Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce
Vom Netzwerk:
Gesicht, und ihre Worte waren mit Säure versetzt.
    Byron runzelte die Stirn und ahnte Böses. »Wie meinen Sie das?«
    Sie zog die Augenbrauen zusammen, und das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. »Das hier«, geiferte sie und hob eine Ecke ihres Rocks. Über der robusten Stiefelette blitzte ein Strumpf hervor.
    »Rot« wurde der Farbe nicht gerecht. Scharlach, Karmesin oder flammend – all das beschrieb es besser. Byron sah ihr ins Gesicht und dann wieder auf den Knöchel des Anstoßes.
    »Meine liebste Lady Victoria«, sagte er, fest entschlossen, nicht zu lachen. »Ich versichere Ihnen, dass ich dem Korsettmacher keine speziellen Anweisungen erteilt habe. Ich habe nur eine Liste gemacht und angemessene Attraktivität erbeten.« Bei den letzten Worten geriet seine Stimme ins Wanken, aber er sprach tapfer weiter. »Der Korsettmacher und mein verstorbener Großonkel hatten offenkundig einen anderen … Geschmack, was Miederwaren angeht, als Sie – und ich auch.«
    »Soll das heißen…« Ihre Handbewegung schloss sowohl die schrecklichen Strümpfe als auch den verborgenen Unterbau ein, »das hier ist ein Unfall?«
    »Ja«, sagte Byron inbrünstig. Sie sah ihn skeptisch an. »Wenn Sie mir nicht glauben, bedenken Sie doch bitte Ihr entzückendes Kleid. Ich habe, was die Kleider angeht, deutlich detailliertere Instruktionen gegeben.« Ihre Miene entspannte sich langsam. Byron lehnte sich nach hinten an die Wand und zog eine Augenbraue hoch. »Falls Ihnen nach Vergeltung zumute ist, gestatte ich Ihnen, meine Unterhosen in jeder Ihnen beliebenden Farbe einzufärben.«
    Das war der Durchbruch. In ihrem Gesicht mischte sich Ungläubigkeit mit Belustigung, und schließlich brach sie in Gelächter aus. Es war ein berauschendes Lachen – schön und musikalisch, genauso köstlich, wie er es sich vorgestellt hatte. Er zog auch noch die zweite Augenbraue hoch und staunte über die Freimütigkeit dieser an sich so beherrschten Frau. Die Bilder der letzten Nacht schossen ihm durch den Kopf. So beherrscht nun auch wieder nicht , korrigierte er sich.
    »Bringen Sie mir den Waschlappen«, sagte Lady Victoria, als sie wieder sprechen konnte.
    Er feuchtete ihn wortlos in der Waschschüssel an und reichte ihn ihr. Sie rieb sich mit vorsichtig amüsierter Miene die Farbe aus dem Gesicht. Mit strengem Blick reichte sie den Lappen zurück.
    »Falls Sie noch einmal einen solchen Trick versuchen, wie meine Sachen auszutauschen, Euer Gnaden, dann färbe ich Ihnen Ihre gesamte Garderobe in Farben ein, von deren Existenz Sie noch nicht einmal etwas geahnt haben.«
    »Ich betrachte mich als hinreichend gewarnt«, sagte Byron ernst.
    »Gut«, erwiderte sie, lächelte, und ihr Gesicht strahlte. Das energische Kinn und die klaren Gesichtszüge hatten plötzlich etwas sonderbar Spitzbübisches an sich, und Byron ertappte sich dabei, wie er fasziniert ihre Verwandlung betrachtete.
    »Stehen Sie auf, Mylady«, sagte er, als ihr Lächeln wieder verblasste. »Lassen Sie sehen, was die Näherinnen aus Ihnen gemacht haben. Es kann schwerlich etwas anderes als eine Verbesserung darstellen.«
    Lady Victoria verzog das Gesicht, doch sie stellte das Tablett zur Seite und erhob sich. Sie drehte sich übertrieben langsam vor ihm. Obwohl er wusste, dass sie ihn provozieren wollte, empfand er es als anregend, wie sie ihm erst die eine, dann die andere Ansicht bot. Erst das Gesicht mit dem klaren Blick, dann der lange Hals, die Rundung des Busens, der Schwung des Nackens, das andere Ohr, das wie eine Muschel aus der Lockenpracht hervorspitzte. Sie sah um Jahre jünger aus als bei ihrer Ankunft – sicher, nicht mädchenhaft, aber weit näher an der Mädchenhaftigkeit, als in den alten Kleidern, die sie so vertrocknet und verbraucht hatten aussehen lassen. Und jetzt, da sie nicht länger in ihr Gefängnis aus Walbein und schwarzem Taft gesperrt war, umwehte sie die Aura angeborener Sinnlichkeit. Als sie ihm wieder das Gesicht zuwandte, war ihr blaugrauer Blick abgeklärt und amüsiert und stand in verwirrendem Widerstreit zu ihrem zarten Porzellanteint. Byron war plötzlich sicher, dass sie, ihrer düsteren Verkleidung beraubt, der Typ von Frau war, die sowohl die jugendlichen Grünschnäbel als auch die Lebemänner verehrten.
    »Und?«, wollte sie wissen. »Was noch? Sie könnten noch meine Zähne begutachten. Oder mich, falls Sie möchten, im Zimmer auf und ab laufen lassen, um die Gangarten zu prüfen.«
    »Ihre Gangarten habe ich schon letzte Nacht

Weitere Kostenlose Bücher