Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
abgekriegt hat. Bleib also ganz ruhig. Sitz jetzt still im Boot.«
»Erzähl mir bloß nichts von ruhig bleiben«, faucht Diddi.
Mauri hebt überrascht die Augenbrauen. Ein Wutanfall von Diddi. Das hat er nicht mehr erlebt, seit Diddi ihn damals im Studentenheim aufsuchte und Geld wollte. Als diese Spanierin ihm den Laufpass gegeben hatte. Herrgott, das ist ein ganzes Leben her.
»Bilde dir ja nicht ein, dass ich die Schuld auf mich nehme, wenn die Geschichte herauskommt«, knurrt Diddi. »Ich werde mit dem Finger auf dich zeigen, da kannst du sicher sein.«
»Tu das«, sagt Mauri Kallis eiskalt. »Aber geh jetzt bitte.«
Er überlegt eine Weile, nachdem Diddi mit der Tür geknallt hat. Diddi hat ihm ein wenig Angst gemacht. Aber er hat nicht vor, in Panik zu verfallen. Er weiß, dass er rational und durchdacht handelt.
Das Letzte, was er im Moment braucht, ist ein Journalist, der in den Angelegenheiten der Gesellschaft herumschnüffelt. Wenn man es ein wenig zurückverfolgt, wird man Mauri Kallis bei denen finden, die nach dem Absprung von Quebec Invest Aktien von Northern Explore gekauft und nach der Meldung der Goldfunde verkauft haben. Wenn jemand die Geldströme anderer Geschäfte innerhalb der Gesellschaftssphäre untersucht, wird er sehen, dass die zu einer Bank in Andorra führen. Und dann ist er schon gefährlich dicht am Ziel. Wenn jemand einen Waffenlieferanten findet, der Informationen darüber herausrückt, dass die Bezahlung von Kadagas Waffen über Andorra gelaufen ist …
Als Mauri Kallis also das nächste Mal mit seinem Sicherheitschef spricht, sagt er:
»Ich habe ein Problem. Und ich könnte einen diskreten Mann mit deinen Fähigkeiten brauchen, um dieses Problem zu lösen.«
Mikael Wiik nickt. Er sagt nichts, er nickt nur. Am nächsten Tag gibt er Mauri eine Telefonnummer.
»Ein Problemlöser«, sagt er kurz. »Sag, du hast die Nummer von einem guten Freund.«
Auf dem Zettel steht kein Name. Nur eine Nummer. Die Vorwahl ist die der Niederlande.
Mauri kommt sich plötzlich vor wie in einem schlechten Film, als er am nächsten Tag diese Nummer anruft. Eine Frau meldet sich mit »hallo«. Mauri lauscht gespannt ihrer Stimme, ihrer Intonation, er horcht auf Hintergrundgeräusche. Sie hat einen Akzent, glaubt er. Die Stimme ist ein wenig belegt. Eine etwa vierzig Jahre alte tschechische Raucherin?
»Ich habe Ihre Nummer von einem Freund«, sagt er. »Einem guten Freund.«
»Eine Beratung kostet zweitausend Euro«, sagt die Frau.
»Danach bekommen Sie ein Angebot.«
Mauri feilscht nicht um den Preis.
Mikael Wiik ließ die Sicherheitsleute in zwei Schichten essen. An der Organisation war nichts auszusetzen. Die schwedischen Jungs hatte er selbst ausgesucht, und sie bewunderten ihn. Sie beneideten ihn um seinen Job bei Mauri Kallis, der war wirklich erste Sahne. Er glaubte auch, bei den Jungs von Sneyers einen Unterschied zu bemerken. Größeren Respekt.
»Nice place«, sagte einer von ihnen mit einer Kopfbewegung, die den ganzen Herrensitz umfasste.
»Besser als ein Orden vom französischen Verteidigungsminister«, sagte ein anderer.
Das wussten sie also. Daher der neue Respekt. Zeichen dafür, dass auch Gerhart Sneyers den Überblick hatte, über Kallis und über seine Entourage.
Und sie hatten recht. Es war besser, für Kallis zu arbeiten als bei der Eingreiftruppe.
»Da unten war es hart, was? Es gehört ganz schön viel dazu, ehe die Franzosen einem Ausländer einen Orden geben.«
»Den hat doch der Chef gekriegt«, sagte Mikael Wiik ausweichend.
Er wollte nicht darüber reden. Seine Freundin weckte ihn manchmal nachts, schüttelte ihn. »Du schreist«, sagte sie dann. »Du weckst das ganze Haus.«
Und dann musste er aufstehen. In Schweiß gebadet.
Die Erinnerungen drängten sich auf. Sie warteten, bis er schlief. Sie waren mit der Zeit nicht verblasst. Sondern im Gegenteil. Die Geräusche waren deutlicher geworden, die Farben und Geräusche schärfer.
Es gab Geräusche, die ihn wahnsinnig machten. Das Summen einer Fliege zum Beispiel. Einige Male hatte er einen ganzen Vormittag damit verbracht, in der Hütte seiner Freundin Fliegen zu jagen. Am liebsten war er im Sommer in der Stadt.
Wolken aus Fliegen. Das ist Kongo-Kinshasa. Ein Dorf in der Nähe von Bunia. Mikael Wiiks Gruppe ist zu spät gekommen. Die Bewohner des Dorfes liegen zerfetzt und zerhackt vor ihren Häusern. Körper ohne Kleider. Kinder mit aufgeschlitzten Bäuchen. Drei Mitglieder der
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