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Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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und musterte seinen einstigen Schüler eingehend. »Du scheinst dich gut angepasst zu haben.«
    »Das war schon immer eine meiner Stärken.«
    »Eines Tages wirst du dich zu sehr an die Menschen gewöhnen.«
    Das habe ich bereits. Zumindest, wenn es um diesen einen, besonderen Menschen ging. »Lass das nur meine Sorge sein.«
    Es hatte eine Zeit gegeben, in der er Japhael ohne nachzudenken von Rachel und seinen Gefühlen für diese Frau erzählt hätte. Der Oberste Engel war nicht nur sein Mentor, sondern gleichzeitig sein Freund, auch wenn sie sich in den vergangenen Jahrzehnten nur selten gesehen hatten. Japhaelwürde ihm zuhören und ihn nicht dafür verurteilen, was er empfand. Womöglich konnte er ihm sogar helfen zu verstehen, warum er sich so sehr von dieser Frau angezogen fühlte. Der Oberste würde ihn auffordern, sich von ihr abzuwenden und den Fall an jemand anderen zu übergeben, aber er würde Akashiel nicht verraten. Im Augenblick jedoch ging es darum, herauszufinden, warum sich sowohl Kyriel als auch ein dritter, unbekannter Engel für Rachel interessierten. Japhael von seinen eigenen Gefühlen zu erzählen, würde die Sache nur verkomplizieren und die Antworten, nach denen er suchte, unnötig hinauszögern.
    »Was führt dich zu mir?« Japhaels Blick war auf eine Stelle hinter Akashiel gerichtet, und als Akashiel sich umwandte, sah er einen bärtigen Mann am Brückengeländer stehen, die Finger so fest um das Metall geklammert, dass seine Hände im Mondlicht beinahe weiß zu sein schienen. Seine Lippen bewegten sich unaufhörlich, doch die Worte wurden vom Rauschen des Wassers davongerissen und verklangen ungehört.
    »Du arbeitest«, stellte Akashiel fest. Die Verzögerung gefiel ihm nicht, trotzdem konnte er kaum ein Menschenleben opfern, um ein anderes zu retten – sofern Rachels Leben tatsächlich in Gefahr war. »Nur zu, lass dich nicht aufhalten. Wir reden, nachdem du ihn davon abgehalten hast, zu springen.«
    Japhael holte mit der Hand aus, eine Geste, als wolle er eine Fliege verscheuchen. Schlagartig wurde es totenstill. Das Rauschen des Wassers erstarb ebenso wie das Wispern des Windes. Lediglich die Stimme des Bärtigen war noch zu hören. Dieses Mal verstand Akashiel die Worte. »Ich bin ein Fremdkörper«, lamentierte er. »Ich gehöre nicht dazu. Nirgendwohin gehöre ich. Es ist an der Zeit, zu gehen.«
    Noch ließ er das Geländer nicht los, doch als er den Kopfzur Seite wandte, richtete sich sein Blick für einen Moment auf die beiden Engel – als könne er sie sehen. In seinen Augen lag die Entschlossenheit eines Menschen, der nichts mehr zu verlieren hatte.
    »Willst du nicht eingreifen?«, fragte Akashiel, als der Mann ein Bein über das Geländer schwang.
    Japhael schüttelte den Kopf, ohne den Mann jedoch aus den Augen zu lassen. »Noch nicht.«
    »Du willst ihn zappeln lassen? Hoffst du etwa immer noch, dass die Menschen ihr Leben dann mehr zu schätzen wissen?«
    »Nicht ganz.«
    Akashiel verzog das Gesicht angesichts der Wortkargheit seines Mentors. Der Oberste war vollkommen auf seinen Klienten fixiert, trotzdem unternahm er nichts. Der Bärtige schwang nun auch das andere Bein über das Geländer. Die Hände an das Metall in seinem Rücken geklammert, stand er auf dem schmalen Grat, der ihn noch vom Abgrund trennte. Eine Windböe erfasste ihn, zerrte an seinem Hemd und ließ ihn wanken. Sofort packte er das Geländer fester und presste sich mit dem Rücken dagegen. Zwanzig Meter unter ihm strömte der Fluss dahin.
    Die Angst des Mannes änderte nichts an seiner Entschlossenheit. Er hatte mit seinem Leben abgeschlossen und daran konnte selbst die Einmischung des Obersten Schutzengels nichts mehr ändern.
    Manchmal konnte einem dieser Job wirklich den letzten Nerv rauben. Akashiel fragte sich oft, warum sie Leuten wie dem da, zur Seite stehen mussten. Es gab so wenige Schutzengel, und einen Lebensmüden, der gar nicht gerettet werden wollte, vor dem Tod zu bewahren, war Zeitverschwendung. Zeit, die sie besser für Menschen, die ihre Existenz zu schätzen wussten, nutzen könnten.
    Akashiel machte diesen Job seit einer Ewigkeit – und Ewigkeit war in diesem Fall durchaus wörtlich zu nehmen. Tausend Jahre, in denen die Arbeit nicht leichter geworden war, vor allem nicht, seit die Menschen zu glauben verlernt hatten. Daran würde sich so bald auch nichts ändern. Heutzutage regelten Angebot und Nachfrage den Markt. Gutes Marketing war essenziell, stand ihnen aber nicht in

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