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Rechnung offen

Rechnung offen

Titel: Rechnung offen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger-Maria Mahlke
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Schützling . »Das ist Ursula. Meine Mutter, deine Tochter«, hatte Nicolai wiederholt. »Lassen Sie den Unsinn«, sie war aufgestanden, in die Küche gegangen, er hatte überlegt, ob er ihr folgen sollte. Als er aufstand, kam sie wieder, hielt eine Kristallschale mit Gummibärchen in der Hand, sie stellte die Schale vor ihn hin. »Bedienen Sie sich«, hatte sie gesagt und sich wieder gesetzt. Nicolai hatte es in den folgenden Wochen weiter versucht, hatte bei jedem Männernamen, den sie erwähnte, nachgehakt, vergebens.
    Er hörte dem Klirren zu, mit dem ihr Löffel beim Umrühren gegen die Tassenwand stieß.
    »Darf ich fragen, ob es eine junge Dame gibt?«
    Sie sah ihn nicht an, lächelte, strich mit den Fingern über eine Falte ihrer Stoffserviette. Einen Moment lang wusste er nicht, was sie meinte.
    »Eine Ihnen besondere junge Dame«, setzte sie hinzu.
    Nicolai sah zum Fenster, es hatte zu regnen begonnen, dachte an Camille auf den Stufen.
    »Nein«, sagte er, »es gibt keine besondere junge Dame.«
    Sie nickte, zufrieden, wie ihm schien.
    »Sieh mal«, sagte sie, »das haben die Wichtel gebracht.«
    *
    »Tschüs.«
    Der Ägypter antwortete nicht, schloss nur die Tür hinter ihr. Ebba betrachtete das Tütchen in ihrer Hand, drückte es zusammen, wollte fühlen, wie voll es war, manchmal hatte sie das Gefühl, er verarschte sie, nahm ein paar Blüten raus, bevor er es ihr gab. Sie brauchte eine Waage. Musste noch einkaufen, ging die Stufen hinauf, wollte das Tütchen hochbringen, ihr Portemonnaie holen.
    Erst hatte sie mitgeraucht, weil sie mehr trank als die Jungen: Stell dir vor, was Ebba gestern. Kiffen war die logische Erweiterung von Trinken gewesen. Anfangs hatte sie lachen müssen, so, dass die Muskulatur rings um die Lippen vom Hochziehen der Mundwinkel schmerzte, die Bauchdecke am nächsten Morgen sauer zog. Alle hatten gelacht, und gleichzeitig lachen war wichtig. Später war lediglich ihr Mund trocken geworden, ihre Zunge von einem bitteren Film überzogen. Schwer hatte sie sich gefühlt, als wären die Unterseiten ihrer Schenkel, ihre Waden, sie saß im Schneidersitz auf dem Boden, von einer Metallschicht überzogen. Die Lider zugequollen, sie meinte, jeden Wimpernschlag auf den trockenen Augäpfeln zu spüren, blutunterlaufen im Badezimmerspiegel. Hatte sich beobachtet gefühlt, stumm geworden, die Lippen fest aufeinandergepresst.
    Ebba war außer Atem, zwischen erstem und zweitem Stock meinte sie jemanden zu hören, die Stufen knarrten, sie nahm das Tütchen in die linke Hand, schloss ihre Finger darum, so, dass es nicht zu sehen war.
    Meist hatte sie bezahlt, zehn Euro für eine fingernagelgroße grüne Flocke. Gelangweilt hatte sie sich, als sie in der Hintertasche einer Jeans, Theresa wollte waschen, wartete im Flur, einen Rest gefunden hatte. Ebba hatte ihn in der hohlen Faust versteckt, als sie Theresa die Wäsche reichte, hatte am Fenster geraucht, den Oberkörper weit hinausgelehnt, der Rahmen schmerzhaft gegen ihren Bauch gedrückt. Hatte sich auf den Rücken gelegt, die Bettdecke glatt unter sich gefühlt, den Luftzug auf der Haut. Als wäre die Zeit weich geworden, ihr Zimmer ein helles Aquarium ohne Strömung, der Stillstand schmerzlos, die Waschmaschine hatte irgendwo leise gesummt, Theresa räumte in der Küche den Geschirrspüler aus, sie hatte Porzellan aneinanderstoßen hören, und das war gut, denn es war egal.
    Ebba hielt den Bund in der Rechten, begann nach dem richtigen Schlüssel zu suchen. Sah erst zur Seite, als sie fast oben angekommen war, das dunkelhaarige Mädchen saß auf der Treppe zum nächsten Stock. Die Arme um die Beine gelegt, eine Wange auf den Knien. Sein Blick war auf die Holzstreben des Geländers gerichtet, es sah zwischen ihnen durch, sah Ebba an. Sie blickte hinab auf ihre Hand, vergewisserte sich, dass keine durchsichtige Plastikecke hervorragte.
    »Was machst du hier«, fragte Ebba und blieb stehen.
    »Ich warte«, sagte das Mädchen, hob die Wange von den Knien und rieb mit den Fingerspitzen über einen Kratzer auf ihrer Schuhspitze. Braune Stiefeletten.
    »Auf wen?«
    »Meinen Freund«, das Mädchen drehte den Kopf zur Wand, legte die andere Wange aufs Knie.
    Ebba hatte ihn gar nicht kommen sehen.
    »Du kannst drinnen bei mir warten«, sie deutete auf ihre Wohnungstür, bereute es sogleich. Dachte an die Fliegen, die sich von den Essensresten erhoben, durch ihre Küche kreisten, sobald man sie betrat.
    Das Mädchen schüttelte den Kopf.
    »Er kommt

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