Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
welch genialen Weg Telford gefunden hatte: schnell und effektiv und mit einem Minimum an Risiko. Rebus musste wieder lachen. Die Highlands hatten neuerdings ihr eigenes Drogenproblem: gelangweilte Teenager und Erdölarbeiter mit Taschen voller Geld. Rebus hatte erst Anfang dieses Sommers einen Ring im Nordosten zerschlagen, mit dem Resultat, dass er jetzt Telford am Hals hatte...
Cafferty wäre nie auf diese Idee gekommen, wäre nie so kühn gewesen. Aber dafür hätte er die Sache für sich behalten. Er hätte nicht versucht zu expandieren, hätte keine Partner mit ins Boot genommen.
In mancher Hinsicht war Telford immer noch ein kleiner Junge. Der Teddybär auf dem Beifahrersitz bewies das hinlänglich.
Rebus dankte der Zollbeamtin und machte sich auf die Suche nach was Essbarem. Parkte im Stadtzentrum, besorgte sich einen Hamburger und ließ sich alles gründlich durch den Kopf gehen. Einzelne Aspekte ergaben zwar noch immer keinen Sinn, aber damit konnte er leben.
Er rief erst das Krankenhaus an, dann Bobby Hogan. Sammy war nicht wieder aufgewacht. Hogan hatte Pretty- Boy zur Vernehmung für neunzehn Uhr auf die Wache bestellt. Rebus sagte, dass er dabei sein würde.
Während der Fahrt nach Süden war das Wetter wohlwollend, der Verkehr erträglich. Der Saab schien Spaß an langen Fahrten zu haben - oder vielleicht war es auch nur so, dass bei Tempo hundert das Geräusch des Motors jedes Klappern und Scheppern übertönte.
Er fuhr direkt zur Revierwache Leith, sah auf die Uhr und stellte fest, dass er eine Viertelstunde zu spät kommen würde. Was aber nicht schlimm war, da die eigentliche Befragung noch gar nicht angefangen hatte. Pretty-Boy war in Begleitung des Allzweckanwalts Charles Groal. Hogan saß neben einem weiteren CID-Beamten, DC James Preston. Ein Tonbandgerät wartete aufnahmebereit. Hogan wirkte nervös, ihm war wohl bewusst, wie spekulativ das ganze Unternehmen war, besonders mit einem Anwalt als Zeugen. Rebus zwinkerte ihm beruhigend zu und entschuldigte sich für die Verspätung. Der Hamburger rumorte in seinem Magen, und auch der Kaffee, den er dazu getrunken hatte, war seinen angespannten Nerven nicht gerade gut bekommen. Er musste seinen Kopf von Inverness und allem, was dazugehörte, frei machen und sich auf Pretty-Boy und Joseph Lintz konzentrieren.
Pretty-Boy sah gelassen aus. Er trug einen anthrazitfarbenen Anzug, dazu ein gelbes T-Shirt und nadelspitze schwarze Wildlederstiefel. Er roch nach teurem Aftershave. Vor ihm auf dem Tisch: Ray-Bans mit Schildpattgestell und seine Autoschlüssel. Rebus war davon ausgegangen, dass er einen Range Rover fuhr - für Telford-Angestellte Pflicht -, aber am Schlüsselring prangte das Porsche-Wappen, und draußen vor der Wache hatte Rebus hinter einem kobaltblauen 944er geparkt. Pretty- Boy verriet Ansätze von Individualismus ...
Groal hatte seinen Aktenkoffer offen auf dem Boden neben sich liegen. Vor ihm auf dem Tisch: ein karierter Din-A4-Block und ein dicker schwarzer Montblanc-Füller.
Anwalt und Mandant waren von einer Aura leicht verdienten und ebenso leicht ausgegebenen Geldes umgeben. Pretty-Boy verwendete seines, um sich Klasse zu kaufen, aber Rebus kannte seinen Background: Paisleyer Arbeiterschicht, eine granitharte Einführung ins Leben.
Hogan nannte für das Bandprotokoll die Namen der Anwesenden, warf dann einen Blick in seine Notizen.
»Mr. Summers...« Pretty-Boys richtiger Name: Brian Summers. »Wissen Sie, warum Sie hier sind?« Pretty-Boy formte seine glänzenden Lippen zu einem O und starrte zur Decke.
»Mr. Summers«, schaltete sich Charles Groal ein, »hat mir mitgeteilt, dass er bereit ist, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, Inspector Hogan, dass er aber zumindest andeutungsweise erfahren möchte, was man ihm vorwirft und worauf sich diese Anschuldigungen stützen.«
Hogan fixierte Groal, ohne zu blinzeln. »Wer hat gesagt, dass man ihm etwas vorwirft?«
»Inspector, Mr. Summers arbeitet für Thomas Telford, und die schikanösen polizeilichen Maßnahmen gegen Letztgenannten sind aktenkundig...«
»Damit hatte ich nichts zu tun, Mr. Groal - oder überhaupt diese Wache.« Hogan schwieg kurz. »Das hatte überhaupt nichts mit meinen gegenwärtigen Ermittlungen zu tun.«
Groal blinzelte. Er sah zu Pretty-Boy, der jetzt in die Betrachtung seiner Stiefelspitzen versunken war.
»Soll ich etwas sagen?«, fragte Pretty-Boy den Anwalt.
»Ich bin bloß... Ich weiß nicht genau, ob...«
Pretty-Boy schnitt ihm mit einer
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