Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

was fragen«, sagte Farlowe. »Diese Candice.«
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie haben mich doch gefragt, ob direkt vor Sammys Unfall irgendetwas Ungewöhnliches passiert wäre.«
    »Ja?«
    »Na, sie ist doch ›passiert‹, oder?« Farlowes Augen verengten sich. »Hat sie etwas mit der Sache zu tun?« Rebus nickte.
    »Danke für die Bestätigung. Wer war sie?«
    »Eins von Telfords Mädchen.«
    Farlowe sprang auf, lief auf dem Bahnsteig hin und her. Rebus wartete, dass er sich wieder setzte. Als er es tat, bestand kein Zweifel daran, dass er vor Wut schäumte.
    »Sie haben eins von Telfords Mädchen bei Ihrer eigenen Tochter versteckt?«
    »Ich hatte keine andere Wahl. Telford weiß, wo ich wohne. Ich...«
    »Sie haben uns benutzt!« Er hielt kurz inne. »Das war Telford, stimmt's?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Rebus. Farlowe sprang wieder von der Bank auf. »Hören Sie, Ned, ich möchte nicht, dass Sie -«
    »Ganz ehrlich, Inspector , ich finde, es steht Ihnen nicht zu, Ratschläge zu geben.« Er marschierte los, und obwohl Rebus ihm mehrmals hinterherrief, drehte er sich nicht mehr um.
    Als Rebus das Büro des Crime Squad betrat, segelte ein Papierflieger an ihm vorbei und knallte gegen die Wand. Ormiston hatte die Füße auf dem Schreibtisch. Im Hintergrund dudelte leise Country-and-Western-Musik aus einem Kassettenrekorder, der auf der Fensterbank hinter Claverhouse' Schreibtisch stand. Siobhan Clarke hatte ihren Stuhl neben Claverhouse gerückt. Sie brüteten über irgendeinem Bericht.
    »Nicht gerade das ›A-Team‹ hier drin, was?« Rebus hob den Flieger auf, zupfte dessen zerknüllte Nase wieder gerade und warf ihn Ormiston zu, der ihn fragte, was er bei ihnen wolle.
    »Kontakte pflegen«, antwortete Rebus. »Mein Chef möchte gern wissen, wie weit Sie inzwischen sind.« Ormiston sah zu Claverhouse, der seinen Stuhl leicht nach hinten gekippt und die Hände hinter dem Kopf verschränkt hatte.
    »Wollen Sie mal raten, wie wir vorankommen?«
    Rebus nahm Claverhouse gegenüber Platz und nickte Siobhan einen Gruß zu.
    »Wie geht's Sammy?«, erkundigte sie sich.
    »Unverändert«, antwortete Rebus. Claverhouse machte ein betretenes Gesicht, und Rebus ging plötzlich auf, dass er Sammy als Druckmittel einsetzen, das Mitgefühl der Leute ausnutzen konnte. Warum auch nicht? Hatte er sie nicht schon zu anderen Gelegenheiten benutzt? Hatte Ned Farlowe nicht diesbezüglich absolut Recht?
    »Wir haben die Observierung abgeblasen«, sagte Claverhouse.
    »Warum?«
    Ormiston schnaubte, aber es war Claverhouse, der antwortete.
    »Hohe Investitionen, geringe Rendite.«
    »Befehl von oben?«
    »Ist ja nicht so, dass wir kurz vor einem Durchbruch gestanden hätten.«
    »Also lassen wir ihn einfach weitermachen?«
    Claverhouse zuckte die Schultern. Rebus fragte sich, ob man in Newcastle von der Sache Wind bekommen würde, Jake Tarawicz zur Freude. Candice hätte nichts zu befürchten. Vielleicht.
    »Was Neues über diesen Nachtklubmord?«
    »Nichts, was die Sache mit Ihrem Spezi Cafferty in Verbindung brächte.«
    »Er ist nicht mein Spezi.«
    »Ganz wie Sie meinen. Schmeißen Sie den Kocher an, Ormie.« Ormiston warf Clarke einen Blick zu, stand dann widerwillig auf. Rebus hatte gedacht, die angespannte Atmosphäre im Büro gehe ausschließlich auf Telfords Rechnung. Weit gefehlt. Claverhouse und Clarke Seite an Seite, Schulter an Schulter . Ormiston abseits und allein, ein kleiner Junge, der Papierflieger bastelte, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Ein alter Song von Status quo: »Paper Plane«. Aber hier war der Status Quo gestört worden: Clarke hatte Ormiston verdrängt. Die Neue brauchte nicht mehr Tee zu kochen. Rebus konnte es Ormiston nachfühlen, dass er sauer war.
    »Wie man hört, gab es einem bestimmten Baum, an dem Herr Lintz hing«, sagte Claverhouse.
    »Endlich mal ein Witz, den ich noch nicht kannte.« Rebus' Pager piepte. Auf dem Display erschien die Nummer, die er anrufen sollte.
    Er benutzte dazu Claverhouse' Telefon. Es klang so, als sei er mit einer Telefonzelle verbunden. Straßengeräusche, dichter Verkehr ganz in der Nähe.
    »Mr. Rebus?« Er erkannte die Stimme sofort: das Wiesel.
    »Was gibt's?«
    »Ein paar Fragen. Der Kassettenrekorder aus dem Auto -hätten Sie zufällig die Marke?«
    »Sony.«
    »Mit abnehmbarer Frontblende?«
    »Genau.«
    »So dass der Dieb nur das Frontteil hat?«
    »Ja.« Claverhouse und Clark wieder an ihrem Bericht, demonstrativ weghörend.
    »Was ist mit den