Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)
von der propagierten Moral abweichende Verhalten des Angezeigten dient dann zur Untermauerung einer »Tatneigung«, gleichartiges Verhalten bei der Anzeigenden stempelt sie erst recht zum Opfer – falls die Erforschung ihres Lebensstils nicht von vornherein aus vermeintlichen »Opferschutzgründen« unterbleibt.
All das muss die übergeordnete unparteiische Gesetzgebung berücksichtigen, all das muss antizipiert und bedacht werden.
Das ist aber nicht die Realität. Real ist eine Tabuisierung und Mar ginalisierung dieser Tatsachen. Wer spricht schon im persönlichen Umfeld oder in der Öffentlichkeit über Opfer von Falschanschuldigungen? Wo sind die Politiker, Juristen, Wissenschaftler und aufmerksamen Bürger, die sich zum Schutz der Unschuldsvermutung dafür einsetzen, dass die Rechte von Beschuldigten nicht erneut geschwächt werden, wenn im Namen der Opferrechte wieder einmal ein Gesetz zur Stärkung der Rechte von bloßen Anzeigeerstattern verabschiedet oder gefordert wird, wie beispielsweise die Ausweitung der die Unschuldsvermutung untergrabenden Nebenklage?
Wie kann eine Bundesverdienstkreuzträgerin wie Alice Schwarzer öffentlich und ohne eine Welle der Empörung hervorzurufen, die »Umkehr der Beweislast« bei Sexualstrafverfahren fordern? Und dabei auch noch Beifall von Opferverbänden und Politikern ernten?
Die wahren Opfer des erodierenden Systems
Es ist vollkommen unstreitig, dass eine tatsächlich stattgefundene Vergewaltigung ein schweres Verbrechen ist.
Es ist aber auch ein Verbrechen, einen Menschen eines solchen Verbrechens zu bezichtigen, wenn es nicht stattgefunden hat. Die Auswirkungen einer Falschbeschuldigung wiegen schwer. Durch die einsetzende Strafverfolgung und das Leben unter Verdacht erfahren die Betroffenen einen gravierenden Einschnitt in ihr Leben, sei es in Beruf, Familie, Freundeskreis und Nachbarschaft, sei es als Vergewaltiger oder Kinderschänder in der Untersuchungshaft oder schlimmstenfalls, wenn die Strafverfolgungsbehörden versagt haben, im Strafvoll zug. Die psychischen Verletzungen kann man den Betroffenen deutlich ansehen: Zittern, Unsicherheit, Angstzustände, Paranoia, Konzentra tionsstörungen, Depressionen und Bindungsängste, einhergehend mit dem Verlust der bürgerlichen Existenz, sind die Folgen einer Falschbeschuldigung – ähnlich denen eines Missbrauchs. Vor diesem Hintergrund muss man sich die Frage stellen, wie es sein kann, dass diese Kehrseite der Problematik – und es handelt sich um eine wachsende Zahl von Fällen – nicht diskutiert, sondern bagatellisiert und totgeschwiegen wird.
Warum setzt eine Alice Schwarzer sich nicht für Frauen- und Männerrechte ein? In den »Positionen« auf ihrer Homepage steht unter Punkt 4, dass sie sich für die Menschenrechte einsetze – wa rum nicht auch für die der Männer? Sind Menschenrechte nicht unteilbar?
Trotz des Freispruchs wird »Jörg Kachelmann« bis heute für die Propaganda von Opfervereinen und angeblichen Feministinnen als »schlechtes Beispiel« eingesetzt, weil »hier wieder einer davongekommen sei«, und mit voller Namensnennung in irgendeinen Onlineartikel über ein völlig anderes Thema eingefügt, vermutlich nur um bei Google im Ranking einen besseren Platz zu erlangen – und das sind nur einige Formen der bis heute anhaltenden Nachverurteilung Jörgs durch die Presse und öffentliche Personen. Wie diese quasi »natürliche« Nachverurteilung funktioniert, kann man gut anhand eines im Juni 2012 vor dem Freiburger Amtsgericht verhandelten Falls erkennen, bei dem es um eine Frau ging, die ihren Lebensgefährten und Vater ihrer Kinder fälschlich der Vergewaltigung beschuldigt hatte, was diesem zwei Monate Untersuchungshaft eingebracht hatte. Man hat der Anzeigeerstatterin ihre Geschichte so lange geglaubt, bis sie sich, nachdem ihr Lebensgefährte entlassen worden war, entschloss, doch noch zu gestehen, dass der Vorwurf gelogen war. Der Staatsanwalt jedoch konnte und wollte selbst nach ihrem Geständnis nicht glauben, dass er einen Unschuldigen verfolgt hatte, und meinte: »Es bleiben das Gefühl und die Frage, ob das mit den Vergewaltigungen nicht doch stimmt« – Worte eines angeblich neutralen Staatsanwalts.
Auch das ist ein Grund, warum die meisten, die einen solchen Anschlag auf ihr Leben (und nichts weniger bedeutet eine Falschanzeige für einen Unschuldigen und sein Umfeld), die Jagd der Strafverfolgungsbehörden und der Medien geradeso überstanden haben, aufgeben, umziehen und
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