das letzte kleine Stück tief drinnen sicher verwahrt ist.
    Dann wird sie in der Küche essen und fernsehen. Sie kann beim Spülen das Radio laufen lassen. Vielleicht wird Sivving herüberkommen, wenn er Licht sieht.
    »Warst du heute wieder mit Teddy auf Abenteuer aus?«
    Diese Frage stammt von Micke, dem Gastwirt. Er hat liebe Augen. Die passen nicht so ganz zu seinen kräftigen tätowierten Armen, seinem Bart und dem Ohrring.
    »Ja«, antwortet sie.
    »Klasse. Mildred und er waren oft zusammen.«
    »Ja«, sagt sie.
    Ich habe etwas für sie getan, denkt sie.
    Jetzt bringt Mimmi Rebeckas Essen.
    »Morgen Abend«, sagt Micke, »hast du da Lust, bei uns hier einzuspringen? Es ist Samstag, alle haben die Ferien hinter sich, die Schule hat wieder angefangen, da wird hier ganz schön viel los sein. Fünfzig Mäuse die Stunde, zwischen acht und eins, und das Trinkgeld.«
    Rebecka schaut ihn überrascht an.
    »Sicher«, sagt sie und verbirgt ihre Belustigung. »Warum nicht?«
    Sie fährt los. Mit dem Gefühl, es faustdick hinter den Ohren zu haben.

GELBBEIN
    NOVEMBER. Das Dämmerlicht setzt grau und träge ein. Während der Nacht hat es geschneit, und noch immer segeln daunenleichte Flocken in dem dunklen Wald zu Boden. Von irgendwoher ist der Ruf eines Raben zu hören.
    Das Wolfsrudel schläft dicht zugeschneit in einer kleinen Senke. Nicht einmal die Ohren sind zu sehen. Bis auf einen haben alle Welpen den Sommer überlebt. Jetzt gehören elf Tiere zum Rudel.
    Gelbbein kommt auf die Beine und schüttelt sich den Schnee aus dem Fell. Wittert. Der Schnee hat sich wie eine Decke über alle alten Duftmarkierungen gelegt. Sie spannt alle Sinne an. Die scharfen Augen. Das wache Ohr. Und jetzt. Sie hört, wie ein Elch sich von seinem Nachtlager erhebt und vom Schnee befreit. Er ist einen Kilometer von ihr entfernt. Der Hunger macht sich in ihrem Bauch wie ein schmerzendes Loch bemerkbar. Sie weckt die anderen und gibt ihnen Zeichen. Sie sind jetzt viele und können große Beute jagen.
    Der Elch ist ein gefährliches Wildbret. Er hat starke Hinterbeine und scharfe Klauen. Mit Leichtigkeit kann er ihren Kiefer zerbrechen wie einen Zweig. Aber Gelbbein ist eine gute Jägerin. Und sie ist kühn.
    Das Rudel trabt langsam auf den Elch zu. Bald finden sie die Duftmarkierung. Mit gereiztem leisem Bellen und Anstupsen werden die Welpen, die jetzt sieben Monate sind, in die Nachhut verbannt. Sie haben schon angefangen, Kleinwild zu jagen, aber bei der jetzt bevorstehenden Hatz müssen sie sich mit Zuschauen begnügen. Sie wissen, dass etwas Großes bevorsteht, und sie zittern vor unterdrückter Aufregung. Die älteren sparen ihre Kräfte. Nur die ab und zu erhobenen Nasen zeigen, dass hier nicht die Rede von einer normalen Wanderung sein kann, sondern von einer anstrengenden Jagd. Ein Misserfolg ist wahrscheinlicher als ein Erfolg, aber Gelbbeins Schritte künden von Entschiedenheit. Sie hat Hunger. Und jetzt arbeitet sie die ganze Zeit hart für das Rudel. Wagt nicht mehr, die anderen zu verlassen, um ihrer eigenen Wege zu gehen. Sie

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