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Rebellen: Roman (German Edition)

Rebellen: Roman (German Edition)

Titel: Rebellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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vor ihren Mund. Anita zuckte noch etwas und lag dann still.
    Und nun?
    Anitas Hände wanderten nach unten. Mit der Linken schob sie den Slip zur Seite, mit der anderen Hand fischte sie seinen Schwanz und schob ihn dorthin, wo es warm und nass war.
    »Mach«, sagte sie halblaut.
    Das tat er. Er kam sofort, kurz und flach.
    Anita drückte ihn zur Seite und sprang auf. Die Dusche rauschte.
    Paul, der noch nicht wusste, wie fatal die Kombination vonGeilheit und Verklemmtheit war, hob den Kopf und versuchte zu verstehen, was gerade geschehen war.
    Später brachte sie ihn zum Heim zurück. Während der Fahrt sprach keiner von beiden, doch als sie das Cabriolet neben dem Eingang anhielt, sagte sie leise: »Das war sehr schön.«
    Paul stieg aus und sah, wie ihr Auto auf der Händelstraße immer kleiner wurde.
    »Wenn Sex so ist«, sagte er laut zu sich selbst, »dann will ich nichts damit zu tun haben.«

34. Paul
    Im Dezember 1967 beschloss der Freiburger Stadtrat eine Erhöhung der Preise für Straßenbahnen und Busse. Drastische Erhöhungen. Fast um die Hälfte würde das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln teurer werden. Paul rechnete. Alexander rechnete. Strunz rechnete. Alle rechneten. Und fluchten.
    Dann kam Weihnachten, und Paul fuhr mit dem braun-weißen Freifahrtschein der Bahn zu seiner Mutter und ihrem neuen Mann. Der neue Mann musterte ihn misstrauisch. Mama war anders als sonst, sie war ganz klein und ganz still, wenn er etwas sagte. Paul mochte das nicht. Immerhin brutzelte sie ihm, was er am liebsten aß: Bratkartoffeln. Mit Zwiebeln. Vor allem aber: Sie schenkte ihm zu Weihnachten ein Uher-Tonbandgerät. Das war große Klasse. Jetzt konnte er die Hits aus dem Radio und dem Beat-Club aufnehmen und Alexander vorspielen.
    Aber die Mutter wollte ihm das Gerät nicht mitgeben, es sollte bei ihr bleiben für die Tage, wenn er sie besuchte. »In Freiburg kommt es doch nur weg«, sagte sie.
    Paul protestierte. Er bettelte. Er fluchte. Vergebens.
    Er war fast froh, als er wieder im Zug nach Freiburg saß. Er hatte das Abteil schon verlassen und stand an der Tür des Schnellzuges, als dieser langsamer wurde, an Herdern vorbeifuhr. Durch das Fenster sah er das Heim an sich vorbeiziehen. Plötzlich brach er in Tränen aus. Er wollte das nicht, aber er konnte nicht anders. Er heulte, bis die Rotze floss. Eine Frau, die ebenfalls in Freiburg aussteigen wollte, reichte ihm ein Taschentuch, mit dem er sich die Augen wischte und die Nase schnäuzte. Was ist denn mit dem, wollte ein Mann von ihr wissen. Ich weiß es nicht, sagte sie. Vielleicht hat er Liebeskummer, in dem Alter.
    Da musste Paul lachen. Das Heulen schlug plötzlich um, er lachte und heulte gleichzeitig, bis der Zug im Freiburger Bahnhof hielt.

    Auch Alexander fluchte über die Fahrpreiserhöhungen. Seine Mutter hatte es abgelehnt, das Taschengeld entsprechend zu erhöhen. Sie wollte nur die Hälfte beisteuern.
    Sie saßen auf Pauls Bett und hörten zum wiederholten Mal Toad, Ginger Bakers endloses Schlagzeugsolo.
    »Guck mal hier«, sagte Paul und zog den neuesten Spiegel vom Tisch.
    Er las ihm vor: Was Gewerkschaftstrotz und Hausfrauenproteste in der Bundesrepublik nicht zuwege bringen, haben Pennäler und Lehrlinge in Bremen erreicht: Preissenkung.
    Nach Demonstrationen, Tumulten und Knüppelaktionen, wie sie sich im kleinsten deutschen Bundesland noch nie ereignet hatten, beugte sich letzte Woche in Bremen die Staatsgewalt dem Schülerstreich: Der Regierungschef der Hansestadt, Bürgermeister Hans Koschnick, 38, trat am Mittwoch auf dem Domshof hinter dem Rathaus vor das junge Volk und versicherte, die eben erhöhten Straßenbahntarife würden wieder gesenkt.
    Wieso gerade dort, wo die Linke regiert, ein jugendlicher Sturm losbrach, der nicht von rechts kam, scheint rätselhaft. Bremen hat nicht einmal eine Universität, in der sich – wie andernorts – die Unruhe hätte entzünden können. Auf dem Gelände, auf dem dereinst eine Hochschule errichtet werden soll, grasen noch die Kühe.
    »Pennäler und Lehrlinge«, sagte Paul.
    »Das läuft in Freiburg nicht. Hier ist doch alles schon scheintot.«
    Und doch – es lag etwas in der Luft.
    Zunächst nur ein Geflüster.
    Dann ein Raunen.
    Ein Gerücht. Es ging von Mund zu Mund.
    Dann schließlich Gewissheit: Am Montag, dem 1. Februar 1968, kursierte in der großen Pause ein Flugblatt in der Gewerbeschule:
    Wir sind nicht machtlos!
    Kommt alle! Heute!
    Um 13 Uhr. Am Bertoldsbrunnen.
    Das war das

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