Rebellion Der Engel
bist und Angst hast. Du hast mein Wort darauf, dass ich dir alles erklären werde. Aber jetzt möchte ich, dass du mir vertraust. Sie werden jeden Moment hier sein und ich kann dich von hier fortbringen. Dazu muss ich dich aber berühren.«
Ich sah ihn an, versuchte in seinen Zügen ein Anzeichen dafür zu finden, dass er mich hereinzulegen versuchte, dochin seinen Augen fand ich nichts anderes als die Wärme, die ich schon von seinem letzten Auftritt als McCray kannte – dieselbe Wärme, die stets in Akashiels Stimme gelegen hatte. Wenn er mir wirklich etwas antun wollte, hätte er es längst getan. Ich streckte den Arm aus und er ergriff meine Hand. Dort, wo er mich berührte, begann meine Haut zu prickeln. Dann löste sich die Welt in ihre Bestandteile auf.
27
A ls sich die Welt um mich herum wieder zusammenfügte und sich die Schwärze zurückzog, die sich über meine Augen gelegt hatte, war das Badezimmer verschwunden. Ich stand in einem Arbeitszimmer, den Blick auf einen ramponierten Schreibtisch gerichtet, auf dem mehrere leere Kaffeetassen neben einem Laptop standen. Nichts davon sah aus, als gehöre es zu dem Hotel, in dem ich mich gerade noch aufgehalten hatte.
»Du hast mich fortgebeamt.« Obwohl ich es ausgesprochen hatte, drang die Bedeutung der Worte nur langsam zu mir durch. Er hatte mich versetzt. Teleportiert. Meinen Körper in seine Einzelteile zerlegt, diese an einen anderen Ort transportiert und wieder zusammengesetzt. So oder so ähnlich funktionierte es zumindest bei Star Trek. Mit meinen Knien schien beim Zusammenbau allerdings etwas schiefgegangen zu sein. Sie fühlten sich an, als befände sich kein einziger Knochen und kein Muskel mehr darin. Als sie unter mir nachgaben, war ich auf einen harten Aufprall gefasst. Stattdessen landete ich mit dem Hintern auf einem Sofa, dessen dunkelbrauner Lederbezug ebenso abgenutzt war wie der Schreibtisch.
Ich öffnete den Mund, wobei ich nicht sicher war, ob ich lediglich nach Luft schnappen oder auch etwas sagen wollte. Mir war bewusst, dass ich etwas sagen sollte. Allerdings vertraute ich meiner Stimme im Moment nicht und fürchtete, meine Stimmbänder würden nicht mehr als ein Krächzen oder Stammeln zustande bringen.
Akashiel ging vor mir auf die Knie und musterte mich so eindringlich, dass mir abwechselnd heiß und kalt wurde. »Alles in Ordnung?«, wollte er wissen, wofür er mir einen Dollar für mein »Geht es Rachel gut?«-Konto schuldete. »Ist dir schwindlig?«
Ich schüttelte den Kopf, nicht sicher, ob das die Antwort auf seine erste oder die zweite Frage sein sollte.
»Nach dem ersten Mal ist es nicht ungewöhnlich, wenn du dich ein wenig benebelt fühlst«, fuhr er ruhig fort. »Du kannst dich hinlegen, wenn du möchtest. Hier wird dir nichts geschehen.«
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass seine Hände auf meinen Knien lagen. Ich wollte sie wegstoßen, doch als ich es versuchte, griff er nach meinen Händen und hielt sie fest. Er sagte kein Wort und rührte sich auch nicht, er kniete einfach nur da, hielt meine Hände und sah mich an. Wenn ich in seine kantigen Züge blickte, war es noch immer das Gesicht des Mannes, dessen Auftauchen auf meiner Rücksitzbank so schreckliche Folgen gehabt hatte. Seine Stimme jedoch war die vertraute Stimme eines Freundes. Es war nicht leicht, zu akzeptieren, dass der unheimliche McCray und mein Schutzengel ein und dieselbe Person waren.
Je länger ich ihn ansah, desto mehr Fragen schossen mir durch den Kopf. Wie ist das möglich? Wer bist du wirklich? Wo bist du gewesen, als ich dich gebraucht hätte? Warum darf ich dich plötzlich sehen? Und nicht zuletzt: Was, zurHölle, ist hier eigentlich los? Das alles wirbelte durch meinen Kopf, immer schneller und immer lauter.
»Wo sind wir?«, ließ ich die erste Frage heraus, in der Hoffnung, damit dem Durcheinander in meinem Gehirn Einhalt zu gebieten.
»In meiner Wohnung«, sagte er. »Das ist mein Arbeitszimmer.«
»Arbeitszimmer?« Mein Blick wanderte über die Kaffeetassen, den Laptop und den Papierverhau auf dem Schreibtisch, streifte die Stehlampe, deren Schein den Raum in warmes Licht tauchte, an einer großen Fensterfront vorbei und kehrte dann zu Akashiel zurück. »Dann war das alles nur ein dummer Scherz. Du bist überhaupt kein Schutzengel.« Wozu sollte ein Engel ein Büro oder gar eine Wohnung haben?
Er war aufgestanden, sodass ich zu ihm aufsehen musste, um in seine Augen zu blicken. Darin entdeckte ich keine Falschheit. Nicht, dass
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