Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)
wehtun.«
Der Duke stand einfach nur da, türmte sich schweigend vor ihr auf, die Augen im Licht glitzernd.
Ihr war übel – weil sie an alledem schuld war. Sie stammelte weiter, und sein Schweigen ließ ihre Verzweiflung immer grö ßer werden. »Sie müssen mir glauben. Sie glauben mir doch, oder? Raeburn – verdammt, nun sagen Sie doch was!«
Auf ihren Ausbruch folgte eine abrupte, entsetzte Stille, und ihr Schwur schien immer noch durch die Luft widerzuhallen. Raeburn machte den Mund auf und wieder zu. Dann stürzte er sich so abrupt auf sie, dass Victoria keine Zeit zum Reagieren blieb. Plötzlich lag sie in seinen Armen und atmete, den Kopf an seine Schulter gepresst, seinen Duft.
»Gott, Victoria, ich dachte, Sie würden mich hassen«, keuchte er in ihr Haar.
»Wie könnte ich Sie hassen? Ich bin diejenige, die Sie so verletzt hat …«
»Das konnten Sie nicht wissen, und es war meine Entscheidung. Ich hätte nach dem Hut suchen können. Ich hätte Sie in die Schäferhütte zurückbringen können.«
Sie ließ sein Jackett los, wich zurück und sah zu ihm auf. »Aber das haben Sie nicht. Sie wussten, was passieren würde, und haben nicht einmal angehalten und nachgesehen.«
Raeburn schüttelte den Kopf und sagte: »Wie auch? Sie waren verletzt und hätten sterben können nach allem, was ich wusste.«
»Aber ich wollte doch gehen«, flüsterte sie.
»Sie haben es nur versucht«, erinnerte er sie.
»Das hat keine Rolle gespielt?«
Er zog sie an sich und wiegte sie zärtlich. »Mehr als ich sagen kann.«
Ihre Kehle wurde eng. »Warum haben Sie nichts gesagt? Warum haben Sie es nicht gesagt, als ich gefragt habe?« Victoria schüttelte den Kopf. »Ich habe Ihnen alles erzählt, was Sie wissen wollten, und Sie mir nichts.«
Seine Hände glitten über ihren Rücken an ihre Ellenbogen, und er verharrte reglos. »Und Sie haben sich betrogen gefühlt.«
»Betrogen vielleicht nicht, eher ausgenutzt. Aber wie hätte ich mich sonst auch fühlen sollen?«
Er ließ ein kurzes freudloses Lachen hören. »Darüber habe ich nie nachgedacht, Egoist, der ich bin. Ich habe immer nur daran gedacht, was Sie von mir denken würden …«
»Und was hätte das sein sollen?« Victoria sah in sein von Blasen übersätes, geschwollenes Gesicht und entdeckte einen Schmerz, der mit den Verletzungen nichts zu tun hatte.
»Ich dachte, Sie würden mich schrecklich finden – ›missgebildet‹, wie Sie das am Tag Ihrer Ankunft genannt haben. Ich dachte, Sie würden Angst haben oder mich bemitleiden, als sei ich ein krankes Schoßtier.«
»Wenn Schmerzen ertragen zu müssen schrecklich ist; wenn Angst haben heißt, sich um Sie zu ängstigen, und Mitleid haben, dass ich wünschte, ich könnte irgendetwas für Sie tun – dann erkläre ich mich schuldig.« Sie biss sich auf die Lippe und legte die Hände um seine Rechte. »Sie wissen, dass all das gar nicht meinem Charakter entspricht.«
»Sie sind eine harte Frau«, sagte er ruhig.
Jetzt war es an Victoria, bitter zu lachen. »Ja, steinhart. Und das von einem Mann, der mich anfangs nicht ernst genommen hat.«
Raeburn seufzte. »Bin ich ein solcher Idiot?«
Victoria umklammerte sein Jackett. »Ein Idiot und ein blinder Mann dazu, aber ich vergebe Ihnen aus ganzem Herzen, und ich hoffe, Sie können mir vergeben, dass ich Ihren Hut gestohlen habe und so starrsinnig war, dass wir beide verletzt worden sind.«
»Es gibt nichts zu vergeben.«
Sie verfielen für eine Weile in Schweigen.
»Tut es... tut es sehr weh?«, brachte Victoria schließlich heraus.
»Es wird eine neue Schicht Narben auf den alten geben, aber es wird heilen. Bis jetzt war das jedenfalls so.«
»Gibt es nichts, das ich tun kann?«
»Sie tun bereits alles, worum ich Sie je hätte bitten können.«
Er runzelte die Stirn und zuckte bei der Bewegung zusammen. »Aber ich tue nicht alles, was ich für Sie tun sollte. Sie müssten längst schon schlafen.«
Sie seufzte. »Ich konnte nicht schlafen. Nicht richtig.«
Er wollte nach der Klingelschnur greifen. »Ich lasse etwas warme Milch und Rinderbrühe kommen...«
Victoria fing seine Hand ab. »Nein, nein, es geht schon.«
»Möchten Sie vielleicht sonst irgendetwas?«
Sie zögerte. »Würden Sie hier bleiben? Ich meine, falls Sie nicht Ihr Gesicht verarzten müssen...«
»Es gibt nichts, das ich lieber täte, als bei Ihnen zu bleiben.« Seine Worte waren zärtlich und von einer solchen Intensität, dass sie zitterte.
Er gab sie frei, zog die Schuhe
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