Rebellische Herzen
Richtung Treppenhaus. Als ob es daran irgendeinen Zweifel geben konnte.
»Mylady, Mylady!« Der gute Harris kam aufgeregt angelaufen. »Der Koch sagt, die Enten aus London seien immer noch nicht da.« Harris standen vor Verzweiflung die Haare zu Berge.
Adorna tätschelte seinen Arm. »Wenn wir die Enten nicht bekommen, dann soll der Koch eine Grube graben und einen Ochsen darin rösten. Das würde den Sereminianern sicher gefallen.«
Harris nickte, verbeugte sich und lief in die Küche zurück.
Adorna ging nach oben.
Diese Skeptiker sollten sie kennen lernen. Die Sereminianische Königsfamilie würde Austinpark Manor begeistert verlassen, Queen Victoria würde hoch befriedigt sein und Adorna würde Englands gefeierteste Gastgeberin sein.
Sie freute sich schon.
»Mylady!« Im Flur kam ihr Miss Symes entgegen. »Bei der Hochzeit muss irgendwer die Leinentücher im Westflügel mitgehen haben lassen und jetzt können wir nicht alle Gästezimmer herrichten.«
»Zumindest hat diesmal niemand das
Tafelsilber gestohlen
.« Adorna nahm Miss Symes in den Arm. »Sie wissen doch, Symes, dass Königin Victoria für die sereminianische Delegation nur einen kurzen, unterhaltsamen Abstecher aufs Land plant. Ihre Majestät, Prinz Albert, der Hofstaat und die Sereminianer kommen morgens hier an und werden am späten Nachmittag nach London zurückfahren. Wir brauchen keine Gästezimmer.«
Miss Symes war enttäuscht. »Aber sicher werden
wieder ein
paar zu müde sein, um heimzufahren.«
»Aber keinesfalls alle, meine Liebe. Und wir haben genügend Wäsche für den Ostflügel, oder etwa nicht?«
»Sicher.«
»Na also. Alles wird gut gehen.«
Aber Miss Symes war alles andere als glücklich. Sie hasste es, nicht auf alle Eventualitäten
vorbereitet zu
sein. »Danke, Mylady. Ich
werde im
Ostflügel alle Zimmer herrichten lassen.« Aber sie knickste nicht und schaute leicht
verlegen zur
Seite. »Haben Sie sich irgendwelche Gedanken darüber gemacht, was wir …
gegen den
Geist unternehmen sollen?«
»Ja, allerdings.« Adorna
legte einen
Finger an die Wange. »Sobald die Sereminianer fort sind, gehen wir die Sache an.«
»Das müssen wir auch, wenn wir
unsere Dienstmädchen
länger behalten wollen.«
»Ich kümmere mich darum, Miss Symes.« Adorna schickte die Haushälterin fort. Wie lieb von Symes, sich so zu sorgen. Und wie dumm, dass Adornas Versicherung, es werde alles reibungslos verlaufen, Symes nicht beruhigt hatte.
Adorna hatte sich selbstverständlich ein Unterhaltungsprogramm für ihre Gäste überlegt, aber sie war sicher, dass es auch ohne ihr Zutun aufregend genug werden würde. Dass Wynter das Schloss aus Charlottes Tür schoss, hatte sie ja schließlich auch nicht ausdrücklich
geplant.
Das war die reinste Fügung gewesen. Adorna hatte in diesen Dingen eine glückliche Hand.
Wenn man von Lord Bucknell absah. Sie biss die Zähne zusammen und beschleunigte ihre Schritte. Bucknell war irgendwann während der Hochzeitsfeierlichkeiten verschwunden und nie mehr aufgetaucht. Sie hatte nichts von ihm gehört, obwohl sie ihm sogar einen kurzen Brief gesandt und sich in aller Form nach seinem gesundheitlichen Befinden erkundigt hatte. Dieser gemeine Mensch! Wie hatte sie ihn nur jemals mögen können? Adorna verstand einfach nicht, warum sie Bucknell so vermisste.
Die Tür des Schulzimmers stand offen und Adorna hörte Charlotte sprechen. Dieses liebe Mädchen hatte darauf bestanden, weiterhin täglich mit Robbie und Leila zu arbeiten, obwohl Adorna ihr versichert hatte, dass die beiden sich bei der Hochzeit untadelig verhalten hatten.
Seit sie mit Wynter aus dem Jagdhaus zurück war, wirkte die liebe Charlotte sehr bedrückt.
Wenn Wynter nur endlich damit aufhören würde, dem Betrüger nachzujagen! Er ritt jeden Tag nach London und war auch jetzt im Kontor. Adorna hatte geglaubt, die Ehe würde ihn im Hause halten, aber Wynter gab Charlotte jeden Morgen einen raschen Kuss und machte sich auf in die Stadt.
Als Henry und sie frisch verheiratet gewesen waren, hatte er sie keine zwei Stunden allein gelassen und er war schon über Siebzig gewesen!
Den jungen Leuten von heute fehlte einfach die Leidenschaft. Adorna blieb in der offenen Tür stehen und sah Charlotte aus dem Buch vorlesen, das die Kinder so liebten, den
Geschichten aus Tausendundeiner Nacht.
Sie waren anscheinend gerade an einer sehr spannenden Stelle. jedenfalls schienen Charlotte und Robbie dieser Ansicht zu sein. Sie saßen dicht beisammen und
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