Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
Mädchen.«
»Aber dadurch bekommt er eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung.« Sie nickte. »Er ist noch nicht so lange hier, fünf, sechs Jahre...«
Wie Telford, dachte Rebus.
»Aber er hat sich einen Namen gemacht, hat sich da hineingedrängt, wo früher Asiaten, Türken das Sagen hatten ... Es heißt, er habe mit einer hübschen Kollektion von gestohlenen Ikonen angefangen. Aus dem Sowjetblock sind Tonnen von dem Zeug rausgeschafft worden. Und als dieses Geschäft abzuflauen begann, hat er sich auf Nutten verlegt. Billige Mädchen, und es reichte ein bisschen Crack, um sie ruhig zu halten. Das Crack kommt aus London - die Szene ist fest in der Hand der Jamaikaner. Mr. Pink vertreibt deren Ware im ganzen Nordosten. Er dealt außerdem mit Heroin für die Türken und verkauft gelegentlich Mädchen an Bordelle der Triaden.« Sie sah Rebus an, stellte fest, dass sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. »Keine Rassenvorurteile, wenn's ums Geschäft geht.«
»Sieht mir auch so aus.«
»Wahrscheinlich verkauft er auch Drogen an Ihren Freund Telford, der sie dann wiederum durch seine Nachtklubs unter die Leute bringt.«
»>Wahrscheinlich‹?«
»Wir haben keine konkreten Beweise. Es ging sogar das Gerücht, Pink verkaufe gar nicht an Telford, sondern Telford an ihn.«
Rebus blinzelte. »Telford ist keine so große Nummer.« Sie zuckte die Achseln.
»Wo sollte er den Stoff herkriegen?«
»Es war ein Gerücht, mehr nicht.«
Aber ein Gerücht, das Rebus zu denken gab, da es die Beziehung zwischen Tarawicz und Telford erklären konnte...
»Was hat Tarawicz davon?«, fragte er.
»Sie meinen, außer Geld? Nun, Telford bildet gute Rausschmeißer aus. Schottische Türsteher werden hier unten respektiert. Und dann hält Telford natürlich Anteile an ein paar Casinos.«
»Die für Tarawicz ebenso viele Geldwaschanlagen darstellen?« Rebus ließ sich das durch den Kopf gehen. »Gibt es eigentlich etwas, wo Tarawicz seine Finger nicht drin hat?«
»Jede Menge. Er bevorzugt... mobile Geschäfte. Und er ist noch immer ein relativer Newcomer.«
Eagles: »New Kid in Town«.
»Wir glauben, dass er seit einiger Zeit mit Waffen handelt. Es kommt eine ganze Menge Zeug nach Westeuropa rein. Die Tschetschenen scheinen Waffen bis zum Abwinken zu haben.« Sie schniefte, sammelte ihre Gedanken.
»Klingt so, als wäre er Tommy Telford um einen Schritt voraus.« Was erklären würde, warum Telford so scharf darauf war, mit ihm ins Geschäft zu kommen. Er war erst dabei zu lernen, wie er sich unter den etablierten Spielern seinen Platz erobern konnte: der Jamaikaner und Asiaten, der Türken und Tschetschenen und all der anderen. Rebus sah sie als Speichen eines gigantischen Rades, das erbarmungslos durch die Welt rollte und auf seinem Weg alles zermalmte.
»Warum ›Mr. Pink Eyes‹?«, wollte er wissen.
Sie hatte diese Frage erwartet, schob ihm ein Farbfoto zu.
Es war die Nahaufnahme eines Gesichts mit rosiger, blasiger Haut, über die sich weißes Narbengewebe zog. Das Gesicht sah schwammig, aufgedunsen aus, und mittendrin von einer blau getönten Brille verborgene Augen. Keinerlei Brauen. Das Haar über der vorspringenden Stirn war schütter und gelb. Der Mann sah aus wie ein monströses rasiertes Schwein.
»Was ist mit ihm passiert?«, fragte er.
»Wir wissen es nicht. So sah er aus, als er hier ankam.«
Rebus erinnerte sich an Candice' Beschreibung: Sonnenbrille, sieht aus wie das Opfer eines Verkehrsunfalls. Passte haargenau.
»Ich will mit ihm reden«, sagte Rebus.
Aber zunächst fuhr ihn Kenworthy noch ein wenig in der Stadt herum. Sie zeigte ihm, wo die Straßenmädchen arbeiteten. Es war Vormittag, also kaum was los. Er beschrieb ihr Candice, und sie versprach, dass sie das an ihre Kollegen weitergeben würde. Sie sprachen mit den wenigen Frauen, die sie trafen. Alle schienen Kenworthy zu kennen, zeigten keinerlei Feindseligkeit ihr gegenüber.
»Sie sind nicht anders als Sie und ich«, erklärte sie ihm, als sie weiterfuhr. »Arbeiten, um ihre Kinder zu ernähren.«
»Oder ihre Sucht zu finanzieren.«
»Das natürlich auch.«
»In Amsterdam haben sie eine Gewerkschaft.«
»Nützt den armen Schweinen, die hierher geschafft werden, aber nicht viel.« An einer Kreuzung blinkte Kenworthy. »Sind Sie sicher, dass er sie hat?«
»Telford, glaube ich, jedenfalls nicht. Jemand kannte Adressen in Sarajevo, Adressen, die für sie von Bedeutung waren. Jemand hat sie von dort außer Landes geschafft.«
»Klingt
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