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Rebellen der Ewigkeit

Rebellen der Ewigkeit

Titel: Rebellen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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verschwunden war, beschloss Willis, die Strecke zurück zu Fuß zu gehen.
    Die Straßen waren noch voller Menschen. Einige kamen vom Einkaufen, andere von der Arbeit und wieder andere waren auf dem Weg ins Kino, ins Theater oder in ein Restaurant. Die Passanten waren in Gruppen unterwegs, es wurde gescherzt und gelacht. Taxis glitten wie eine lange gelbe Schlange langsam am Bordsteinrand entlang, um nur ja keinen Fahrgast zu verpassen.
    Willis blieb vor einem Kino stehen und betrachtete die Plakate. Er hatte nicht vor, sich einen Film anzusehen, aber es war ein angenehmes Gefühl, sich inmitten so vieler Menschen zu befinden und doch allein zu sein. Es erinnerte ihn an die Zeit im Waisenhaus. Auch dort hatte er sich fast ständig in der Gesellschaft anderer Jungen befunden und gelernt, sich im Kopf trotzdem seinen eigenen, privaten Raum zu schaffen.
    Eine Reflexion in der Glasscheibe ließ ihn herumfahren. In der Menge der Besucher, die sich vor dem Kinoeingang drängelten, glaubte er, einen bekannten Kopf erkannt zu haben: einen mit blondem Stoppelschnitt.
    Einer der beiden Killer? Waren sie ihm etwa doch gefolgt?
    Er zog sich ein paar Meter vom hell erleuchteten Kinoeingang zurück und studierte die Wartenden, bereit, sofort das Weite zu suchen, sollte sich seine Befürchtung tatsächlich bestätigen.
    Unter den Wartenden befanden sich wirklich mehrere hellhaarige Männer, aber keiner von ihnen sah seinem Verfolger ähnlich. Erleichtert atmete Willis durch. Er musste aufpassen, keinen Verfolgungswahn zu bekommen. Karelias und Valeries Sorgen in allen Ehren – er glaubte nicht daran, dass ihm von den beiden noch irgendeine Gefahr drohte. Deshalb hatte er Karelias Angebot, bei ihr zu übernachten, auch nur aus Höflichkeit angenommen. Eigentlich wollte er so schnell wie möglich in seine eigene Wohnung zurück, denn nur dort fühlte er sich zu Hause.
    Er setzte seinen Weg fort. Zwei Straßen weiter lockten ihn die Düfte, die aus einem libanesischen Schnellrestaurant kamen. Er bestellte eine große Falafel und eine Cola und nahm an einem wackligen Resopaltisch am Fenster Platz. Außer ihm waren kaum Menschen im Lokal. Eine junge Frau mit einem Kleinkind auf dem Arm scherzte mit einem der Männer hinter dem Tresen, und am Tisch neben ihm saß ein jugendliches Pärchen, das mehr miteinander als mit dem Essen beschäftigt war.
    Seine Gedanken kehrten zu Valerie zurück. Er kannte sie zwar erst seit zwei Tagen, aber schon jetzt war ihm klar, dass er sie sehr mochte. Obwohl sie so völlig anders war als er – oder vielleicht gerade deswegen.
    In der Zeit seit seinem Auszug aus dem Waisenhaus hatte er ein paar oberflächliche Beziehungen zu Mädchen unterhalten, nichts, was über einen harmlosen Flirt oder einen gemeinsamen Kinobesuch hinausgegangen wäre. Er wusste nicht, warum, aber die meisten Mädchen nervten ihn bereits nach kurzer Zeit. Kaum reichte er ihnen den kleinen Finger, wollten sie gleich die ganze Hand. Sie hängten sich an ihn wie eine Klette und wollten jeden Abend und möglichst auch noch am Wochenende etwas gemeinsam unternehmen. Willis war das zu viel. Er hatte nicht vor, seine soeben errungene Selbstständigkeit so schnell wieder aufzugeben. Er genoss seine Unabhängigkeit, die Stunden ohne Arbeit, in denen er machen konnte, was er wollte: einfach nur abhängen, Musik hören, seinen Hamster beobachten oder ziellos durch die Straßen der Stadt streifen. Die Mädchen bekamen das schnell mit und suchten sich lieber einen anderen Freund, der eher bereit war, ihren Wünschen entgegenzukommen.
    Bei Valerie war das anders. Sie machte überhaupt nicht den Eindruck, als ob sie etwas von ihm wollte. Trotz ihrer scheinbaren Zerbrechlichkeit schien sie ganz gut in ihrem Leben zurechtzukommen. Und dennoch hatte er das Gefühl, er müsse sie vor den Gefahren der Welt beschützen.
    Willis seufzte leise. War das, was in ihm vorging, etwa der Anfang dessen, was man Verliebtsein nannte? Es war eine für ihn neue Empfindung, und er wusste nicht recht, wie er damit umgehen sollte. Also tat er das, was er in ähnlichen Situationen immer machte: Er hörte auf, darüber nachzudenken, und ließ die Dinge auf sich zukommen.
    Er brachte seinen leeren Teller und das Glas zur Theke zurück, verließ das Lokal und machte sich auf den Weg zu Karelias Haus.

 
    ZUR SELBEN ZEIT,
IRGENDWO ÜBER DEM PAZIFIK …

 
    Leutnant John Taylor schob den Joystick nach vorn, und sein Düsenjet ging in den Sinkflug. Die Wolkendecke hing fast

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