Rebellin der Liebe
flatterte, hing inzwischen verkehrt herum. Statt also mit den Vorderhufen in die Luft zu treten, hielt der mächtige Hirsch, das kraftvolle Herz von einem Weidenzweig durchbohrt, den Kopf scheinbar verlegen gesenkt.
Bannor setzte sein gnadenlos sanftmütiges Lächeln auf, das bisher noch jeden seiner würdigsten, tapfersten Gegner dazu veranlasst hatte, die totale Unterwerfung zu erflehen. »Ich will, dass ihr sie mir bringt.«
Trotz der durch das Fenster fallenden warmen Sonnenstrahlen zog sich Willow erschaudernd in die Dunkelheit des Turmzimmers zurück. Sie hätte sich beinahe gewünscht, einen Holzladen zu haben, der sich geräuschvoll schließen ließ. Das durchsichtige Glas war viel zu zart, um sie vor der animalischen Glut in Bannors Blicken zu schützen, dachte sie.
Obgleich sie die Befehle, die er seinen im Hof versammelten Männern erteilte, nicht verstand, konnte sie sich bestens vorstellen, was er zu ihnen sprach. Bannor war deutlich anzusehen, dass er das in die Tür ihres Kleiderschranks über dem röhrenden Hirsch eingravierte Familienmotto - Sieg oder stirb - beherzigte. Trotzig reckte sie das Kinn. Wenn er sie schon nicht durch seine Gleichgültigkeit hatte erobern können, so gewann er sie ganz sicher nicht durch seine offene Feindseligkeit.
Die Hände in die Hüften gestemmt drehte sie sich zu ihrem eigenen Trupp herum. Anders als Bannors Männer standen sie nicht in einer ordentlichen Reihe, hatten nicht die Schultern gestrafft und blickten nicht stur geradeaus. Sie alberten im Zimmer herum, erfüllten aber eifrig die ihnen von Willow übertragenen Aufgaben, wobei ihre Konzentration regelmäßig durch fröhliches Kichern oder ein kurzes Gerangel unterbrochen wurde, wenn man sich bezüglich einer Vorgehensweise nicht sofort einig war. Es war erst später Vormittag, und Willow hatte bereits zwei Faustkämpfe beendet und eine Flut trotziger Tränen zum Versiegen gebracht. Letztere war von Beatrix verursacht worden, da diese empört darüber war, dass sie mit ihren zarten Händen Tischbeine zu Pfeilen verarbeiten sollte.
Willow rollte die Augen himmelwärts. Bannors zarte ersten beiden Ehefrauen, Mary und Margaret, rotierten sicher entsetzt in ihren Gräbern, wenn sie sehen könnten, was Willow und die Kinder aus ihrem eleganten Schlafzimmer gemacht hatten.
Keil und Edward hatten die purpurnen Seidentücher von den Wänden gerissen und machten breite, über den Tuniken zu tragende Schärpen daraus. Der feine norwegische Holzboden wies bereits zahlreiche Narben auf, denn Ennis und Hammish hatten sämtliche unwichtigen Möbelstücke aus dem Zimmer gezerrt und als provisorische Barrikade die Wendeltreppe hinuntergeschubst. Mary und Mary Margaret hatten die Bettvorhänge heruntergerissen und fertigten daraus Verbände an. Obgleich bisher keiner aus der Truppe etwas Schlimmeres als einen Splitter in einem Finger oder ein aufgeschürftes Knie davongetragen hatte, war Willow der Überzeugung, dass man besser auf alles vorbereitet war.
Die jüngsten Kinder puhlten die Federn aus der Matratze, um sie Desmond auszuhändigen, damit dieser sie zusammen mit einem Fass Pech zum Schmücken einer Gruppe schlafender Knappen verwenden konnte. Die Kinder brauchten keine Betten. Sie schliefen lieber, ganz die Soldaten, die sie so gerne wären, in Decken gehüllt auf dem blanken Fußboden.
Letzte Nacht hatte sich Willow dort zu ihnen gesellt. Es hatte etwas eigenartig Tröstliches, von ihren warmen, kleinen Leibern umgeben zu sein. Als sie in der Dunkelheit gelegen und auf ihr Schnarchen und Seufzen gelauscht hatte, hatte sie erkannt, dass sie etwas hatte, was ihr seit allzu langer Zeit verwehrt gewesen war - wirklichen Spaß.
Plötzlich brach zwischen Keil und Edward ein lautstarker Streit um eine der Schärpen aus. Willow wollte gerade vermittelnd einschreiten, als Desmond aus dem Schrank gepurzelt kam.
Es hatte sie schockiert zu entdecken, dass in ihrem eigenen Kleiderschrank der Zugang zu einem der von Desmond an jenem schicksalsträchtigen Abend am Pranger beschriebenen Geheimgänge verborgen war. Die überall in der Burg verteilten Gänge und Gucklöcher machten es ihnen jedoch möglich, unbemerkt zu kommen und zu gehen. Bannor mochte ein meisterhafter Stratege sein, aber bisher hatte er noch nicht herausgefunden, wie Willow und die Kinder von seinen Plänen erfuhren, noch während er sie schmiedete.
Willow setzte ein beinahe boshaftes Lächeln auf. Hätte er mehr Zeit mit seinen Kindern und weniger Zeit
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