Rebellion Der Engel
verschieden sind auch unsere Fähigkeiten.« Die Schutzengel gehörten zu den mächtigsten unter ihnen, denn auch wenn sie im Himmel nicht hoch angesehen waren, so war es für ihre Arbeit von entscheidender Bedeutung, dass sie in der Lage waren, bestimmte Dinge zu tun. »Wir können Menschen beeinflussen, sowohl ihre Gefühle als auch ihre Taten.«
»Das war es, was du im Pompeji versucht hast, nicht wahr?«
Er hatte damals versucht, ihr einzureden, dass sie ihn nicht gesehen hatte, nachdem er feststellen musste, dass er für ihre Augen nicht unsichtbar war. Doch sie hatte sich auch dagegen immun gezeigt.
Ehe er jedoch etwas erwidern konnte, rief sie: »Lea hat ebenfalls versucht, mich zu beeinflussen. Sie wollte, dass ich zu ihr komme.«
»Aber es hat nicht gewirkt.«
»Anfangs schon. Es war wie … wie ein Bann, dem ich mich nur schwer entziehen konnte. Was noch?«
»Erinnerungen manipulieren.« Eines nach dem anderen zählte er ihr einige Dinge auf, die seinesgleichen konnte: Unsichtbarkeit. Versetzen. Heilung. Mit Tieren sprechen. Telekinese. »Es gibt so vieles, was wir können. Ich wüsste niemanden, der über alle Fähigkeiten verfügt, und bei jedem sind sie unterschiedlich stark ausgeprägt – wie eine Spezialisierung.«
»Was ist mit den Nephilim? Was können sie – wir?«
»Soweit ich Japhael verstanden habe, dieselben Dinge, die wir Engel auch können, wenn auch in abgeschwächter Form.«
»Aber ich fühle mich nicht, als könnte ich all diese Dinge.«
»Manchmal zeigen sich diese speziellen Fähigkeiten erst in einer Situation, in der sie wirklich gebraucht werden.«
29
D ie fliegende Kakaopackung in Ambers Küche. Ich hatte den Kakao wirklich haben wollen. Mir schwirrte der Kopf von all den Erklärungen und Erkenntnissen, und obwohl ich das Gefühl hatte, dass mein Schädel jeden Moment platzen würde, drängten immer weitere Fragen nach. Gleichzeitig verspürte ich den wachsenden Drang, unkontrolliert zu kichern oder Witze zu reißen – ein deutliches Zeichen für meine Überforderung. Noch zehn Minuten und mir würde Rauch aus den Ohren steigen.
Ich weiß nicht, was mir mehr zu schaffen machte: dass ausgerechnet ich ein halber Engel sein sollte, oder dass es dort draußen tatsächlich Leute gab, die mir ans Leder wollten. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr kam ich zu dem Schluss, dass es eindeutig Letzteres war.
»Wie können Engel böse sein?«, versuchte ich meine Gedanken in Worte zu fassen. »Ich meine, ihr seid göttliche Wesen, denen das Leben heilig sein sollte. Was ist mit den Geboten? Gelten die nicht für euch? Oder gibt es ein elftes, das besagt: Den Nephilim sollst du ausradieren?«
Akashiel unterdrückte ein Grinsen, was einmal mehr diese Grübchen zum Vorschein brachte, deren Anblick mich jedes Mal fast meine Fragen vergessen ließ.
»Du lachst schon wieder über mich«, beschwerte ich mich.
»Entschuldige, aber deine Fragen sind – angesichts der Situation, in der du steckst – doch ziemlich eigenartig.«
»Was steht denn im Handbuch für Neu-Nephilim, wie ich mich benehmen sollte?«
Er zuckte die Schultern. »Das war ausgeliehen, als ich in die Bibliothek kam, ich kann also nur raten. Irgendetwas zwischen völligem Unglauben, Verleugnung und totaler Panik, würde ich sagen.«
»Solange ich mich noch nicht entschlossen habe, wo ich mich auf dieser Skala befinde, bleibe ich bei meinen eigenartigen Fragen.« Über das Stadium des Unglaubens war ich definitiv hinaus, seit mein Kater und mein Schutzengel mit mir sprachen. Verleugnung war ziemlich sinnlos und auch gefährlich, solange meine Feinde – Himmelarsch, ich hatte mein ganzes Leben noch keine Feinde gehabt, zumindest niemanden, der mir ernsthaft schaden wollte – versuchten mich umzubringen, und Panik würde nur die letzten klaren Gedanken dahinraffen und mich verwundbar machen. Aber wo stand ich? Was empfand ich nach all dem Irrsinn, den ich heute erfahren hatte? Erstaunen war das Erste, was mir in den Sinn kam, gefolgt von Unsicherheit. Nicht zu wissen, welche Auswirkungen das Nephilim-Sein auf mein gewohntes Leben haben würde, war ein harter Brocken.
»Du hast meine Frage allerdings immer noch nicht beantwortet.«
Akashiel schien tatsächlich Mühe zu haben, meinen Gedankensprüngen zu folgen. Einen Moment lang wirkte er, als sei er beinahe verzweifelt auf der Suche nach dem Sinn meiner Worte. Dann meinte er: »Die bösen Engel?«
Ich nickte.
»Im Gegensatz zu euch Nephilim, die ihr ein
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