Rebellische Herzen
mein Versprechen, unsere Ehe erst nach der Hochzeit zu vollziehen, vermutlich nicht halten können. Du hast meine Beherrschung bis an die Grenzen strapaziert. Ich hätte dich auf der Stelle genommen.«
Charlotte spielte mit den Fingern an seiner Brust und bekam ihre Beine nur schwer unter Kontrolle. Genauso wie sie seinen unerbittlichen Verführungskünsten erlegen war, erregte sie jetzt der Gedanke, dass er sie hatte dominieren wollen. Welch primitive Kreatur regierte da in ihrem Herzen?
»Dann hat die Balkonbrüstung nachgegeben. Womit bewiesen ist, dass der liebe Gott ein Auge auf uns hatte.« Er drehte sie auf den Rücken, stützte sich auf den Ellbogen und beugte sich zu ihr hinab. »Ich habe dich heute nicht einfach genommen, Lady Mrs. Charlotte. Wir haben gekämpft und miteinander gestritten. Wir haben einander gegenseitig genommen. Bitte vergiss das niemals.« Er schüttelte sie sanft bei den Schultern. »Versprich es mir.«
So war das also gewesen. Er hatte sie ausgetrickst. Er hatte gewusst, er würde sie bekommen. Und um die Wahrheit zu sagen, sie hatte es auch gewusst. Aber er wollte ihr keine Hintertüre offen lassen. Sie würde niemals sagen können, sie habe ihn nicht gewollt. Sie hatte sein Spiel willig mitgespielt. »Du kennst mich sehr gut«, sagte sie.
Er lehnte über ihr, schroff, aufrichtig, männlich und vollkommen von seiner Überlegenheit überzeugt. »Ein weiser Jäger kennt seine Beute genau.«
Aber auch Charlotte kannte ihn gut. »Alles ist so gelaufen, wie du es geplant hast.« Sie kämpfte heftig gegen ihre Tränen an, aber sie musste ihm die ganze Wahrheit eingestehen. »Ich bin jetzt deine Frau und du wirst für mich sorgen. Und ich werde deine Kinder lieben – und dich.«
»Ja.« Wynter schaute sie zustimmend an. »Du hast endlich eingesehen, dass mein Wüstenvater und ich Recht hatten.«
Sie hatte es gesagt. Sie hatte zugegeben, dass sie ihn liebte. Sie hatte es Wynter und sich selbst eingestanden. Und er hatte ihr nichts einzugestehen. Er war nur froh, Recht behalten zu haben. Charlotte war seine Schöpfung. Eine Frau wie jede andere auch.
Der Drang zu weinen versiegte. Worüber hätte sie auch weinen sollen. Sie war versorgt. Sie hatte das eine Prinzip aufgegeben, das ihren Charakter geformt hatte wie kein anderes. Sie hatte sich in einen Mann verliebt, der sie nicht liebte und für den sie nicht das Zentrum des Universums sein würde, sondern nur eine Annehmlichkeit, die ihm das Leben leichter machte. Ein kleiner Planet in seinem mächtigen Sonnensystem. Sie hatte sich selbst verloren.
Es schien ihr wie Ironie, dass er aus der Wüste gekommen war, um sie in diese Wüste zu schicken. »Wie du gesagt hast, du hast nicht mich genommen, sondern wir einander«, sagte sie. »Ich werde mir, was das angeht, nichts vormachen. Ich verspreche es dir.«
Er küsste sie auf die Stirn und schenkte ihr das schönste Lächeln der Welt. »Du bist alles, was ich je wollte. Einfühlsam, tatkräftig und wunderbar anzusehen.«
Sie betrachtete sein schönes Gesicht und fürchtete sein unerschütterliches Selbstvertrauen. »Du wirst mir noch den Kopf verdrehen, Wynter.«
Er lächelte. »Du bist für meine Augen das Licht, du bist der junge Frühling und -«
Sie unterbrach ihn. »Und du bist der Meister sinnloser Schmeicheleien. Einfühlsam, tatkräftig und gut anzusehen, gefällt mir besser.«
»Du magst meine Komplimente nicht?«
Charlotte konnte ihren Kummer nicht verbergen. »Du hast mich doch längst. Du brauchst deine Zeit nicht mehr für schöne Worte zu verschwenden.«
»Für mich bist du aber der junge Frühling.«
Und Charlotte liebte ihn absurderweise dafür.
»Ich bin glücklich und du bist glücklich. Sobald ich mich erholt habe … und das wird in etwa einem Jahr sein, werde ich dich aufwecken, damit wir einander wieder nehmen können. Schlaf jetzt, Charlotte, meine Frau.«
Sie legten sich Schulter an Schulter zueinander. Er glaubte, er hätte gewonnen. Sie wusste, er hatte.
Kapitel 30
Die Hochzeit vor einem Monat war ein Aufsehen erregender Erfolg gewesen, den man voll und ganz Adorna zugeschrieben hatte.
Die Zeremonie war ergreifend gewesen, für Speisen und Getränke hatte sie hohes Lob erhalten, das Orchester hatte die Nacht durchgespielt, Wynters Abgang mit Charlotte hatte für jede Menge Klatsch gesorgt und die feine Gesellschaft wartete gespannt, ob Adorna diesen Erfolg beim Empfang für die Sereminianer noch übertreffen konnte.
Adorna lächelte und ging
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