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Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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ich doch nur wenig darüber, was sein Dasein ausmachte. Er bestand nicht aus Energie, sondern war ein körperliches Wesen, so viel warklar. Darüber hinaus wusste ich so gut wie nichts über ihn. »Atmest du?«
    Meine Frage entlockte ihm ein Lächeln, als hätte er nur auf sie gewartet. Er warf einen kurzen Blick auf den Topf mit der Milch und reduzierte die Hitze, ehe er sich wieder mir zuwandte. »Die Schöpfung der Menschen erfolgte nach unserem Abbild. Ich atme, habe einen Herzschlag und auch sonst funktioniert mein Körper nicht anders als der deine.«
    »Von gewissen Aspekten einmal abgesehen.«
    »Ja, sicher. Du bist eine Frau, ich ein Mann. Da gibt es natürlich Unterschiede.«
    »Die ich nicht meinte.« Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Ich wollte so viel wissen und musste mich ständig zwingen, ihn nicht nur mit Fragen zu bombardieren, sondern ihm auch Gelegenheit zu geben, sie zu beantworten. Dummerweise warf jede seiner Antworten ein Dutzend neue Fragen auf. »Ich sprach von Dingen wie Unsichtbarkeit, dem Beamen und der Tatsache, dass du meinen Kater wieder zum Leben erweckt hast.«
    »Wir wären keine überlegenen Wesen, wenn der Chef euch all unsere Eigenschaften gegeben hätte.«
    Es irritierte mich immer noch, wenn er vom Chef sprach. Abgesehen davon klang das Gerede von überlegenen Wesen ziemlich arrogant.
    »Wenn du das arrogant findest, erzähle ich dir lieber nicht, wie die meisten Engel über euch Menschen denken.«
    »Woher …? Gehört auch Gedankenlesen zu deinen Fähigkeiten?«
    »Nur, solange dir deine Gedanken so deutlich ins Gesicht geschrieben stehen.«
    Um ein Haar hätte ich laut aufgeatmet. Ganz gleich, wie verbunden ich mich ihm während der letzten Tage gefühlt haben mochte – vermutlich immer noch fühlte, sobald ichmeine Wut und Verwirrung erst einmal überwunden hatte –, die Vorstellung, er könnte in meinen Gedanken lesen wie in einem offenen Buch, war einfach zu erschreckend. »Was denken denn die meisten Engel über uns?«, erkundigte ich mich vorsichtig, obwohl er das bereits angedeutet hatte.
    »Für sie seid ihr eine minderwertige Rasse, mit der sie nichts zu tun haben wollen. Sie halten euch für eine Art Sozialprojekt des Chefs und wir Schutzengel sind alles andere als wohl gelitten. Allein die Tatsache, dass der Chef jemanden abstellt, der auf die Menschen aufpassen soll, empfinden sie als Skandal, und dass wir den Himmel verlassen und unsere Arbeit von der Erde aus erledigen, sehen sie als glatten Affront.«
    »Moment! Soll das heißen, dass ihr Schutzengel …«
    »Wir sind der Bodensatz der Engelsgesellschaft, wenn du so willst.« Er sagte es mit einem Lächeln, dennoch entging mir der Hauch von Bitterkeit nicht, der sich dahinter verbarg.
    »Du würdest gern wieder dort leben statt hier auf der Erde, oder?«
    Zu meinem Erstaunen schüttelte er den Kopf. »Nein. Das könnte ich gar nicht mehr. Dafür bin ich schon viel zu lange hier und habe mir die Gewohnheiten der Menschen zu sehr zu eigen gemacht. Ich würde mir nur wünschen, dass die Arbeit, die wir hier leisten, oben mehr Anerkennung fände.«
    »Das klingt verbittert.«
    »Eher desillusioniert.«
    Nach allem, was er mir bisher über seine Aufgabe berichtet hatte, konnte ich das durchaus verstehen. Explodierende Bevölkerungszahlen, die es schwer machten, mit der Arbeit hinterherzukommen, und das, obwohl sich viele Menschen längst vom Glauben abgewandt hatten, und dann noch die eigenen Leute, die einem in den Rücken fielen und dieArbeit nicht guthießen. Dass einen das auf Dauer zermürben konnte, lag auf der Hand. Trotzdem schien Akashiel nach wie vor daran zu glauben, was er tat. Auch wenn es manchmal ein einsamer Kampf zu sein schien.
    »Was ist mit Schlafen?«, platzte ich so unvermittelt mit der nächsten Frage heraus, die mir durch den Kopf ging, dass er zu lachen begann.
    »Entschuldige«, winkte er ab. »Ich lache nicht über dich, aber die Gedankensprünge, die du hinlegst, sind einfach phänomenal!«
    »Kein Wunder, so wie es in meinem Kopf zugeht«, brummte ich. »Du solltest langsam mal die Schokosoße in die Milch geben.«
    Es war ihm hoch anzurechnen, dass er nicht noch einmal in Gelächter ausbrach, sondern sich bis auf ein Zucken der Mundwinkel beherrschen konnte. »Das Ansehen meiner Arbeit, ob ich schlafe und jetzt die Schokoladensoße«, sagte er mehr zu sich selbst, als er die Flasche öffnete und eine ordentliche Ladung in die Milch gab. »Das meinte ich mit Gedankensprüngen.

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