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Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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großen Schritten ging ich über den Rasen auf das Haus zu. Auf halber Strecke kam uns Deputy Wilkins entgegen und blieb vor uns stehen. »Miss Underwood, Reverend«, begrüßte er uns.
    Meine Nachtsicht war zurückgekehrt, sodass ich jede Einzelheit seines wettergegerbten Gesichts, jede Falte und jedes Muttermal erkennen konnte, nur seine Augen lagen im Schatten der Hutkrempe verborgen.
    »Das Schlafzimmer ist durchsucht worden«, berichtete er. »Ich muss Sie bitten, mit mir nach oben zu kommen, um nachzusehen, ob etwas gestohlen wurde.«
    Ich nickte. »Was ist mit dem Täter? Haben Sie eine Spur?«
    »Er war bereits weg, als wir kamen«, erklärte er. »Am Haus gibt es keine sichtbaren Einbruchsspuren, weder an den Fenstern noch an den Türen.«
    Mein Blick fiel auf die Eingangstür; halb erwartete ich, gesplittertes Holz zu sehen, das durch rohe Gewalt aus der Verankerung gerissen worden war, doch die Tür war unversehrt. Da erinnerte ich mich daran, dass ich sie vorhin aufgesperrt, aber nicht mehr geschlossen hatte, bevor ich mit Kyle zum Wagen zurückgekehrt war.
    »Bitte folgen Sie mir«, sagte der Deputy und führte uns zum Haus. Auf der Veranda bedeutete er uns stehen zu bleiben und hielt mir ein paar Überzieher aus Plastik entgegen. »Ziehen Sie das über ihre Schuhe – es verhindert, dass sie Spuren im Haus hinterlassen.«
    Nicht, dass es in meinem Haus nicht ohnehin genug Spuren von mir gegeben hätte.
    Sobald ich die Schonbezüge über meine Schuhe gestreift hatte, reichte er mir ein Paar Latex-Handschuhe.
    »Reverend, Sie warten bitte draußen«, sagte er, während ich die Handschuhe anzog. »Je weniger Leute im Haus waren, desto leichter wird die Arbeit für die Spurensicherung.« Dann wandte er sich wieder an mich. »Wenn wir drin sind, fassen Sie so wenig wie möglich an. Durchsuchen Sie Ihre Sachen damit.« Er hielt mir einen etwa dreißig Zentimeter langen Holzstab von der Dicke eines Zeigefingers vor die Nase. »Das benutzen Sie, um Sachen anzuheben, und wenn möglich lassen Sie sie danach wieder an dieselbe Stelle zurückfallen. Alles verstanden? Dann los!«
    Mit einem Nicken nahm ich den Stab entgegen und folgte ihm hinein.
    Es war ein komisches Gefühl, sich von einem Fremden durch das eigene Haus führen zu lassen. Wir fingen unten an, gingen Raum für Raum durch, doch mir war schnell klar, dass weder etwas fehlte noch etwas anders war. Vermutlich hatte sich der Eindringling nicht mit den unteren Zimmern aufgehalten und war gleich nach oben gegangen.
    Als ich hinter dem Deputy die Treppe hinaufstieg, hatte ich Mühe, ruhig zu bleiben. Meine Beine zuckten und ich wäre am liebsten losgelaufen, nur dass ich nicht wusste, ob ich aus dem Haus flüchten oder voranstürmen wollte, um mich umzusehen. Oben angekommen sah ich mich zuerst im Bad und im Gästezimmer um, das mir gleichzeitig als Arbeitszimmer diente. Auch hier schien alles unberührt. Es fehlte nichts und es war auch nichts durchsucht worden – ich hatte hier schon länger nicht mehr Staub gewischt, weshalb es mir sofort aufgefallen wäre, wenn jemand etwas verschoben hätte.
    Der Anblick des Schlafzimmers ließ mich noch auf der Schwelle erstarren. Alles war durchwühlt worden, Schubladen herausgerissen und auf den Boden gekippt, die kleine Leselampe zerbrochen. Der Raum war eine einzige Katastrophe. Wie sollte ich herausfinden, ob etwas fehlte, ohne viel zu berühren?
    Tränen brannten in meinen Augen, als ich mich umsah. Moms Schmuck! Erschrocken sah ich mich nach den Erbstücken um. Ich bezweifelte, dass sie sonderlich wertvoll waren, für mich jedoch waren sie eine der wenigen Erinnerungen, die mir an meine Mutter geblieben waren. Das Schmuckkästchen stand unangetastet auf der Kommode. Auch das Geld, das ich in einer der Schubladen zwischen meiner Wäsche versteckt hatte, war noch da. Soweit ich es nach einigen Minuten beurteilen konnte, fehlte nichts.
    Auf dem Weg aus dem Zimmer heftete ich meinen Blick auf Deputy Wilkins’ Rücken, um nicht länger sehen zu müssen, was aus meinem Schlafzimmer geworden war.
    »Warum bricht jemand in ein Haus ein, ohne etwas mitzunehmen?«, fragte ich, sobald wir die Treppe erreicht hatten.
    Wilkins drehte sich zu mir herum und sah mich lange an. Es kam mir beinahe so vor, als versuche er herauszufinden,wie viel Wahrheit ich vertragen konnte. Schließlich sagte er: »Dass die Wertsachen noch da sind, bedeutet nicht, dass er nichts mitgenommen hat.«
    »Sie meinen …?«
    »Dass es Ihnen

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