Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
forschfröhlich von den Securityleuten, spürte bis ins Parterre hinunter deren Blicke in seinem Rücken. Matsumoto knöpfte sich gerade den Mantel zu und wickelte sich den Schal fest um den Hals. Er ging in Richtung Hotel. Plötzlich hundemüde, blieb Rebus stehen. Er dachte an Sammy und Lintz und das Wiesel, dachte an all die Zeit, die er zu vergeuden schien.
»Scheiß drauf.«
Machte auf der Stelle kehrt und ging zurück zu seinem Auto. TenYears After: »Goin' Home«.
Zur Flint Street waren es zwanzig Minuten zu laufen, ein Gutteil davon bergauf und mit einem Wind, der sich bei niemandem beliebt zu machen versuchte. In der Stadt war wenig los: Leute drängten sich an Bushaltestellen zusammen; Studenten mampften gebackene Kartoffeln und Pommes mit Currysauce. Vereinzelte Gestalten stapften mit der konzentrierten Miene des Besoffenen heimwärts. Rebus blieb stehen, runzelte die Stirn, sah sich um. Hier hatte er den Saab geparkt. Das war positiv... nein, nicht »positiv« - das Wort besaß neuerdings eine unheilvolle Nebenbedeutung. Er war sich sicher , ja, sicher, dass er den Saab genau da abgestellt hatte, wo jetzt ein schwarzer Ford Sierra parkte und dahinter ein Mini. Aber von Rebus' Auto keine Spur.
»Verdammte Scheiße!« Am Straßenrand waren keinerlei Glassplitter zu sehen, was bedeutete, dass die Diebe kein Fenster eingeschlagen hatten. Aber im Büro würde es jede Menge Witze geben, ob er das Auto nun zurückbekam oder nicht. Ein Taxi kam die Straße entlang, und er winkte es heran. Dann erinnerte er sich, dass er keinen Penny mehr in der Tasche hatte, und signalisierte ihm innerlich fluchend weiterzufahren.
20
Er schlief in seinem Sessel am Wohnzimmerfenster, die Steppdecke bis zum Kinn hochgezogen, als der Summer losging. Er konnte sich nicht erinnern, den Wecker gestellt zu haben. Mit zunehmender Munterkeit wurde ihm bewusst, dass es seine Tür war. Er stand taumelnd auf, fand seine Hose und zog sie an.
»Ist ja gut, ist ja gut«, rief er auf dem Weg in den Flur. »Nur nicht ins Hemd machen!« Er öffnete die Tür und sah Bill Pryde.
»Herrgott, Bill, ist das irgendeine abartige Racheaktion?« Rebus sah auf seine Uhr: Viertel nach zwei.
»Leider nein, John«, antwortete Pryde. Seine Miene und Stimme verrieten Rebus, dass etwas Übles passiert war. Etwas sehr Übles.
»Ich bin seit Wochen trocken.«
»Ganz sicher?«
»Absolut.« Rebus' Blicke bohrten sich in DCI Gill Templers Augen. Sie waren in ihrem Büro in St. Leonard's. Pryde hatte sein Jackett ausgezogen und die Hemdsärmel hochgekrempelt. Gill Templer sah so aus, als habe man sie aus dem Schlaf gerissen. Außerstande, sitzen zu bleiben, ging Rebus, soweit es die räumlichen Verhältnisse zuließen, im Zimmer auf und ab.
»Ich hab den ganzen Tag nichts anderes getrunken als Kaffee und Cola.«
»Wirklich?«
Rebus fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Er war völlig groggy, und er hatte hämmernde Kopfschmerzen. Aber er konnte nicht um Paracetamol und ein Glas Wasser bitten: Sie würden denken, dass er einen Kater hatte.
»Komm schon, Gill«, sagte er, »man versucht mich hier fertig zu machen.«
»Wer hatte die Überwachung genehmigt?«
»Niemand. Das habe ich in meiner Freizeit gemacht.«
»Wie das?«
»Der Chief Super hatte gesagt, ich könnte mir ein bisschen freinehmen.«
»Er meinte, um Ihre Tochter zu besuchen.« Sie schwieg kurz. »Ging's darum bei der ganzen Sache?«
»Vielleicht.«
»Dieser Mr....« Sie sah in ihren Aufzeichnungen nach ».. .Matsumoto, der hatte mit Thomas Telford zu tun. Und Ihre Theorie lautet doch, dass Telford hinter dem Angriff auf Ihre Tochter steckte...?«
Rebus hämmerte mit den Fäusten gegen die Wand. »Das ist eine abgekartete Sache, der älteste Trick der Welt.
Es muss am Tatort irgendwas zu finden sein... etwas, das nicht stimmt.« Er wandte sich zu seinen Kollegen. »Sie müssen mich da hinlassen, dass ich mich umsehen kann.«
Templer sah Bill Pryde an, der die Arme verschränkte, und die Schultern zuckte: von ihm aus. Aber die Entscheidung lag bei Templer, sie war die ranghöchste Beamtin im Raum. Sie tippte sich mit ihrem Stift an die Zähne, dann ließ sie ihn auf den Schreibtisch fallen.
»Erklären Sie sich zu einer Blutuntersuchung bereit?«
Rebus schluckte. »Warum nicht?«, antwortete er.
»Na dann los«, sagte sie und stand auf.
Die Geschichte: Matsumoto war auf dem Rückweg in sein Hotel gewesen. Beim Überqueren der Straße war er von einem Auto, das mit überhöhter
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