Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
gesagt?« Tarawicz' Stimme klang spöttisch.
Einer der Männer im Hintergrund räusperte sich. Rebus hatte sich über den Mann schon gewundert - so viel kleiner und zurückhaltender als die anderen, besser angezogen und mit traurigen Augen und teigiger Haut. Jetzt wusste er Bescheid: Rechtsanwalt. Und sein Hüsteln sollte Tarawicz bedeuten, dass er zu viel sagte.
»Ich werde Tommy Telford fertig machen«, sagte Rebus leise. »Das verspreche ich Ihnen . Und wenn er erst mal hinter Gittern sitzt - wer weiß, ob er dann nicht singt?«
»Ich bin sicher, dass Mr. Telford selbst auf sich aufpassen kann, Inspector. Was man von Candice nicht unbedingt behaupten kann.« Wieder hustete der Anwalt.
»Ich will, dass sie von der Straße wegbleibt«, sagte Rebus.
Tarawicz starrte ihn mit seinen winzigen pechschwarzen Pupillen an.
»Kann Thomas Telford ungehindert seinen Geschäften nachgehen?«, fragte er schließlich. Hinter ihm erstickte der Anwalt fast an einem Hustenanfall.
»Sie wissen, dass ich das nicht versprechen kann«, antwortete Rebus. »Sein Hauptproblem bin nicht ich.«
»Dann richten Sie es Ihrem Freund aus«, sagte Tarawicz. »Und anschließend, hören Sie auf, sein Freund zu sein.«
Da begriff Rebus: Tarawicz sprach von Cafferty . Telford hatte ihm erzählt, Rebus sei Caffertys Mann.
»Ich glaube, das lässt sich machen«, erwiderte Rebus leise.
»Dann machen Sie's.« Tarawicz wandte sich ab.
»Und Candice?«
»Ich werd sehen, was ich tun kann.« Er blieb stehen und steckte die Hände in die Taschen seines Jacketts. »Ach, und Miriam«, sagte er, den Rücken noch immer den beiden zugewandt, »in diesem roten Zweiteiler gefallen Sie mir besser.«
Dann entfernte er sich lachend.
»Steigen Sie ins Auto«, forderte Kenworthy Rebus mit zusammengebissenen Zähnen auf. Sie sah nervös aus, ließ ihre Schlüssel fallen, bückte sich, um sie wieder aufzuheben.
»Was ist los?«
»Nichts ist los«, zischte sie.
»Der rote Zweiteiler?«
Sie starrte ihn wütend an. »Ich habe keinen roten Zweiteiler.« Sie wendete, wobei sie Gas- und Bremspedal ein wenig energischer als unbedingt nötig bearbeitete.
»Ich komm nicht mit.«
»Letzte Woche«, erklärte sie, »habe ich mir rote Unterwäsche gekauft... BH und Höschen.« Sie ließ den Motor aufheulen. »Das ist so sein Spielchen.«
»Und, woher weiß er davon?«
»Das frage ich mich auch.« Sie brauste an den Hunden vorbei und durchs Tor. Rebus dachte an Tommy Telford, daran, dass er seine Wohnung beobachtet hatte.
»Observierung ist nicht immer so einseitig, wie man glaubt«, sagte er und wusste jetzt, von wem Telford das Handwerk gelernt hatte. Ein wenig später erkundigte er sich nach dem Schrottplatz.
»Der gehört ihm. Er hat eine Schrottpresse, aber bevor die Autos zerquetscht werden, spielt er gern noch ein bisschen mit ihnen. Und wer ihm in die Quere kommt, dem lässt er den Sicherheitsgurt zuschweißen.« Sie sah ihn an. »Dann darf man mitspielen.«
Nie einen Fall persönlich nehmen. Das war die goldene Regel, gegen die Rebus fast immer verstieß. Manchmal hatte er das Gefühl, dass er sich deswegen so sehr mit seinen Fällen identifizierte, weil er kein eigenes Leben besaß. Er konnte nur durch andere Menschen leben.
Warum hatte er sich bei Candice so engagiert? Lag es an ihrer Ähnlichkeit mit Sammy? Oder daran, dass sie den Eindruck erweckt hatte, ihn zu brauchen? So wie sie sich an diesem ersten Tag an sein Bein geklammert hatte... Hatte er sich gewünscht, wenigstens einmal jemandes Ritter in strahlender Rüstung zu sein? Ein echter, nicht bloß so tun, als ob?
John Rebus - der personifizierte Als-ob.
Er rief von seinem Auto aus Claverhouse an und setzte ihn ins Bild. Claverhouse meinte, er solle sich keine Sorgen machen.
»Herzlichen Dank«, entgegnete Rebus. »Jetzt geht's mir schon viel besser. Hören Sie, wer ist Telfords Lieferant?«
»Wofür? Stoff?«
»Ja.«
»Das ist die wirklich spannende Frage. Ich glaube, er macht Geschäfte mit Newcastle, aber wer nun eigentlich kauft und wer verkauft, können wir nicht mit Sicherheit sagen.«
»Was, wenn Telford verkauft?«
»Dann bezieht er vom Kontinent.«
»Was sagt die Drogenfahndung dazu?«
»Sie sagt nein. Wenn er den Stoff von einem Boot übernehmen würde, müsste er ihn von der Küste in die Stadt schaffen. Da ist es viel wahrscheinlicher, dass er ihn in Newcastle einkauft. Tarawicz hat die europäischen Kontakte.«
»Da fragt man sich doch, wozu er Telford überhaupt
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