Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
eingeladen.
Zweihundert Meter vor dem ersten Eisentor passierte er Mauris Frau Ebba auf einem schwarzen Pferd. Er verlangsamte rechtzeitig sein Tempo und winkte freundlich. Ebba winkte zurück. Im Rückspiegel sah Mikael das Pferd einige Tanzschritte machen, als die Eisentore geöffnet wurden, der Wagen hatte ihm keine Angst eingejagt.
Scheißgäule, dachte Mikael, als er durch das andere Eisentor fuhr. Die kapieren einfach nicht, was wirklich gefährlich ist. Bäumen sich auf, bloß weil auf dem Weg ein Stöckchen liegt, das gestern noch nicht da war.
Mauri Kallis saß schon im Esszimmer. Einen Stapel Zeitungen, zwei schwedische, die restlichen aus dem Ausland, neben seiner Kaffeetasse.
Mikael Wiik sagte Guten Morgen und nahm sich Kaffee und ein Croissant. Er hatte schon richtig gefrühstückt, ehe er zu Hause weggefahren war. Er war keiner, der vor den Augen seines Arbeitgebers Haferbrei spachtelte.
Niemand kennt einen Mann so gut wie sein Leibwächter, dachte er und setzte sich. Er wusste, dass Mauri Kallis seiner Frau treu war, außer wenn ein Geschäftspartner zum Dessert Mädels anbot. Oder wenn Kallis selbst einlud und wusste, dass der Fisch das brauchte, wenn er anbeißen sollte. Aber dann gehörte es zur Arbeit und zählte nicht.
Kallis trank auch nicht viel. Mikael Wiik hatte den Verdacht, dass Kallis und Inna und Diddi Wattrang das früher anders gehandhabt hatten. Und sicher hatte Kallis in den beiden Jahren, in denen Michael Wiik nun schon für ihn arbeitete, mit Inna das eine oder andere Glas und noch mehr konsumiert. Aber bei der Arbeit – nein. Vor Geschäftsessen und Restaurantrunden gehörte es zu Mikael Wiiks Aufgaben, mit Bar- und Servierpersonal zu sprechen und dafür zu sorgen, dass Mauri Kallis unbemerkt alkoholfreie Getränke und Apfelsaft anstelle von Whisky serviert wurden.
Mauri Kallis wohnte in Hotels mit guten Sportanlagen, wenn er unterwegs war, und trainierte morgens früh im Fitnessraum. Er aß lieber Fisch als Fleisch. Er las Biografien und Sachbücher, keine Romane.
»Innas Beerdigung«, sagte Mauri Kallis zu Mikael Wiik. »Ich wollte Ebba bitten, sich darum zu kümmern, also sprich du mit ihr darüber. Die Besprechung mit Gerhart Sneyers können wir nicht absagen, er kommt übermorgen mit dem Flugzeug aus Belgien oder Indonesien, also werden wir hier zu Abend essen, und dann fahren wir zur Besprechung am Samstagmorgen. Es kommen mehrere vom African Mining Trust, spätestens morgen Nachmittag bekommst du eine vollständige Liste. Sie haben natürlich ihre eigenen Sicherheitsleute, aber ja, du weißt schon …«
Ich weiß, dachte Mikael Wiik. Die Herren, die nach Regla unterwegs waren, waren gut bewacht und paranoid, und vereinzelt hatten sie auch ihre Gründe dafür.
Gerhart Sneyers zum Beispiel. Besitzer von Bergwerken und Ölgesellschaften. Aufsichtsratsvorsitzender des African Mining Trust, eines Zusammenschlusses von ausländischen Gesellschaftseignern in Afrika.
Mikael Wiik konnte sich an die erste Begegnung von Mauri und Gerhart Sneyers erinnern. Mauri und Inna waren nach Miami geflogen, nur um ihn zu treffen. Mauri war nervös gewesen, Mikael Wiik hatte ihn noch nie so erlebt.
»Wie sehe ich aus?«, hatte Mauri Inna gefragt. »Ich nehme einen anderen Schlips. Oder lieber doch nicht?«
Inna hatte ihn daran gehindert, zurück auf sein Zimmer zu gehen.
»So bist du perfekt«, hatte sie ihm versichert. »Und vergiss nicht, Sneyers hat um dieses Treffen gebeten. Also muss er es sein, der nervös ist und dir um den Bart streicht. Du kannst einfach …«
»Mich zurücklehnen und zuhören«, hatte Mauri gesagt wie auswendig gelernt.
Sie hatten sich im Foyer des Avalon getroffen. Gerhart Sneyers war ein gepflegter Mann um die fünfzig. Einige graue Einsprengsel im üppigen roten Schopf. Hübsches Gesicht, auf eine maskuline, kantige Weise. Weiße Haut voller Sommersprossen. Er begrüßte zuerst Inna, wie ein Mann von Welt, danach Mauri Kallis. Die Leibwächter wurden übersehen, sie nickten einander kaum merklich zu, immerhin waren sie Arbeitskollegen.
Sneyers hatte zwei Männer, die ihn bewachten. Sie trugen Sonnenbrillen und Anzüge, sahen aus wie Mafiosi. Mikael Wiik kam sich vor wie ein Bauerntrottel in seiner minzgrünen Jacke und der Schirmmütze. Seine innere Abwehr lief vor abschätzigen Gedanken heiß.
Fettsack, dachte er über den einen Leibwächter. Würde nie mehr als zweihundert Meter schaffen. Und das nicht mal in einer guten Zeit.
Rotzbengel, dachte
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