Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
Fragen?«
»Es gibt keine.« Abernethy rang sich ein freudloses Lächeln ab und zog einen Schlüssel aus der Tasche. Als sie sich seinem Wagen näherten, betätigte er die Fernbedienung, um ihn aufzuschließen und die Alarmanlage auszuschalten.
»Was geht ab, Abernethy?«
»Nichts, worüber Sie sich Ihren hübschen Kopf zerbrechen müssten.« Er öffnete die Fahrertür.
»Sind Sie froh, dass er tot ist?«
»Was?«
»Lintz. Was bereitet es Ihnen für ein Gefühl zu wissen, dass er ermordet wurde?«
»Keinerlei Gefühle, weder so noch so. Er ist tot, was heißt, dass ich ihn von meiner Liste streichen kann.«
»Als Sie das letzte Mal hier waren, haben Sie ihn gewarnt.«
»Stimmt nicht.«
»Wurde sein Telefon abgehört?« Abernethy schnaubte. »Wussten Sie, dass er möglicherweise in Lebensgefahr schwebte?«
Abernethy wandte sich zu Rebus. »Was geht Sie das an? Ich werd's Ihnen sagen: gar nichts. Das CID Leith untersucht den Mord, und Sie sind aus der Sache raus. Ende der Geschichte.«
»Geht's um die Rattenlinie? Wär's zu peinlich, wenn alles rauskäme?«
»Scheiße, was geht Sie das an? Geben Sie endlich Ruhe.« Abernethy stieg ins Auto, schloss die Tür. Rebus rührte sich nicht von der Stelle. Der Motor sprang an, Abernefhys Fenster glitt herunter, Rebus war bereit.
»Man hat Sie sechshundertfünfzig Kilometer weit geschickt, nur damit Sie sich vergewissern, dass es keine offenen Fragen mehr gibt.«
»Und?«
»Und es gibt eine ziemlich große offene Frage. Habe ich Recht?« Rebus schwieg kurz. »Es sei denn, Sie wissen, wer Lintz ermordet hat.«
»Damit könnt Ihr Jungs euch befassen.«
»Und jetzt rauf nach Leith?«
»Ich muss mit Hogan reden.« Abernethy starrte Rebus an. »Sie sind ein sturer Bock, stimmt's? Vielleicht sogar ein bisschen egoistisch.«
»Wieso?«
»Wenn meine Tochter im Krankenhaus läge, wäre Polizeiarbeit das Letzte, woran ich denken würde.« Abernethys Auto fuhr abrupt los, und Rebus' Faust schlug ins Leere. Schritte von hinten: Siobhan Clarke.
»Den wären wir glücklich los«, sagte sie, während das Auto sich mit Vollgas entfernte. Aus Abernethys Fenster tauchte ein gereckter Mittelfinger auf. Sie antwortete ihm mit zweien. »Ich wollte im Büro nichts sagen...«, begann sie.
»Ich hab gestern den Test machen lassen«, log Rebus.
»Er wird bestimmt negativ sein.«
»Wissen Sie das positiv?«
Sie lächelte ein bisschen länger, als es der müde Witz verdient hätte. »Ormiston hat Ihren Tee weggekippt, meinte, er würde den Becher desinfizieren.«
»Ja, Abernethy bringt die Leute auf solche Gedanken.« Er sah sie an. »Vergessen Sie nicht, Ormiston und Claverhouse sind langjährige Partner.«
»Ich weiß. Ich glaube, Claverhouse hat sich in mich verknallt. Geht bestimmt wieder vorbei, aber bis es so weit ist...«
»Seien Sie vorsichtig.« Sie gingen zurück zum Haupteingang. »Und lassen Sie sich nicht von ihm in den Besenschrank locken.«
19
Wieder in St. Leonard's, stellte Rebus fest, dass das Büro ganz gut ohne ihn zurechtkam, und fuhr ins Krankenhaus mit Dr. Morrisons Iron-Maiden-T-Shirt in einer Plastiktüte. Inzwischen hatte man in Sammys Zimmer noch ein drittes Bett gestellt, in dem eine ältere Frau lag. Sie war zwar wach, starrte aber unentwegt an die Zimmerdecke. Rhona saß an Sammys Bett und las ein Buch. Rebus strich seiner Tochter über das Haar. »Wie geht's ihr?«
»Unverändert.«
»Sind weitere Tests geplant?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Dann war's das also? Sie bleibt einfach in diesem Zustand?«
Er zog sich einen Stuhl heran, setzte sich. Es war mittlerweile zu einer Art Ritual geworden, dieses Wachen am Krankenbett. Es war fast... das Wort, das ihm auf der Zunge lag, war »gemütlich«. Er drückte Rhonas Hand, saß zwanzig Minuten lang schweigend da und machte sich dann auf den Weg zu Kirstin Mede.
Sie befand sich in ihrem Zimmer im Romanistischen Institut und korrigierte Hausarbeiten. Sie saß an einem großen Schreibtisch am Fenster, stand jetzt aber auf und ging zu einem niedrigen Tisch, um den ein halbes Dutzend Stühle gruppiert waren.
»Nehmen Sie Platz«, sagte sie. Rebus tat, wie ihm geheißen.
»Ich habe Ihre Nachricht bekommen«, begann er.
»Spielt doch jetzt auch keine Rolle mehr, oder? Der Mann ist tot.«
»Ich weiß, dass Sie mit ihm gesprochen haben, Kirstin.« Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Wie bitte?«
»Sie haben ihn vor seiner Haustür abgepasst. Hatten Sie beide einen netten Plausch?«
Ihre
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