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Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

Titel: Rebus - 09 - Die Sünden der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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du noch, dass der Alte in Malaya verwundet worden war?«
    »Nein, stimmt gar nicht.«
    »Er hat uns doch die Wunde gezeigt. Am Knie.«
    Rebus schüttelte den Kopf. »Onkel Jimmy hat mir mal erzählt, das war eine Platzwunde gewesen, die Dad sich beim Fußballspielen zugezogen hat. Er pulte sich ständig den Schorf ab, bis sich am Ende eine Narbe bildete.«
    »Uns hat er erzählt, das war eine Kriegsverletzung.«
    »Das war geschwindelt.«
    Mickey hatte die andere Schachtel geöffnet. »Hier, guck dir das mal an...« Er reichte ihm einen daumendicken Stoß von Postkarten und Fotos, die von einem Gummiband zusammengehalten wurden. Rebus streifte das Gummi ab, drehte die Karten um, erkannte seine Handschrift. Die Fotos waren auch von ihm: gestellte Schnappschüsse, schlecht aufgenommen.
    »Wo hast du denn die her?«
    »Du hast mir immer eine Karte oder ein Foto geschickt, weißt du nicht mehr?«
    Die Sachen stammten alle aus Rebus' Militärzeit. »Ich hatte es vergessen«, sagte er.
    »In der Regel einmal alle zwei Wochen. Einen Brief an Dad, eine Karte für mich.«
    Rebus lehnte sich zurück und fing an, sie durchzusehen. Nach dem Poststempel zu urteilen waren sie chronologisch geordnet. Grundausbildung, dann Dienst in Deutschland und Ulster, weitere Übungen auf Zypern, Malta, in Finnland und in der Wüste von Saudi-Arabien. Der Ton der Karten war durchweg forsch-fröhlich, so dass Rebus sich gar nicht wieder erkannte. Die Karten aus Belfast bestanden praktisch nur aus Witzeleien, und dennoch war Rebus diese Zeit als eine der albtraumhaftesten seines Lebens in Erinnerung geblieben.
    »Ich hab mich immer gefreut, wenn sie eintrafen«, meinte Mickey lächelnd. »Glaub mir, du hättest mich fast dazu gebracht, mich ebenfalls zu melden.«
    Rebus dachte immer noch an Belfast: die verrammelten Kasernen, das ganze Gelände eine einzige Festung. Nach dem Patrouillendienst auf den Straßen gab es keinerlei Möglichkeit, Dampf abzulassen. Alkohol, Glücksspiel, Prügeleien - alles in denselben vier Wänden. Alles in Mean Machine gipfelnd... Und hier waren diese Postkarten, hier war das Bild von Rebus' früherem Leben, mit dem Mickey die letzten zwanzig Jahre gelebt hatte.
    Und es war alles eine Lüge.
    Oder doch nicht? Wo war denn schon die Wahrheit zu finden, außer in Rebus' Kopf? Die Postkarten waren gefälschte Dokumente, aber gleichzeitig auch die einzig existierenden. Es gab nichts, was ihnen widersprochen hätte, nichts außer Rebus Wort. Genau so verhielt es sich mit der Rattenlinie, genau so mit Joseph Lintz'Geschichte. Rebus sah seinen Bruder an und wusste, dass er den Bann jetzt, in diesem Augenblick, hätte brechen können. Er brauchte dazu nichts anderes zu tun, als die Wahrheit zu sagen.
    »Was ist los?«, fragte Mickey.
    »Nichts.«
    »Jetzt bereit für das Bier? Das Essen müsste jeden Augenblick kommen.«
    Rebus starrte auf seinen allmählich kalt werdenden Kaffee. »Mehr als bereit«, sagte er und wickelte das Gummiband wieder um seine Vergangenheit. »Aber ich bleib bei dem hier.« Er hob den Becher, prostete seinem Bruder zu.
10
    Am nächsten Morgen fuhr Rebus zur St.-Leonard's-Wache, rief beim National Criminal Intelligence Service in Prestwick an und erkundigte sich, ob sie irgendetwas hätten, was britische Kriminelle mit dem Mädchenhandel auf dem Kontinent in Verbindung brachte. Seine Überlegung: Irgendjemand hatte Candice - für ihn war sie immer noch Candice - von Amsterdam nach Großbritannien geschafft, und er glaubte nicht, dass es Telford gewesen war.
    Wer immer es sein mochte, Rebus würde ihm irgendwie auf die Spur kommen. Er wollte Candice beweisen, dass ihre Ketten durchaus zu sprengen waren.
    Er bat das NCIS, ihm alle einschlägigen Informationen, über die es verfügte, zuzufaxen. Das meiste Material betraf die »Tippelzone«, einen Parkplatz, auf dem nicht registrierte Strichmädchen mit stillschweigender Duldung der Stadtverwaltung ihre Dienste anboten. Bei den Prostituierten, die dort arbeiteten, handelte es sich größtenteils um -vielfach aus Osteuropa eingeschleuste - Ausländerinnen ohne Arbeitserlaubnis. Die wichtigsten Strippenzieher schienen Gangs aus dem ehemaligen Jugoslawien zu sein. Namentlich war dem NCIS kein einziger dieser Mädchenhändler und Zuhälter bekannt. Und über Prostituierte, die von Amsterdam nach Großbritannien einreisten, lag ebenfalls nichts vor.
    Rebus ging auf den Parkplatz, um seine zweite Zigarette des Tages zu rauchen. Es standen noch ein paar andere

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