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Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

Titel: Rebus - 09 - Die Sünden der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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persönlich zur Leiche zu führen.
    Ein großer Raum, weiße Kacheln, strahlendes Licht und rostfreier Stahl. Zwei der Seziertische waren unbesetzt, auf dem dritten lag Matsumotos nackter Körper. Rebus ging darum herum, verblüfft von dem, was er sah.
    Tätowierungen.
    Und nicht lediglich der übliche, bei Matrosen so beliebte Dudelsackspieler im Kilt. Das waren echte Kunstwerke, und zwar riesige. Ein grünschuppiger, rosa und rotes Feuer speiender Drache bedeckte eine Schulter und schlängelte seinen Schwanz den Arm hinab bis knapp zum Handgelenk. Seine Hinterbeine krümmten sich um den Nacken des Toten, während die Vorderbeine sich auf dessen Brust stützten. Dann gab es noch weitere, kleinere Drachen und eine Landschaft: der Fudschijama, sich im Wasser spiegelnd. Es gab japanische Symbole und das hinter einer Schutzmaske verborgene Gesicht eines Kendo-Kämpfers. Curt streifte sich Latexhandschuhe über und forderte Rebus auf, das Gleiche zu tun. Dann drehten sie gemeinsam die Leiche auf den Bauch, worauf eine zweite Bildergalerie sichtbar wurde. Ein maskierter Schauspieler, irgendwas aus einem No-Stück, und ein Krieger in voller Rüstung. Ein paar zarte Blumen. Der Gesamteindruck war überwältigend.
    »Toll, nicht?«, meinte Curt.
    »Unglaublich.«
    »Ich war beruflich ein paar Mal in Japan, auf Kongressen.«
    »Sie erkennen also die Motive wieder?«
    »Ein paar, ja. Die Sache ist die, dass Tätowierungen - besonders in solchem Umfang - in der Regel bedeuten, dass man zu einer Gang gehört.«
    »Wie die Triaden?«
    »Die japanischen heißen Yakuza. Sehen Sie hier.« Curt hielt die linke Hand des Toten hoch. Vom kleinen Finger war das erste Glied abgetrennt worden, die Haut narbig verheilt.
    »Das passiert, wenn sie was vermasseln, stimmt's?«, sagte Rebus, dem das Wort »Yakuza« wie ein Gummiball im Kopf herumsauste. »Jedes Mal wird ein Finger abgeschnitten.«
    »Ich glaube, ja«, erwiderte Curt. »Ich dachte, das könnte Sie interessieren.« Rebus nickte, ohne die Augen von der Leiche zu wenden. »Sonst noch was?«
    »Na ja, richtig vorgenommen habe ich ihn mir ja noch nicht. Auf den ersten Blick sieht alles ziemlich normal aus: Anzeichen eines Zusammenstoßes mit einem fahrenden Fahrzeug. Eingedrückter Brustkorb, Frakturen an Armen und Beinen.« Rebus bemerkte, dass aus einer Wade ein Knochen herausragte, obszön weiß im Kontrast zur Haut. »Mit Sicherheit jede Menge innere Verletzungen. Gestorben ist er wahrscheinlich am Schock.« Curt machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ich muss Professor Gates benachrichtigen. Ich glaube kaum, dass er jemals so etwas gesehen hat.«
    »Kann ich Ihr Telefon benutzen?«, fragte Rebus.
    Er kannte eine einzige Person, die vielleicht etwas über die Yakuza wusste - sie hatte den Eindruck erweckt, als wüsste sie in Sachen weltweite Bandenkriminalität ziemlich gut Bescheid. Also rief er Miriam Kenworthy in Newcastle an.
    »Tätowierungen und fehlende Finger?«, erkundigte sie sich.
    »Bingo.«
    »Dann Yakuza.«
    »Genau genommen fehlt nur das letzte Stück von einem kleinen Finger. Das macht man dann, wenn einer aus der Reihe tanzt, oder?«
    »Nicht ganz. Das machen sie selbst , als eine Art Buße. Viel mehr als das weiß ich allerdings auch nicht.« Man hörte Papierrascheln. »Ich such eben nach meinen Notizen.«
    »Was für Notizen?«
    »Als ich all diese Banden und verschiedenen Kulturen miteinander in Verbindung zu bringen versuchte, habe ich natürlich Recherchen angestellt. Da könnte auch was über die Yakuza dabei sein... Hören Sie, kann ich Sie zurückrufen?«
    »Wann?«
    »In fünf Minuten.«
    Rebus gab ihr Curts Nummer und wartete. Curts Arbeitszimmer war eigentlich eher ein begehbarer Schrank. Auf dem Schreibtisch stapelten sich die Akten, und zuoberst lag ein Diktiergerät samt einer Packung neuer Kassetten.
    Der Raum stank nach Zigarettenrauch und abgestandener Luft. An den Wänden Zettel mit Terminen, Ansichtskarten, ein paar gerahmte Drucke. Der Raum war ein Notbehelf; die meiste Zeit verbrachte Curt anderswo.
    Rebus holte Colquhouns Visitenkarte hervor, wählte erst seine Privat-, dann seine Büronummer. Seine Sekretärin teilte ihm mit, Dr. Colquhoun sei noch immer krankgemeldet.
    Vielleicht, aber es ging ihm immerhin so gut, dass er ins Spielkasino gehen konnte. In eines von Telfords Kasinos. Was sicher kein Zufall war... Auf Kenworthy war Verlass.
    »Yakuza«, sagte sie, und es klang so, als lese sie von einem Spickzettel ab. »Neunzigtausend

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