Rebellion Der Engel
einen, auf den er sich so absolut verlassen konnte, dass er mit ihm über die Ereignisse – und über Rachel – sprechen konnte, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Er suchte nach der vertrauten Signatur und machte sich bemerkbar. Als er spürte, dass der andere seinen Geist öffnete, folgte er der Einladung.
22
W as ist passiert, Rachel? Bist du verletzt?«, fragte mich Amber zum gefühlten fünfzehnten Mal, seit wir das Haus betreten hatten. »Ich koche uns Kakao. Du willst doch einen, oder?«
Ich wollte nichts lieber als das. Eine heiße Tasse Schokolade, so süß, dass sie mir hoffentlich einen Zuckerschock samt Gedächtnisverlust verpassen würde. Allerdings wusste ich, dass ich vermutlich schon lange vor dem ersten Schluck einige Erklärungen abliefern musste.
»Mir fehlt nichts«, beruhigte ich sie. »Ich bin nur ein wenig … durcheinander.« Außerdem schockiert und aufgewühlt, fügte ich in Gedanken hinzu. Und wirklich, wirklich wütend, dass ausgerechnet mir so etwas passieren musste.
Als würde all der andere Mist der letzten Tage nicht reichen!
»Okay, ich will alles hören.« Sie nahm einen Topf aus dem Schrank und stellte ihn auf den Herd. »Von Anfang an. Kannst du mir die Milch geben?«
Ich ging zum Kühlschrank, nahm eine Flasche Milch heraus und reichte sie Amber. »Kyle hat jemanden in meinem Schlafzimmer gesehen.« Ich erzählte ihr, wie er zum Haus zurückgekommen war und was er gesagt und getan hatte, um mich zum Auto zurückzulotsen. Als ich an dem Punkt anlangte, wo ich mit Deputy Wilkins ins Haus ging, um zu sehen, ob etwas gestohlen worden war, fiel es mir zunehmend schwerer, weiterzusprechen. Amber wusste beinahe alles über mich, trotzdem fühlte ich mich seltsam nackt und verwundbar. Über einen Eindringling zu sprechen, der möglicherweise meine Unterwäsche geklaut hatte, um sich daran …
»Es fehlte also nichts?« Sie nahm zwei Tassen aus demSchrank, stellte sie auf die Anrichte und holte einen Kochlöffel aus dem Schub. »Bist du sicher?«
»Die Wertsachen sind alle da, Deputy Wilkins meinte allerdings, dass der Täter –«
»O mein Gott!« Sie fuhr zu mir herum. »Es war ein Perverser! Er hat deine Unterwäsche durchwühlt und vermutlich hat er was davon mitgehen lassen.«
»Sieht ganz danach aus«, seufzte ich.
»Hast du eine Ahnung, wer es sein könnte?«
Ich war Amber unendlich dankbar, dass sie sich lieber mit konstruktiven Fragen beschäftigte, statt mich mit Mitleid zu überschütten, von dem sie wusste, dass ich es nicht haben wollte – es nicht aushalten würde, ohne darunter in die Knie zu gehen.
»Hat dich jemand beobachtet oder verfolgt?«, fragte sie.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, niemand.« Bis auf die Maskierten und … »McCray!«
Amber strich sich eine honigblonde Locke aus der Stirn. »Wer?«
Verflucht! Das hätte ich nicht laut sagen sollen! Ich hatte ihr schon einmal von Ash McCray erzählt und das Gespräch war alles andere als gut verlaufen. Dummerweise hatte ich nun seinen Namen ausgesprochen. Amber würde nicht locker lassen, bis ich damit rausrückte, wer der Kerl war. Ebenso gut konnte ich es gleich hinter mich bringen und dann auf teilweise Unzurechnungsfähigkeit plädieren. »Der Typ, der vor ein paar Tagen in meinem Haus aufgetaucht ist.«
Amber kniff die Augen zusammen. »Wir sprechen hier nicht von dem blinden Passagier, den du gesehen zu haben glaubst, oder?«
»Es war ein langer Tag«, wich ich aus. »Vielleicht sollte ich –«
»Versuch nicht, dich aus der Affäre zu ziehen, Rachel Underwood!« Sie deutete mit dem Kochlöffel auf mich, als sei er ein Zauberstab, mit dem sie mich zwingen konnte, zu reden. Milch tropfte bei jeder Bewegung vom Löffel auf den Boden. Amber schien es nicht zu bemerken. Falls doch, interessierte es sie nicht. Ihr Blick war noch immer auf mich geheftet – und es war ein Blick, dem man sich nur schwer entziehen konnte. »Ich weiß nicht, was es mit diesem Mc-Cray auf sich hat, aber klar ist, dass in deinem Leben gerade einige sehr merkwürdige Dinge passieren.«
Damit traf sie den Nagel auf den Kopf und das, obwohl sie bestenfalls einen Bruchteil davon wusste, was wirklich los war. Plötzlich wünschte ich mir, ich könnte ihr alles erzählen, von Akashiel und meinem sprechenden, wieder zum Leben erweckten Kater. Alles. Aber was würde passieren, wenn ich es tat? Würde sie mich auslachen oder mir ein paar Beruhigungstabletten einflößen und einen Arzt rufen?
»Die Milch ist heiß.
Weitere Kostenlose Bücher