Rebellion Der Engel
könntest sie wenigstens aufmachen.
Konnte ich nicht. Es erforderte meine volle Aufmerksamkeit, meinen Kater anzustarren, während ich mich fragte, ob ich den Notarzt rufen oder schreiend aus dem Haus laufen sollte.
5
L etztlich tat ich weder das eine noch das andere. Nachdem sich mein Puls langsam wieder beruhigt hatte, hob ich die Dose auf, öffnete sie mit zitternden Fingern und schüttete den Inhalt in den Napf. »Stell dir vor«, sagte ich zu Popcorn. »Ich dachte doch tatsächlich gerade, du würdest mit mir sprechen.«
Er legte den Kopf schief und sah mich aus seinen unergründlichen grünen Katzenaugen an. Ich spreche seit Jahren mit dir, du scheinst mich nur endlich zu verstehen. Was sich ganz gut trifft. Seine Stimme war tief und glich dem zufriedenen Schnurren, das er von sich gab, wenn er sich neben mir auf der Couch zusammenrollte. Unterhalten wir uns über Sahne und frischen Thunf isch.
»Unterhalten wir uns darüber, dass ich mit ziemlicher Sicherheit dabei bin, den Verstand zu verlieren«, gab ich zurück.
Ist es verrückt, mit einer Katze zu sprechen?
Ich nickte.
Dann warst du noch nie ganz dicht.
»Nein, so meinte ich das nicht.« Verflucht, was machte ich hier? Ich diskutierte mit meinem Kater über meinen Geisteszustand! »Dass ich mit dir rede, ist normal. Verrückt ist, dass ich dich verstehen kann.«
Du hast eben endlich gelernt zuzuhören. Jetzt lass uns noch mal über die Sahne –
»Halt die Klappe!«, raunzte ich, doch es tat mir sofort leid, dass ich ihn angeschnauzt hatte. »Entschuldige. Ich weiß einfach nicht, ob ich dich wirklich höre oder mir das alles nur einbilde. Du bist ein Tier, ich bin ein Mensch, wir sprechen nicht einmal dieselbe Sprache!«
Wer sagt das?
Ihm zu erklären, dass das doch wohl offensichtlich war, erschien mir sinnlos. Wie sollte ich ihm begreiflich machen, dass wir einander nicht verstehen konnten, nicht verstehen durften, auch wenn wir es aus irgendeinem eigenartigen Grund – Gehirnschaden! – doch taten? Eine Weile stand ich einfach nur da, atmete und lauschte in mich hinein, auf der Suche nach einer Veränderung. Doch abgesehen davon, dass ich mit meinem Kater sprechen konnte, war alles wie immer. Mir war weder schwindlig noch übel, ich sah nicht doppelt, die Farben schienen mir normal zu sein und auch sonst funktionierte mein Kopf, wie er sollte – oder zumindest, wie ich ihn kannte.
Mein erster Gedanke war, Amber anzurufen und ihr zu erzählen, was passiert war. Da ich jedoch fürchtete, dass sie mir diese Geschichte ebenso wenig glauben würde wie die Anwesenheit des Fremden in meinem Wagen, ließ ich die Finger vom Telefon. Was, wenn etwas mit mir nicht stimmte? Womöglich hatte ich einen Gehirntumor, der mich halluzinieren ließ. Aber das war nicht möglich. ImKrankenhaus hatten sie ein CT von meinem Kopf gemacht und nichts Auffälliges entdeckt.
Vielleicht war ich ja nicht der einzige Mensch auf der Welt, der mit Katzen sprechen konnte. Als ich Popcorn danach fragen wollte, musste ich allerdings feststellen, dass er sich verdrückt hatte. Das Einzige, was ich noch hörte, war das Rumpeln der Katzenklappe.
Vielen Dank auch. Erst quatschst du mich an und dann lässt du mich mit meinem Problem allein. Undankbares Vieh.
Ich warf die Dose in den Müll, ging ins Wohnzimmer und rollte mich auf der Couch zusammen. Brütend starrte ich ins Nichts und redete mir ein, dass meine Nerven nach dem Unfall noch immer ein wenig angespannt waren und mein sprechender Kater sicher nichts weiter als ein Anzeichen von posttraumatischem Stress war. Wenn ich erst wieder mitten im Alltag steckte, würde aus dem sprechenden Tier bald wieder der schmollend-maunzende Kater werden, der er schon immer gewesen war.
Bis es so weit war, entschied ich, die ganze Angelegenheit einfach zu ignorieren.
Mir war nicht hundertprozentig wohl bei dieser Entscheidung, was in erster Linie daran lag, dass ich mir nicht sicher war, ob es mir gelingen würde, über einen sprechenden Kater hinwegzusehen. Trotzdem war es einen Versuch wert, einfach so zu tun, als wäre alles wie immer.
Nach einer ausgedehnten Dusche und einem kleinen Imbiss fiel die Anspannung langsam von mir ab und ich begann mich besser zu fühlen. Ich hatte es mir gerade mit einer Tasse heißer Schokolade und einem Buch auf der Couch gemütlich gemacht, als das Telefon klingelte.
Amber war dran und wollte hören, wie es mir ging.
»Alles bestens«, behauptete ich und unterdrückte dasVerlangen, ihr von
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