Rebellion des Herzens
unrecht. Und sie hatte keine Vorstellung davon gehabt, daß er so teuer war.
Seine Bemerkung machte sie neugierig genug, um zu fragen: »Sie haben das jetzt schon einige Jahre lang getan. Hat Sie das zu einem reichen Mann gemacht, oder geben Sie Ihr Geld sofort aus, wenn Sie es bekommen?«
Er kam aus dem Stall heraus und schloß das Tor hinter sich. Dann drehte er sich zu ihr um und schenkte ihr seine volle Aufmerksamkeit. Seine Unterlippe verzog sich ein wenig, als er antwortete: »Nun, wofür sollte ich mein Geld Ihrer Meinung nach ausgeben?«
Sie wußte, wofür die meisten jungen Männer ihr Geld ausgaben – für alles, was in einem Saloon zu finden war. Wenn er das nicht tat, mußte er mittlerweile ein beträchtliches Bankkonto besitzen.
»Haben Sie schon einmal daran gedacht, sich zurückzuziehen?« überlegte sie laut. Mit mehr Nachdruck fügte sie dann hinzu: »Darüber, nie mehr zu töten?«
»Ich habe darüber nachgedacht, aber wenn ich mich zurückzöge, würde das die jungen Burschen nicht davon abhalten, mich herauszufordern. Ich würde meinen Namen ändern müssen.«
»Warum tun Sie es denn nicht?«
»Was?«
»Ihren Namen ändern?«
Er schwieg so lange, daß sie unter seinem direkten Blick schon anfing, nervös zu werden. Dann sagte er: »Die letzte Frau, die mich mit soviel Geschwätz belästigt hat, habe ich gefragt, ob sie mich heiraten wolle – damit ich das Recht hätte, sie zu verhauen.«
Ihre Augen flackerten einen Augenblick lang, bevor sie verächtlich schnaufte und dann zuversichtlich feststellte:
»Das würden Sie nicht tun. Sie sagten, Sie fänden es abscheulich, wenn ein Mann seine Frau auf diese Weise behandelt.«
»Das heißt aber nicht, daß ich es nicht täte – das heißt nur, daß es mir nicht gefallen würde«, entgegnete er in seinem lässigen Tonfall. »Es gibt schönere Dinge, die man mit einer Frau tun kann – solange sie keine Nervensäge ist.« Grinsend fügte er hinzu: »Sie werden doch wohl nicht rot, Schätzchen?«
Ihr war klar, daß sie schon feuerrot geworden war, wenn er das in dem gedämpften Licht des Stalls erkennen konnte. Daher bemerkte sie nur steif: »Ich muß Sie doch bitten, nicht mit mir über solche Dinge zu reden.«
Er zuckte mit den Schultern. »Bitten können Sie ruhig«, erwiderte er und schlenderte langsam aus dem Stall.
»Warten Sie einen Augenblick!«
Cassie lief hinter ihm her und stellte sich vor ihn, um ihm am Ausgang den Weg abzuschneiden. Unglücklicherweise mußte sie dabei in Kauf nehmen, daß ihr gerötetes Gesicht im Licht der kühlen Nachmittagssonne viel deutlicher zu sehen war. Aber sie hatte nicht vor, darüber oder über seine ungehörige Bemerkung nachzudenken, die er wahrscheinlich nur gemacht hatte, um sie zum Schweigen zu bringen. Sein Pech. Wenn er Fragen nicht ausstehen konnte, sollte er eben etwas mitteilsamer sein.
»Warum haben Sie so lange gebraucht, um hierher zurückzukommen?« wollte sie wissen. »Sie waren mehr als vier Stunden weg.«
Seufzend schob er seinen Hut zurück. »Sie hätten mich warnen sollen, daß Sie sich nicht nur in alles einmischen, sondern auch an allem herumnörgeln müssen.«
Zornig richtete sie sich auf. »Wenn Sie nicht so verschlossen wären …«
»Na schön.« Er gab nach. »Ich bin noch über das Land Ihrer Nachbarn geritten, um zu zählen.«
Das überraschte sie. »Rinder?«
»Cowboys«, korrigierte er sie. »Es zahlt sich immer aus, wenn man weiß, woran man ist. Ich habe zwölf Männer bei den Catlins gezählt.«
Sein Argument erschien Cassie vernünftig, daher beschloß sie, ihm zu helfen. »Sie haben mehr als zwölf. Einige der Männer sind heute wohl in der Stadt.«
»Und bei den MacKauleys waren es etwa vierzehn.«
»Egal, wie hoch die Zahl ist, sie ist unter Garantie bei beiden Familien dieselbe. Wann auch immer die Catlins einen neuen Mann einstellen, tun die MacKauleys dasselbe und umgekehrt. Es ist so, als wollten sie sichergehen, die gleichen Chancen zu haben, falls es eines Tages zu einem offenen Krieg zwischen ihnen kommen sollte.«
»Ist das schon jemals passiert?«
»Nein. Aber jedesmal, wenn ich in der Kirche war und die MacKauleys auf der einen Seite und die Catlins auf der anderen saßen, schien es mir, als könne es jeden Augenblick losgehen, so viele haßerfüllte Blicke gingen im Kirchenschiff hin und her. Diese unerfreuliche Spannung jeden Sonntag war es auch, die mich auf die Idee gebracht hat, etwas dagegen zu unternehmen, insbesondere nachdem ich
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