Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)
Kompromis (19. Mai 2011)
27.Großer Tag für den eitlen Star-Anwalt (24. Mai 2011)
28.Bei diesem Prozess haben alle Schaden genommen (31. Mai 2011)
29.Das Urteil hinterlässt einen bitteren Beigeschmack(1. Juni 2011)
30.Was aus dem Fall Kachelmann zu lernen ist (16. Juni 2011)
31.Haben Opfer eine Chance? (22. September 2011)
32.Es reicht, Herr Kachelmann (6. Juli 2012)
Dass objektive Berichterstattung anders aussieht, kann man schon an diesen Überschriften erkennen, die dem Inhalt der Artikel entsprechen. Sich als seriös verstehende Zeitschriften und Journalisten versuchen ja wenigstens noch, eine halbwegs offene Überschrift zu finden, und überziehen die Leser erst im Rahmen des eigentlichen Artikels mit ihren Wertungen. Frau Schwarzer allerdings scheint zu glauben, dass das Bundesverdienstkreuz ihr eine Art moralische Immunität verleiht.
Auf einen Artikel von Alice Schwarzer (oder »Aschwa«, wie sie im Internet in Anlehnung an Gurunamen genannt wird) möchte ich allerdings näher eingehen, denn er vereint beispielhaft alles, was an Schwarzers Forderungen, Meinungen und Aussagen so unerträglich ist. Ich gebe zu, dass ich ihn auch deshalb ausgewählt habe, weil er mich persönlich betrifft. Es handelt sich um den Artikel in der Bild vom 31. März 2011: »Was halten Sie von Kachelmanns Heirat?«
Schwarzer beginnt ihren Artikel damit, dass sie angeblich überall, wo sie so im Alltagsleben unterwegs sei, von den Menschen gefragt werde, was sie davon halte, dass Jörg Kachelmann wieder geheiratet habe. Schließlich muss man zumindest gegenüber der feministischen Gefolgschaft begründen, warum man sich als angeblich seriöse Gerichtsberichterstatterin ausgerechnet der Bild -Zeitung jetzt auch noch ganz unausweichlich mit solchen Klatschthemen befassen muss. Wenn nun aber mal die kleinen Leute von der Straße Antworten von ihr erwarten … Was soll sie denn da machen? Das ist ihre durchsichtige Rechtfertigung dafür, dass sie nun Klatsch und Tratsch schreibt.
Ein bisschen wird noch alibimäßig mit sich selbst gerungen, dass das zwar eigentlich Privatsache sei, aber gerade im »Fall Kachelmann« seien die Privatsachen ja das Brisante. (Eine kleine Bild -kompatible Variante der Maxime, dass das Private politisch sei.) Spätestens der Prozessausgang hat allerdings bewiesen, dass Privatsachen mit dem Tatvorwurf nichts zu tun hatten. Von Anfang an betonten Jörgs Verteidiger und einige andere Juristen das immer wieder, die sich öffentlich gegen die Vernehmung der »Beziehungszeuginnen« aussprachen, weil diese allesamt am Abend der angeblichen Tat überhaupt nicht anwesend waren und somit nichts zur Aufklärung der Geschehnisse an diesem Abend beitragen konnten. Zudem gebe es kein rechtliches Bedürfnis f ür ihre Vernehmung; diese Vorgehensweise sei einzig und allein der Verunglimpfung des Angeklagten dienlich, nicht aber der Wahrheitsfindung. Frau Schwarzer sah das anders, sie stand Seite an Seite mit Staatsanwaltschaft und Nebenklage, denen das Gericht weitestgehend entgegenkam, weshalb es von ihr auch sehr gelobt wurde.
Ohnehin ist »Klatsch« vermutlich kein unwichtiger Grund, warum sie sich an dem ganzen Spektakel beteiligte, das sich seit Jörgs Verhaftung aufs Schönste entwickelte. Man konnte so wunderbar tratschen und eine Wartezimmerlektüre nach der anderen über das angeblich so schlimme Sexualleben eines Prominenten schreiben, dabei uralte Moralkeulen schwingen und unterhalb der gespielten Entrüstung an der Unschuldsvermutung sägen. »Sex sells« gilt eben selbst dann, wenn Alice Schwarzer darüber schreibt.
Dann spekuliert sie in besagtem Artikel über den Zeitpunkt der Eheschließung, die sie überhaupt nichts angeht und die nur deshalb bekannt wurde, weil der Vorsitzende Richter der 5. Großen Strafkammer in Mannheim es für nötig hielt, Jörg in aller Öffentlichkeit nach seinem Ehering zu fragen und ob er dazu etwas sagen wolle. Dies gegenüber einem Angeklagten, der grundsätzlich von seinem Recht auf Schweigen, auch hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse, Gebrauch gemacht hatte. Warum der Vorsitzende seine Neugier ausgerechnet in einer öffentlichen Hauptverhandlung zu befriedigen suchte und damit die erwartbare Welle der Spekulationen und eine förmliche Jagd nach einem Foto des Eherings auslöste, wird wohl auf ewig sein Geheimnis bleiben. Jörg hatte den Ring schon am vorangegangenen Prozesstag völlig unbemerkt getragen, und er hätte ihn auch noch die restlichen
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