Rebellion Der Engel
ihre Kinder zu schützen, aber damals noch nicht wussten, wie siedie Verwandlung wieder rückgängig machen sollten. So wie es aussieht, haben sie bis heute keinen Weg gefunden.«
Zumindest war es ihnen bisher nicht gelungen, denn der Weg existierte sehr wohl.
»Als der Chef Wind davon bekam, dass die Grigori ihn hintergangen und ihre Kinder vor der Sintflut in Sicherheit gebracht hatten, nahm er ihnen ihre Flügel und verbannte sie aus dem Himmel, woraufhin sich die Grigori Luzifer anschlossen.«
»Ist das der Grund, warum es euch verboten ist, euch zu zeigen?«
»Solange wir uns vor den Menschen verborgen halten, laufen wir nicht Gefahr, ihnen noch einmal zu nahe zu kommen.« In Rachels Fall hatte das allerdings von Anfang an nicht funktioniert. »Es ist uns verboten, uns mit Menschen einzulassen. Die Strafe dafür ist unsere Existenz. Es würde uns die Flügel kosten und alles, was uns ausmacht.«
»Aber die Regeln haben sich geändert«, wiederholte sie seine Worte von vorhin.
Wieder nickte er. »In deinen Adern fließt das Blut meines Volkes. Auch wenn du noch immer zum Teil ein Mensch bist, so bist du doch auch eine von uns.« Die Grenze existierte nicht mehr. Die Regeln waren hinfällig. Er durfte sich Rachel nähern, wann immer und wie immer er es wollte.
Eine Weile sagte sie nichts. Akashiel drängte sie nicht. Er wusste, dass sie ihre Zeit brauchen würde, um all das zu verarbeiten – weit mehr, als diese paar Augenblicke –, und er war bereit, sie ihr zu geben. Geduldig wartete er, bis sie so weit war, das Gespräch fortzusetzen.
»Wenn diese Riesen in Stein gebannt sind«, begann sie schließlich, »und diejenigen, die sich mit Menschen einlassen, derart drastische Strafen erwarten, wie kann es dann sein, dass es auch heute noch Nephilim gibt?«
Bis letzte Nacht hatte Akashiel selbst geglaubt, die Nephilim seien ausgestorben. Doch sie existierten nach wie vor, zwar in veränderter Form und in derart geringer Zahl, dass sie kaum auffallen mochten, aber es gab sie. »Ich schätze, in dieser Hinsicht sind wir Engel nicht anders als die Menschen. Nicht jeder kann einer verbotenen Versuchung widerstehen, ganz gleich, wie schlimm die Strafe auch ausfallen mag.« Er warf einen Blick in Rachels Tasse. Sie war leer. »Möchtest du noch etwas?«
»Im Augenblick nur Antworten.«
Er nickte. »Bis gestern hielt ich die Nephilim selbst noch für eine ausgestorbene Rasse.« So knapp und schonend wie möglich berichtete er, wie er an der Unfallstelle beobachtet hatte, dass ihr Lebensfaden gerissen war – und wie dieser kurz darauf plötzlich wieder zu sehen und zu fühlen war. »Ich dachte, ich hätte mich geirrt und es sei nicht weiter von Bedeutung. Nachdem ich jedoch diese andere Präsenz gespürt habe, die in dein Haus eingedrungen war, wusste ich, dass mehr dahinterstecken musste. Ich brauchte Antworten, deshalb wandte ich mich an Japhael. Er ist mein Freund und Mentor. Von ihm erfuhr ich, dass die Nephilim noch immer existieren und dass er es war, der das herausgefunden hat. Ich wurde sogar Zeuge einer Wiedergeburt.« Das tragische Ende, das diese Geburt genommen hatte, behielt er jedoch für sich. »Japhael ist für das Wohlergehen der Nephilim verantwortlich. Er spürt sie auf und bringt sie in Sicherheit.«
Dabei war es nichts weiter als ein Zufall gewesen, dass Japhael überhaupt herausgefunden hatte, dass es noch immer Nephilim gab. Seine kristallklaren Augen sahen nicht nur anders aus als alle Augen, die Akashiel jemals gesehen hatte, sie funktionierten auch auf andere Weise. Er sah die Welt nicht nur in ihren Farben, sondern auch mit allen vertretenen Auren. Menschen, so hatte ihm sein Mentor erklärt,waren von einer grauen Aura umgeben, während Engel stets in einem weißen Schein dahinschritten. Eines Tages jedoch hatte ihn ein Auftrag zu einer Frau geführt, die in eine silbergraue Aura gehüllt war. Es war Japhaels Aufgabe gewesen, sie von ihrem Liebeskummer zu befreien und zu verhindern, dass sie sich aus lauter Verzweiflung das Leben nahm. Er hatte auf ihren Geist eingewirkt und es war ihm tatsächlich gelungen, ihre depressive Stimmung zu vertreiben. Dennoch hatte er sie verloren. Sie war bei einem Ausflug in die Berge abgestürzt. Ihr Lebensfaden war gerissen und – wie bei Rachel – kurz darauf wieder deutlich sichtbar gewesen. Sie hatte mit zerschmetterten Knochen auf einem Felsvorsprung gelegen, unfähig sich zu bewegen und schon gar nicht in der Lage, sich ohne fremde Hilfe zu
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