Rebella - Alpenblues & Huettenflirt
Aber ich kann ja nicht den ganzen Abend eine Show abziehen«, stöhnte er und widmete sich wieder seiner Brotzeit. Kauend und kopfschüttelnd beobachtete er, wie die Sänger ihre Lieder trällerten, dabei aber mit dem Rücken der Messer den Takt auf den Tischen klopften.
»Hey, hörst du mir überhaupt zu?«, fragte Theresa in diesem Augenblick und boxte Sara zum dritten Mal energisch in die Seite.
»Du hast mich gefragt, wer es wagt, Eric morgen früh zu wecken«, flüsterte Sara zurück, worauf Theresa zufrieden nickte.
»Genau. Der wirkt immer wie eine Granate kurz vorm Losgehen. Ich bin jedenfalls nicht scharf darauf, mit so einem in aller Frühe im Gebirge herumzukraxeln, ich halte mich lieber an Toni, der sieht vertrauenerweckender aus.« Sie schmachtete mal wieder in Tonis Richtung, der allerdings für Jenny den Suppentopf hielt und ihren Blick nicht bemerkte.
Wollte Theresa etwa andeuten, Nele könnte morgen Unterstützung benötigen? Prompt schlug bei Sara das schlechte Gewissen zu. Nele mit Leo und diesem Eric allein in der gefährlichen Wildnis? Unerträglich. Sie zögerte kurz, dann holte sie entschlossen Luft.
»Nele, also, wenn dir das morgen früh zu heftig ist und du mich brauchst, dann komme ich natürlich mit, ja?« Das war ein riesiges Opfer, ein echter Freundschaftsbeweis, und Nele wusste sofort Bescheid. Sara brachte das Angebot eine dicke Umarmung ein, die ihr fast die Luft abklemmte. Als Neles Begeisterung abebbte, meinte sie: »Ich schaff das schon, keine Angst. Leo ist ja dabei und im Zweifelsfall hänge ich Typen wie Eric in Windeseile ab. Vergiss nicht, ich bin flink wie ein Bergwiesel und stark wie ein Yeti. Da hab ich schon ganz andere gesehen, die es mit mir aufnehmen wollten.«
Der winzig kleine Nadelstich in Saras Bauch zeigte ihr, dass sie neidisch war. Nur ein bisschen, weil Nele ja ihre Freundin war. Wenn sie nur ein wenig mehr wie Nele sein könnte, selbstbewusst, cool, sportlich, stark, dann hätte sie heute an der Höllenstelle nicht gekniffen, dann würde ihre Familie auch nicht so auf ihr draufhocken und glucken, das wusste sie sicher. Wenn sie nur annähernd so souverän im Umgang mit einschüchternden Typen wie Eric wäre, dann würde sie ihren Geschwistern endlich mal kräftig die Meinung geigen, damit sie sich aus ihrem Liebesleben heraushielten, ob vorhanden oder nicht.
»Wärst du mitgekommen, wenn Toni sich gemeldet hätte?« fragte Nele Theresa, die mit griesgrämigem Gesicht über ihrem Teller saß, was natürlich daran lag, dass Toni den Suppentopf mittlerweile Sofia anbot, die mit einem riesigen Theater ein Löffelchen nach dem anderen abschöpfte.
»Natürlich wäre ich das. Jetzt schaut euch mal an, wie die sich an Toni ranmachen«, beschwerte sich Theresa bitterlich. »Das ist soooo ungerecht. Ich sitze total falsch.«
»Wart’s nur ab, es gibt noch viele Vespern, wir sind doch ganz am Anfang der Tour. Schau, da ist wieder der Wirt, der sagt uns bestimmt gleich, wo wir schlafen werden«, beschwichtigte Sara.
»So, willkommen auf der Hütte«, wurden sie noch einmal begrüßt. »Es wird a weng eng hier, des habt ihr ja schon gehört. Ihr geht alle ins Matratzenlager unters Dach. Die Bubn rechts, die Madeln links, und wenn’s zu ’nem Durcheinander kommt, gibt’s a jesesmäßiges Donnerwetter, klar?«
Gekicher und freche Sprüche waren die Antwort, und mit Gekicher und sehr, sehr blöden Sprüchen ging es auch abends weiter. Alle wollten ganz früh ins Matratzenlager. Zum einen, um der immer lauter werdenden Singvogelwandergruppe zu entkommen, die offensichtlich mit ihrem Trallala die Hütte zum Einstürzen bringen wollte, zum anderen, um sich die besten Schlafplätze zu sichern. Nele, Theresa und Sara lagen natürlich nebeneinander. Brav mit den anderen Mädchen in einer Reihe.
»Wie die Ölsardinen«, lästerte Sofia, die sich beschwerte, nicht genügend Platz zu haben.
»Oder wie Spargel in der Auslage«, mischte sich Marisa ein.
Sofia gackerte laut los. »Das ist doch eher bei den Jungs so.« Worauf der Witz für Sara keiner mehr war. Schon wieder Anzüglichkeiten. Energisch schüttelte sie ihren Schlafsack auf und fing Nele und Theresa damit ein, die an ihren Matratzen herumschoben. Allzu viel Möglichkeiten, sich mehr Platz zu verschaffen, hatten sie nicht. Tatsächlich gab es nur »links« und »rechts« mit einem schmalen Gang in der Mitte und Brettern als Abgrenzungen, wie in einem altmodischen Gemüsegarten.
»Verwanzt noch mal«,
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