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Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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zwang, konnte ich nicht stehen bleiben. Es zog mich immer weiter. Ich wusste, dass etwas Grauenvolles im Fels auf mich lauerte. Bevor ich jedoch herausfinden konnte, was das war, wachte ich auf.
    Statt aus meinem Gedächtnis zu verschwinden, wie Träume es für gewöhnlich taten, verfolgte mich dieser noch eine ganze Weile. Er schlich sich heran, wenn ich gerade nicht daran dachte, und packte mich mit der Erinnerung an die Kälte und den Schmerz. Ich hatte schon weitaus schlimmere Träume gehabt, doch kaum einer hatte je einen derart anhaltenden Nachhall in mir erzeugt.
    Erst im Laufe des Vormittags ließ das Gefühl der Bedrohung, das die Bilder in mir geweckt hatten, allmählich nach. Die Beschäftigung mit alltäglichen Dingen wie Wäschewaschen, Staubwischen und Kochen half mir, auch die letzte Erinnerung aus meinem Kopf zu drängen, und bis zum Nachmittag fühlte ich mich wieder normal. Zumindest wenn man außer Acht ließ, dass da noch immer die Sache mit dem sprechenden Kater war.
    Popcorn ließ sich den größten Teil des Samstags nichtblicken, lediglich an seinem Napf konnte ich ablesen, dass er zumindest zum Fressen im Haus gewesen war. Erst am späten Nachmittag, ich saß auf der Couch und blätterte im Fernsehprogramm, kam er angestiefelt. Auf der Schwelle zum Wohnzimmer blieb er stehen und sah mich an, als warte er auf meine Einladung.
    »Kannst du immer noch sprechen?«, fragte ich ihn und hoffte, keine Antwort zu bekommen.
    Kommt darauf an.
    »Worauf ?«
    Ob du wieder ausflippst, wenn ich es tue.
    Ich schüttelte den Kopf. »Kein Ausflippen. Versprochen! Allerdings werde ich gleich Montagmorgen einen Arzttermin vereinbaren.«
    Der letzte Satz war an mich selbst gerichtet, trotzdem nahm Popcorn den Faden auf. Dir fehlt nichts, erklärte der Kater und kam langsam näher. Ich rieche keine Krankheit an dir.
    »Du kannst Krankheiten riechen?«
    Natürlich.
    »Und ich rieche gesund?«
    Wenn man einmal von deiner Angst absieht. Angst kann auch krank machen, wusstest du das? Er sprang auf die Couch und machte es sich neben mir bequem, wie er es so oft tat. Ohne darüber nachzudenken, streckte ich die Hand aus und kraulte ihn hinter den Ohren, was ihm ein Schnurren entlockte, ehe er ruckartig den Kopf hob und mich ansah. Letzte Nacht war jemand auf dem Grundstück.
    Er hätte kaum etwas sagen können, das mich mehr überrascht – oder erschreckt – hätte. »Wann? Wer? Hast du ihn verjagt?«
    Entschuldige mal, ich bin doch kein Wachhund!
    Ich hob beschwichtigend die Hände und schlucktemeine Angst herunter. Ruby Falls war kein Ort, in dem das Verbrechen tobte. Nachdem ich weder im Schlaf ermordet noch ausgeraubt worden war, gab es sicher eine harmlose Erklärung. Vielleicht war es einer der Hartford-Jungs, der auf dem Heimweg von Will ’s Bar eine Pause eingelegt hatte – auch wenn ich nicht wusste, warum er das ausgerechnet in meinem Garten tun sollte.
    »Okay«, versuchte ich es noch einmal. »Wer war es?«
    Ein Männchen deiner Art, antwortete der Kater und rieb seinen Kopf an meiner Hand. Er stand unter der Weide.
    »Wann?«
    Immer.
    »Immer? Die ganze Nacht?«
    Mhm.
    Jetzt wurde mir doch ein wenig mulmig. Kein Betrunkener würde unter der Weide stehen bleiben, schon gar nicht die ganze Nacht. »Wie sah er aus?«
    Woher soll ich das wissen?
    »Du hast ihn doch gesehen.«
    Wie denn? Popcorn gab ein ungeduldiges Schnauben von sich, als versuche er einem kleinen Kind etwas zu erklären, das sich als vollkommen begriffsstutzig erwies. Fehlte nur noch, dass er die Augen verdrehte. Der Kerl war doch unsichtbar.
    Unsichtbar? Alles klar. Ein sprechender Kater war schon schlimm genug, aber ein sprechender Kater mit Wahnvorstellungen schlug wirklich alles.
    Zumindest war ich meine Sorge angesichts eines vermeintlichen Eindringlings los. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass ein Unsichtbarer es nötig haben sollte, sich im Schatten eines Baumes zu verstecken. Mal ganz davon abgesehen, dass es überhaupt keine unsichtbaren Menschen gab.
    Als ich später den Müll rausbrachte, konnte ich es mir trotzdem nicht verkneifen, einen Blick in Richtung derWeide zu werfen. Auf dem Rasen waren keine Abdrücke zu sehen. Ich ging näher heran und sah mir das Erdreich am Fuß des Baumes an. Nichts. Ich fand weder geknickte Zweige noch andere Spuren, dass jemand hier gewesen wäre.
    Mein Kater war genauso verrückt wie ich.
    Als ich ins Haus zurückkam, hatte sich Popcorn von der Couch verzogen. Den Rest des Tages ging er

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